"Es ist schon komisch, hier hinten zu sitzen, wenn man 21 Jahre mit am Tisch gesessen hat", sagt Annegret Klatt. Doch nach zwei Jahrzehnten im Rat ist für die Nachrodterin Schluss. Im Alter möchte sie kürzer Treten. Der Abschied aus dem Rat fällt nicht nur ihr schwer. Auch die anderen Ratsmitglieder, die aus dem Rat ausschieden, zeigten sich bei ihrer Ehrung bewegt und manch einer hatte einen dicken Kloß im Hals.

Bürgermeisterin Birgit Tupat ehrte die ausgeschiedenen Ratsmitglieder.
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"Wir verabschieden heute Frauen und Männer, die sich über viele Jahre hinweg mit großem Engagement, Verantwortungsbewusstsein und Herzblut für unsere Gemeinde eingesetzt haben", sagte Bürgermeisterin Birgit Tupat in ihrer Ansprache an die Geehrten. Kommunalpolitik sei die unmittelbarste Form von Demokratie. "Hier geht es nicht um Parteipolitik, sondern um das gemeinsame Wohl unserer Gemeinde", betonte die Bürgermeisterin.

Die ausscheidenden Ratsmitglieder hätten Verantwortung übernommen, "oft neben Beruf und Familie". Ihr Engagement habe gezeigt, wie wichtig es ist, sich einzumischen und mitzugestalten. Demokratie lebe vom Mitmachen – und sie beginne genau hier, in der Kommune: "Danke für Ihre Zeit, Ihre Ideen und Ihre Leidenschaft für unsere Gemeinde. Sie hinterlassen Spuren – und darauf können Sie stolz sein."

Birgit Tupat nahm sich Zeit und würdigte zum Abschied noch einmal jeden persönlich.

Michael Schlieck: "Er war der Mann der klaren Worte"

Zunächst ehrte Birgit Tupat Michael Schlieck (CDU). Der Nachrodter war persönlich nicht da. "Er war einer der ganz großen und wünscht sich einen leisen, unscheinbaren Abgang. Dem Wunsch kann ich nicht ganz nachkommen", sagte Birgit Tupat. Denn wer seit 1989 Mitglied des Rats der Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde war - und davon noch die vergangenen 16 Jahre stellvertretender Bürgermeister - der bleibe gewiss nicht unerwähnt. Michael Schlieck sei eines der Gesichter der CDU Nachrodt-Wiblingwerde und werde es auch immer bleiben. "Er war der Mann der klaren Worte. Einer, der wusste, was er wollte. Der diskutieren konnte", sagte Tupat. Insbesondere in der Zeit von Beatrix Naujoks habe er Großes geleistet. Neben Job und Familie war er als stellvertretender Bürgermeister über Wochen gefragt. Seine Leistungen im Rat würdigten auch die Bürger. Dass jemand seit 1994 mit Direktmandat im Rat sitzt, sei besonders. Es sei seine eigene Entscheidung gewesen, den jüngeren in der CDU Platz zu machen. Tupat: "Er und seine feurigen Reden werden nicht nur der CDU, sondern uns allen fehlen."  

Roderich Knipps - ein Kämpfer für den Kreinberg

Auch Roderich Knipps (CDU) möchte der jüngeren Generation den Vortritt lassen und verabschiedet sich aus dem Rat. Mehr als 20 Jahre war er politisch aktiv und seit 2022 im Rat der Gemeinde. Seine politische Karriere begann bei der UWG, später wechselte er zur CDU. "Stark gemacht hast du dich in den vergangenen Jahren natürlich für den Kreinberg. Insbesondere nach der Flut hast du für die Sanierung der unbefahrbaren Straßen engagiert", sagte die Bürgermeisterin. Sie freue sich, dass er seine Leidenschaft für Politik vererbt habe und nun seine Tochter und seine Enkelin die Politik in der Gemeinde mitgestalten.

Roderich Knipps (CDU) möchte der jüngeren Generation Platz machen und kandidierte nicht mehr.
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Iris Krutz bleibt das Bindeglied zwischen Sport und Politik

Auch für Iris Krutz (CDU) ist die Zeit im Rat vorbei. Seit 2020 waren sie Mitglied im Rat der Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde. Ihre Hauptgebiete waren der Sport und die Themen aus dem Planungs-, Bau- und Umweltausschuss. "Hier brachten Sie ihre persönliche Expertise ein und diskutierten rege mit. Sie hinterfragten immer wieder Dinge, um sich Ihre eigene Meinung zu bilden und vor allem engagierten Sie sich", sagte Birgit Tupat. Als sie beispielsweise gehört habe, dass jemand die Treffen der Sportvereine koordinieren muss, war sie zur Stelle. "Wir würden uns freuen, wenn sie auch weiterhin als Bindeglied zwischen Sport und Politik agieren möchten", betonte Tupat. Dies sagte Iris Krutz zur Freude aller direkt zu.

