Am 31. Oktober endet die Amtszeit von Ulrich Schulte als Bürgermeister. Seinen Schreibtisch wird er zwei Tage vorher räumen. „Der 29. Oktober ist mein letzter Arbeitstag hier im Rathaus“, verriet der Noch-Bürgermeister im Gespräch mit Pressevertretern. Rückblickend auf seine zehn Bürgermeisterjahre stellt Schulte fest: „Es war eine anstrengende Zeit, aber auch eine schöne Zeit und ich bin zufrieden mit dem, was erreicht wurde.“
Die bedeutendsten Projekte in Schultes Amtszeit
Den Verkauf des Krankenhauses an die Radprax-Gruppe im Jahr 2017 bewertet Ulrich Schulte als eine der wichtigsten Entscheidungen in seiner Amtszeit. Die Frage, ob dies der richtige Weg sei, habe ihn damals nächtelang nicht schlafen lassen, gesteht er. „Ich war unsicher, ob die Entscheidung richtig ist. Im Nachhinein hat sich aber bestätigt, dass es gut so war. Und das freut mich sehr.“
Ein bisschen stolz ist er auf die unkonventionellen Lösungen, Kindertagesstätten in der ehemaligen Gaststätte Käsebrink in Landemert und im alten Hallenbad in Böddinghausen einzurichten. „Dafür habe ich mich eingesetzt und das wurde von der Verwaltung sehr gut umgesetzt. Jetzt haben wir eine ausreichende Zahl an Kita-Plätzen.“
Auf die Liste seiner Erfolge setzt er darüber hinaus den Coup, den Modepark Röther nach Plettenberg zu holen - „obwohl wir damals die Bösen waren und Attendorn bei unseren Planungen außen vor gelassen haben“ -, das Gigabit-City-Projekt mit der Telekom, das mit dafür sorgte, dass Plettenberg zu 90 Prozent mit Glasfaseranschlüssen versorgt ist, und den Flächentausch im Elsetal, durch den zusätzliche Gewerbeflächen geschaffen werden können.
Die Innenstadtsanierung
Ulrich Schulte gefällt die Innenstadtsanierung „gut“: „Wenn man jetzt durch die Fußgängerzone geht, ist das Laufen angenehmer als auf den alten, gebrochenen Steinen. Dass mehr Bäume entfernt werden mussten als ursprünglich geplant, ist ärgerlich. Das liegt aber an der Ferngasleitung, die in der Wilhelmstraße liegt und die wir nicht auf dem Plan hatten. Diese Bäume hätten dort gar nicht erst gepflanzt werden dürfen.“ Die Durchführung der Sanierung empfand er allerdings nicht optimal. „Der ISEK-Prozess lief schon, als ich Bürgermeister wurde. Ich würde es heute anders angehen.“ So hätte er sich mehr Öffentlichkeitsbeteiligung gewünscht.
Im Nachhinein: Was hätte er besser anders gemacht?
Schulte ist mit sich im Reinen. „Jede Entscheidung war in der jeweiligen Situation gerechtfertigt. Aus heutiger Sicht könnte ich natürlich sagen, es wäre besser gewesen, das anders zu machen." Aber niemand wisse, wie sich die Dinge dann entwickelt hätten.
Lieblingstätigkeit als Bürgermeister
Eine spezielle Lieblingsaufgabe als Bürgermeister hatte Ulrich Schulte nicht. Er habe die meist an den Wochenenden liegenden Repräsentationstermine immer als gesunden Ausgleich zur Arbeit als Verwaltungschef im Rathaus empfunden. „So richtig gemerkt habe ich das in der Corona-Zeit, als die Begegnungen mit den Bürgern nicht stattfinden konnten.“
Die Krisen in der Schulte-Amtszeit
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit musste die Herausforderung bewältigt werden, zahlreiche Flüchtlinge unterzubringen. „Das war meine Feuerprobe. Noch unter Klaus Müller hatte die Stadt das Firmengebäude am Friedhahn gekauft. Ich musste dann 300 wütende Ohler informieren, dass dort Flüchtlinge einquartiert werden sollen. Zum Glück war das bis heute nicht nötig.“
Die Corona-Pandemie war ebenfalls herausfordernd. „Das haben wir im Team gelöst.“ Fast jeden Tag habe sich der Verwaltungsvorstand getroffen und er als Bürgermeister mit Ordnungsamtsleiter Thorsten Spiegel zusammengesessen, um zu besprechen, wie die in schneller Folge erlassenen Verordnungen umgesetzt werden könnten.
