Nezahat Baradari ist 58 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Sie wohnt in Attendorn und ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Seit 1984 ist Baradari SPD-Mitglied. Bis September 2020 war Nezahat Baradari Sprecherin für den Ausschuss Soziales und Gesundheit der SPD-Kreisfraktion Olpe. Sie ist Vorstandsmitglied im SPD-Ortsverein Attendorn und von 1985 bis 1989 war sie zweite Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Gesellschaft Kiel.
Derzeit ist Nezahat Baradari Mitglied des Deutschen Bundestages, Kreisvorsitzende der SPD im Kreis Olpe sowie Vizepräsidentin des Bundesverbandes Deutscher Kinderschutzbund. Außerhalb der Politik ist Nezahat Baradari in ihrer kinderärztlichen Praxis aktiv.
Ich bin Politikerin geworden, weil…
„…ich aus eigener Erfahrung weiß, wie wichtig es ist, Barrieren zu überwinden und für gleiche Chancen einzutreten. Mein Lebensweg – vom Gastarbeiterkind und Flüchtlingskind zur Kinderärztin und Bundestagsabgeordneten – hat mir gezeigt, wie stark Herkunft und finanzielle Verhältnisse den Lebensweg bestimmen können, aber auch überwindbar sind mit einer starken Sozialpolitik und echte Teilhabe. Ich möchte mit meiner Arbeit in der Politik dazu beitragen, dass niemand durch seine soziale oder kulturelle Herkunft benachteiligt wird und dass alle eine faire Chance auf ein gutes Leben haben. Als Mutter und Kinderärztin musste ich zudem zu oft erleben, dass Kinder keine Lobby haben! Das wollte ich ändern.„
An Politik begeistert mich…
„…dass wir ganz konkret etwas für die Menschen bewirken können. Ob es um Verbesserungen in der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen, sichere Renten oder um bessere Arbeitsbedingungen geht. Es ist aber auch die Begegnung mit Menschen, die ich sonst nicht in meinem Umfeld hätte und die meinen Horizont erweitern.„
Deshalb bin ich die Richtige für den Bundestag:
„Persönliche Erfahrung: Mein eigener Werdegang ist von Beharrlichkeit und Aufstieg durch Bildung geprägt – ich kenne Hürden und weiß, wie wichtig Förderung und Unterstützung sind.
Fachliche Kompetenz: Als Ärztin mit langjähriger Erfahrung kann ich im Gesundheitsausschuss meine Kompetenz in gesundheitspolitischen Fragen glaubhaft einbringen und praxisnahe Gesetze auf den Weg bringen.
Regionale Verwurzelung: In Attendorn habe ich meine Heimat gefunden. Ich setze mich seit Jahren leidenschaftlich für die Sauerländer Region ein und weiß aus über 1.000 Wahlkreisterminen, wo hier konkret der Schuh drückt.„
Europäischer Blick: Durch meine Zuwanderungsgeschichte und meine Arbeit im Ausschuss für europäische Angelegenheiten sehe ich klar, dass wir nur dann Erfolg haben werden, wenn wir in der EU zusammenhalten.„
Aus unserem Wahlprogramm sind mir diese drei Themen besonders wichtig:
„1. Sichere Arbeitsplätze und Investitionen in die Industrie:
Im Märkischen Kreis und im Kreis Olpe gibt es viele Automobilzulieferer, metallverarbeitende Betriebe und Mittelständler. Damit diese Unternehmen weiterhin gute Jobs bieten können, braucht es einen fairen Industriestrompreis, verlässliche Infrastruktur und entschlossene Förderung für Innovationen. Dafür sorgen wir mit der Deckelung der Netzentgelte auf 3 Cent pro Kilowattstunde, dem Deutschlandfonds mit einem Volumen von 100 Mrd. Euro, und dem Made in Germany-Bonus, mit dem 10% der Investitionsausgaben in Deutschland schnell und unkompliziert als Steuerabzug erstattet werden.
2. Gute Gesundheitsversorgung in Stadt und Land
Als Kinderärztin sehe ich jeden Tag, wie wichtig eine wohnortnahe und verlässliche medizinische Versorgung ist- vor allem im ländlichen Raum.
Die Krankenhausreform muss um eine Notfallreform erweitert werden. Außerdem werden wir weitere Maßnahmen zur Entbürokratisierung und Digitalisierung für die Attraktivität der Niederlassung ergreifen. Um die rasant steigenden Eigenanteile in der Pflege begrenzen, fordern wir eine Deckelung des monatlichen Beitrags auf 1000 Euro.