Iris Krutz (CDU) wird als Bindeglied zwischen Sport und Politik aktiv bleiben.
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Annegret Klatt, "die gute Seele im Rat"

"Sie war ein bisschen so etwas wie die gute Seele hier im Rat. Unaufgeregt, aber durchaus mit einer Meinung", erklärte die Bürgermeisterin in ihrer kurzen Laudatio. Annegret Klatt (UWG) war seit 2004 Mitglied des Rats und auch in etlichen Ausschüssen aktiv – insbesondere im Sportausschuss, den sie leitete. Zu ihren größten Debatten, die sie leitete, habe gewiss die Diskussion um die Neugründung eines Gemeindesportverbandes gehört. "Da steckten vielen Stunden Arbeit drin. Am Ende gab es zwei keinen neuen Zusammenschluss, aber eine Lösung, mit der alle zufrieden sind", sagte Tupat. Sie sei froh, dass Annegret Klatt bereits betont habe, dass sie der Politik nicht komplett den Rücken kehren möchte, wenngleich auch sie aus Altersgründen kürzer treten möchte.

Annegret Klatt (UWG) war die gute Seele des Rats.
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Evelyne Tybussek: "Ihr Steckenpferd war der Sport"

Auch Evelyne Tybussek scheidet nach fünf Jahren Ratsmitgliedschaft aus. Da sie am Abend nicht da war, entfiel ihre Laudatio. Birgit Tupat berichtete jedoch im LokalDirekt-Gespräch, was die ausgeschiedene UWG-Ratsfrau ausgezeichnet habe. "Ihr Steckenpferd war der Sport. In Sachen Bildungspolitik war ihre Expertise stets gefragt. Ruhig und besonnen agierte sie hier im Rat, stand hinter ihren Entscheidungen", erklärte die Bürgermeisterin. Neben den Sitzungen in Nachrodt-Wiblingwerde vertrat sie die Interessen der Gemeinde zudem auch im Beirat der Stadtwerke Iserlohn.

Gerd Schröder, der Mann mit dem roten Herz

Gerd Schröder (SPD) war seit fast 20 Jahren, nämlich seit 2006, Mitglied des Rats. Von 2009 bis 2020 war er zweiter stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde. Als Vorsitzender des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses hatte er manch eine hitzige Diskussion in den vergangenen Jahren zu führen. Lennehalle, Gartenhallenbad, Grundschule Wiblingwerde, Lenneschule, Amtshaus, Heimatstube und Co: All diese XXL-Projekte fielen in seine Amtszeit. "Gerd Schröder zählte nicht zu den lauten Anführern, sondern zu denen, die ruhig hinterfragten, sich eine Meinung bildeten und diese auch vertraten", sagte Tupat. Seine große Expertise im Bereich kommunaler Finanzen habe er immer wieder eingebracht. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende macht nun Platz für jüngere Sozialdemokraten. "Dein rotes Herz, dein politischer Sachverstand und dein großes Wissen wird sicherlich noch oft im Hintergrund gefragt sein", betonte die Bürgermeisterin.

Gerd Schröder macht Platz für jüngere Sozialdemokraten.
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Bernd Greif, das soziale Gewissen der SPD

Nach fünf Jahren im Rat endet die politische Amtszeit für Bernd Greif (SPD). "Sie gehörten zwar zu den ruhigen Vertretern, aber ihr soziales Gewissen war ziemlich einzigartig. Sie waren durch Ihre Spaziergänge und Ihr offenes Ohr immer nah am Bürger. Sie wussten, wo der Schuh in ihrem Wahlbezirk drückt", sagte Birgit Tupat. Der Sitzung des Sozial- und Kulturausschusses seien ihm immer besonders wichtig gewesen.

Bernd Greif (SPD) schied nach fünf Jahren im Rat aus.
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Aykut Aggül, "ein echtes Unikat"

"Jung, engagiert und mit einem großen Herz für eine soziale und gesellschaftlich faire Politik: Herr Aggül, Sie sind ein Unikat – und das meine ich wertschätzend und anerkennend", begann die Bürgermeisterin ihre Laudatio auf den fraktionslosen Aykut Aggül. Der Nachrodter scheidet aus dem Rat aus. Er hatte als Bürgermeister kandidiert, nicht aber als Ratsmitglied. Obwohl er gerade einmal 30 Jahre alt ist, kann er auf eine beachtliche politische Karriere zurückblicken. 2014 begann seine Ratstätigkeit. Tupat: "Sie waren lange Zeit das jüngste Ratsmitglied der Gemeinde. Versteckt haben Sie sich nie und das war auch gut so. Sie haben viel Gutes auf den Weg gebracht. Sie haben oft den Blick über den Tellerrand gewagt, Ideen eingebracht und für Ihre Überzeugungen gekämpft. Davor ziehe ich meinen Hut. Ihr Engagement für die Schwachen der Gemeinde verdient unsere tiefste Anerkennung."

Aykut Aggül kandidierte nicht mehr für ein Ratsmandat.
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