Die Cyberattacke auf die Südwestfalen IT im Oktober 2023 betraf Plettenberg wie insgesamt mehr als 100 Kommunen und Organisationen. „Da kam uns zugute, dass nach dem Starkregenereignis 2018 ein Krisenstab für außergewöhnliche Ereignisse gebildet worden war. Als der Cyberangriff kam, haben wir sofort diesen Stab einberufen und die nötigen Maßnahmen ergriffen. Auch das können Sie nicht als Bürgermeister alleine regeln. Die Verwaltung muss in solchen Situationen als Team an einem Strang ziehen.“

Die Lage des städtischen Haushalts
In Schultes Brust schlägt das Kämmererherz. Schließlich bekleidete er diese Funktion viele Jahre lang und zeitweise auch noch in Personalunion als Bürgermeister. „Wir waren auf einem guten Weg, hatten vier bis fünf Millionen Miese, aber Planungen, das Defizit auf eine Million zu verringern. Doch dann ist die Wirtschaft zusammengebrochen, es kam eine Tariferhöhung um zehn Prozent, die Energiekosten stiegen. Jetzt gehen wir von einem Minus zwischen 10 und 15 Millionen aus. Das ist so, als wenn du auf der Zielgeraden bist und einer reißt dir von hinten die Beine weg.“ Es sei einfach frustrierend. „Wir haben Sparbemühungen umgesetzt, aber am Ende funktioniert es nicht.“
Das Image der Stadtverwaltung
Das vor allem im Vorfeld der Kommunalwahl zu Tage getretene schlechte Image der Stadtverwaltung bei der Bevölkerung habe ihn und auch alle Mitarbeitenden im Rathaus schwer getroffen, sagt Schulte. „Zumal ich oftmals positive Rückmeldungen bekomme, dass zum Beispiel durch die Terminvergabe die Wartezeiten im Einwohnermeldeamt so gut wie wegfallen. Oder Leute berichten, dass sie ein Gespräch im Bauamt hatten, weil sie in Plettenberg investieren wollten, und das sei top gelaufen.“ Es würden aber die negativen Dinge hochgespielt. „Ein Riesenproblem ist inzwischen, dass Leute im Rathaus aufschlagen und glauben, sie können auf die Mitarbeiter einschlagen, weil die schließlich von ihren Steuern bezahlt würden. Das ist wirklich schlimm geworden.“ Auch wenn es glücklicherweise noch nicht zu gewalttätigen Übergriffen gekommen sei, habe man sich im Rathaus entsprechend eingestellt und Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Zugangsregelung über die Rezeption im Rathaus findet Schulte nach wie vor sinnvoll. In Zeiten von Homeoffice seien nicht immer alle Mitarbeiter im Haus. Die Besucher könnten gelenkt werden und müssten nicht suchend durch die Flure laufen.
Darum verlässt Ulrich Schulte Plettenberg
Ulrich Schulte beendet seine Bürgermeisterzeit ohne Reue. „Es war meine Entscheidung, dass weitere fünf Jahre mir nicht guttun würden, aber auch Plettenberg nicht“, gesteht er. Ende des Jahres werden er und seine Frau Sabine aus Plettenberg wegziehen nach Norddeutschland. „Dass ich Plettenberg mal verlasse, hätte ich vor drei Jahren noch nicht gedacht. Plettenberg war für mich immer der sichere Ort, was mir sehr wichtig war. Aber ich habe mich verändert. Das Amt hat mich verändert. Jetzt will ich etwas Neues kennenlernen und mich auf das einstellen, was kommt.“ Das Ehepaar Schulte zieht in eine dörfliche Umgebung. „Wenn ich Brötchen hole, fahre ich zwölf Minuten mit dem Auto.“
Die berufliche Zukunft
Ulrich Schulte wird erst mal ein halbes Sabbatjahr einlegen. „Dann werde ich weitersehen. Ich schaue ab und zu schon mal in die Stellenbörsen.“ Es komme aber mit ziemlicher Sicherheit keine Tätigkeit in einer Verwaltung infrage.
Und Plettenberg?
Man werde ihn sicher in Plettenberg wiedersehen, kündigt Ulrich Schulte an. Gerne möchte er zum Beispiel weiter im Biergericht des Schützenvereins Blau-Weiß Sundhelle aktiv bleiben. Aber auch aus der Ferne werde er das Geschehen in der Vier-Täler-Stadt verfolgen. „Ich befürworte daher den FDP-Antrag, Ratssitzungen im Livestream zu übertragen“, sagt er schmunzelnd.
In der ihm zukünftig mehr zur Verfügung stehenden Freizeit möchte Schulte sportlich wieder aktiver werden: Mountainbike fahren und Walking. Gut möglich, dass er dann auch mal wieder beim P-Weg-Marathon startet. „Und ich schaffe mir wieder ein Aquarium an“, verrät Schulte.
Seine letzten Arbeitstage als Bürgermeister sind noch ausgefüllt mit Aufgaben. Erst Ende Oktober wird es langsam ruhiger. Dann steht eine Tour nach Norderney zusammen mit den anderen scheidenden Bürgermeistern aus dem Märkischen Kreis auf dem Programm.
Am 4. November wird Ulrich Schulte als Zuschauer in der Ratssitzung verfolgen, wie Martina Reinhold als dienstältestes Ratsmitglied dem neuen Bürgermeister Ralf Beßler die Amtskette übergibt.