3. Bildungsgerechtigkeit
Ich habe selbst den zweiten und dritten Bildungsweg beschritten– von der Sonderschule zur Hauptschule und Realschule bis zum Abitur und Studium. Deshalb weiß ich, wie wichtig Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche ist, damit ethnische Herkunft und die Verdiensthöhe der Eltern nicht über den schulischen oder Bildungserfolg entscheiden.„
Welche Erfahrungen haben Sie im Leben gemacht, die Sie am meisten in Ihrer politischen Arbeit geprägt haben?
„Mein früher Schulweg: Als Gastarbeiterkind sowie später auch als „Flüchtlingskind“ habe ich erlebt, wie schnell Menschen in Schubladen gesteckt werden. Das hat mich gelehrt, mich auf mich zu verlassen und immer zu kämpfen und niemals aufzugeben.
Arbeit als Ärztin: Armut macht krank und umgekehrt. Ich bin Kinder- und Jugendärztin geworden, um Menschen von klein auf zu helfen und die Welt für Kinder ein Stück besser zu machen. Die Gesundheit und Zukunft eines Kindes darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Deshalb engagiere ich mich nicht nur parteipolitisch sondern auch ehrenamtlich als Vizepräsidentin des Deutschen Kinderschutzbundes.
Wahlkreisarbeit: In den vergangenen sechs Jahren habe ich viele Gespräche im Wahlkreis geführt und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen bzw. Vereinen mit nach Berlin genommen und mich nach Kräften für Lösungen eingesetzt, z.B. in der Pflege, der Verkehrsinfrastruktur oder bei Fragen der Arbeitsplatzsicherheit. Für mich war es wichtig – auch in den sog. Doppelsitzungswochen – zwischendurch immer wieder in meinen Wahlkreis ins Sauerland zu kommen, um die Bodenhaftung durch meine Familie und den Kontakt zu den Bürgern nicht zu verlieren.„
Was ist Ihr größter politischer Erfolg bisher?
„Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen: Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode sehr viel für die medizinische Versorgung unserer Jüngsten erreicht. Das war mir natürlich ein besonderes Anliegen. Mehr als 420 Millionen Euro an Sondermitteln im Jahr für pädiatrische Stationen und die Geburtshilfe in Krankenhäusern – das ist zumindest finanziell sicherlich mein größter Erfolg! Zudem ist mit mir auch die Entbudgetierung der Kinderärzte sowie Kinderpsychotherapeuten gelungen. Dies stärkt die ambulante Versorgung nachhaltig und macht es attraktiver für junge Ärzte, eine Praxis zu öffnen. Und manchmal schafft man es auch, eher kleine Projekte von Berlin aus zu unterstützen: Ich habe in den Haushaltsverhandlungen erreicht, dass das Kinderformularium, ein digitales Tool für Kinderärzte, die dort evidenzbasiert die Dosierung von für Erwachsene zugelassenen Arzneimitteln bei Kindern nachschauen können, in Zukunft vom Bund mitfinanziert wird. Auch die Entbudgetierung der Hausärzte zum Ende der Legislaturperiode ist ein Meilenstein in der Gesundheitspolitik neben der Krankenhausreform und der Digitalisierung in der ambulanten Medizin.
Förderungen für die Region: Über 57 Mio. Euro an direkten Zuschüssen in drei Jahren und ein Fördervolumen von über 1,8 Milliarden Euro in die Region Südwestfalen zu holen, hat konkret geholfen, Arbeitsplätze zu sichern und Infrastruktur zu verbessern.
Was sind die drei größten politischen Herausforderungen des neuen Bundestags und welche Lösung sehen Sie?
„Den Industriestandort sichern. Lösung: Ein Industriestrompreis, massive Investitionen in erneuerbare Energien und Wasserstoffnetze sowie gezielte Förderungen (etwa über einen „Deutschlandfonds“) sowie Steuererleichterungen in Höhe von 10% durch das Made-in-Germany-Bonus, um Unternehmen in der Transformation zu unterstützen und Arbeitsplätze zu sichern.
Soziale Gerechtigkeit stärken. Lösung: Höhere Mindestlöhne (15 Euro), eine Tarifbindungsoffensive sowie ein Tariftreuegesetz, bei dem nur die Unternehmen einen Auftrag bekommen, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Ein stabiles Rentensystem mit einem Rentenniveau von 48%, damit die Menschen im Alltag über die Runden kommen und sich im Alter sicher fühlen können.
Gesundheits- und Pflegeversorgung sichern. Lösung: Weiterentwicklung der Krankenhausreform sowie eine Notfallreform. Ausbau kommunaler medizinischer Versorgungszentren mit ärztlicher Leitung, mehr Studienplätze für Medizin und die entschlossene Stärkung aller Gesundheitsberufe, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.„
Was sind Ihre Stärken und Schwächen?
„Stärken:
1. Brücken bauen: Ich liebe es, Menschen zusammenzubringen und zu vernetzen – ganz egal, ob sie aus der Wirtschaft, dem Ehrenamt oder der Zivilgesellschaft kommen. Diese Gabe hilft mir, auch in schwierigen Diskussionen gemeinsame Lösungswege zu finden. Dabei arbeite ich ergebnis- und erfolgsorientiert und setze auf pragmatische Lösungen, die sich im Alltag der Menschen bewähren müssen.
2. Unerschöpfliche Ausdauer: Wenn mir ein Thema wirklich am Herzen liegt, bleibe ich dran, bis wir ein gutes Ergebnis haben. Aufgeben kommt für mich nicht in Frage.
3. Augen und Ohren vor Ort: Ich beobachte, höre zu und nehme die Anliegen der Menschen ernst. So kann ich im Bundestag immer wieder mit konkreten Beispielen aus unserer Region argumentieren und auf Verbesserungen drängen.
Schwächen:
1. Hohe Ansprüche: Manchmal bin ich mit mir selbst strenger als nötig.
2. Ungeduld: Wenn es um Herzensanliegen geht, kann es mir nicht schnell genug gehen. Mein Mann sagt mir, ich hätte wenig Humor und wäre ernster geworden seitdem ich im Bundestag bin. Ich werde mir Mühe geben, mich zu bessern.
3. Mein Perfektionismus führt bei mir zu wenig Schlaf. Ich sollte mich körperlich mehr bewegen und Ruhezeiten einhalten.“
Mit welchen Zielen setzen Sie sich aus Berlin für Ihren Wahlkreis ein?
„Sicherung und Schaffung guter Arbeitsplätze: Die Unternehmen bei uns – ob Automobilzulieferer, Maschinenbauer oder Mittelständler – brauchen faire Energiepreise und eine starke Förderung, damit sie in Südwestfalen bleiben und weiter investieren können. Sie brauchen Wertschätzung, genauso wie die vielen tausend Menschen, die nachts aufstehen, um unseren Wohlstand zu sichern oder rund um die Uhr unsere kritische Infrastruktur am Laufen halten.
Infrastruktur ausbauen: Dazu gehört die Modernisierung unserer Straßen, Brücken und Schienenverbindungen. Ich freue mich übrigens sehr auf die anstehende Brückenhochzeit im Rahmedetal. Wir müssen die digitale Infrastruktur und den Glasfaserausbau weiter vorantreiben und die KI mit einem Milliardenprojekt ausbauen. Dafür haben wir die besten Köpfe vor Ort!
Fördermittel in die Region holen: Ich möchte weiter daran arbeiten, dass die Förderprogramme des Bundes zielgerichtet bei uns ankommen, damit Bildung, Wirtschaft und Kultur vor Ort gestärkt werden. Dazu brauche ich weiterhin den direkten Draht und den engen Austausch mit der Kommunalpolitik, den Institutionen vor Ort und den ehrenamtlich Tätigen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn konkrete Fördermittel in meinen Wahlkreis fließen und den Menschen direkt zur Verfügung stehen, wie z.B. der Hohenzollernpark in Halver, Schloss Neuenhof als Naherholungsgebiet in Lüdenscheid, der Bürgerpark in Attendorn, Kirchensanierungen oder beispielsweise die Unterstützung von Musikfestivals.
Die deutsche Wirtschaft kommt wieder auf die Beine, indem…
„…wir massiv in Zukunftstechnologien, bezahlbare Energie und Infrastruktur investieren. Mit einem ‚Deutschlandfonds‘ in Höhe von 100 Milliarden und einer steuerlichen Investitionszulage schaffen wir Anreize für Innovationen im Mittelstand. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien senken wir langfristig die Stromkosten, machen uns unabhängig und sichern die Wettbewerbsfähigkeit unseres Industriestandortes. Die Unternehmen brauchen Steuererleichterungen, wenn sie in unseren Standort investieren und vor allem Planungssicherheit nicht nur für eine Legislaturperiode. Eine kluge Außen- und Handelspolitik und eine starke EU sind Garanten für unsere exportorientierte Nation. Deutschland muss sich seinen Ruf als ehrlicher Makler und Vermittler wieder erarbeiten.„
Demokratie bedeutet für mich…
„…dass alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht oder Einkommen, gehört werden und sich einbringen können. Demokratie lebt vom Respekt vor anderen Meinungen, vom offenen Diskurs und von der Überzeugung, dass wir gemeinsam für das Gemeinwohl arbeiten – und nicht gegeneinander. Demokratie bedeutet aber auch, dass sich jeder einbringen muss, damit sie ein Gemeinschaftswerk ist und die gesamte Gesellschaft widerspiegelt. Mein politisches Motto: Nie vergessen, woher wir kommen. Aber immer wissen, wohin wir gemeinsam wollen.“
Der Klimawandel ist meines Erachtens…
„… die größte globale Herausforderung unserer Zeit. Wir müssen sie entschlossen angehen, ohne die soziale Gerechtigkeit aus den Augen zu verlieren. Klimaschutz und gute Arbeit dürfen kein Widerspruch sein: Mit einer nachhaltigen Industriepolitik, günstiger Energie für unsere Unternehmen und der gezielten Förderung erneuerbarer Energien schaffen wir Sicherheit für die Beschäftigten und verbessern gleichzeitig Klima und Umwelt. Forschung und Innovation können unsere Wettbewerbsfähigkeit im Technologieexport sichern. Dazu brauchen wir eine Ausweitung der Forschungsmittel, mehr Start-ups und Vertrauen in unsere junge Generation sowie mehr Biss und Selbstbewusstsein gegenüber unseren Wirtschaftspartnern und Konkurrenten wie den USA, China und anderen Ländern.„
In der Migrationsfrage habe ich folgende Meinung:
„Unser Land steht vor großen Herausforderungen, aber Polemik und Abschottungsphantasien sind keine Lösung. Dass die CDU/CSU jetzt sogar mit Hilfe der AfD eine Verschärfung der Asylpolitik durchsetzen will, ist ein gefährlicher Tabubruch für unsere Demokratie, gerade vor dem Hintergrund unserer unrühmlichen jüngeren Geschichte. Ich kann diesen Kurs weder inhaltlich noch moralisch unterstützen – und er ist auch deshalb falsch, weil wir jedes Jahr eine Zuwanderung von mindestens 400.000 Menschen in unseren Arbeitsmarkt brauchen, um unsere sozialen Sicherungssysteme aufrechterhalten zu können. Wer soll in Zukunft die Renten und die hohen Kosten im Gesundheitssystem tragen, wer soll die Pflege übernehmen, wer soll in den Fabriken arbeiten, wer soll neue Impfstoffe für die Menschheit erfinden?„
Wir dürfen uns von rechtsextremen Forderungen nicht verunsichern lassen. Fördern und Fordern muss der Maßstab für alle sein. Sprachkurse oder andere Integrationsleistungen dürfen nicht gekürzt werden. Die Integration in den Arbeitsmarkt und unser gutes gesellschaftliches Zusammenleben hängen davon ab.
Mir ist wichtig:
1. Humanität und Ordnung: Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, verdienen Schutz und eine faire Chance, in der Europäischen Union bzw. in Deutschland Fuß zu fassen. Gleichzeitig muss klar sein, dass rechtsstaatliche Verfahren zügig und konsequent erfolgen.
2. Kein Schulterschluss mit Rechtsextremisten: Eine demokratische Partei darf sich nicht von der AfD unterstützen lassen, nur um schärfere Schlagzeilen zu produzieren. Wer unsere weltoffene Gesellschaft aufs Spiel setzt, reißt die Brandmauer gegen rechts ein.
3. Konstruktive Lösungen statt Hetze: Wir brauchen eine realistische, rechtskonforme Migrations- und Integrationspolitik, die einerseits Grenzen klärt und andererseits Menschenwürdiges leistet. Denn unsere Wirtschaft profitiert von Arbeits- und Fachkräften und unsere Gesellschaft und Kultur wächst an gelungener Integration.
Ich stehe für einen respektvollen Umgang mit geflüchteten Menschen und gegen jede Form der Polarisierung, aber auch für die Durchsetzung des Rechtsstaates. Nur so erhalten wir den sozialen Frieden und bleiben ein Land, das zusammenhält und nicht spaltet. An diesem Leitbild sollten wir arbeiten und auf ein solches Land sollten wir stolz sein.„