Die Zeit der Überraschungen und Verzögerungen ist vorbei. Der Umbau der denkmalgeschützten Post an der Altenaer Straße zum Volkshochschul-Standort ist auf der Zielgeraden. VHS-Leiter Michael Tschöke plant schon den Umzug. Am 5. Januar ziehen die zur Kaiserallee ausgelagerten Bereiche zur Altenaer Straße.

 

Am 7. Januar, einem Mittwoch, sollen die erste Kurse anlaufen. Noch haben die Handwerker das Sagen. Während eines Rundgangs, zu dem ZGW-Architektin Gudrun Abendroth, Stadtkämmerer Sven Haarhaus, VHS-Leiter Michael Tschöke und Frank Kuschmirtz als Projektleiter IHK-Altstadt eingeladen haben, legen Jason Duman und seine Kollegen vom Malerbetrieb Kückelhaus letzte Hand an.

Frank Kuschmirtz ist zufrieden, dass jetzt bei einem wichtigen Baustein bei der Erneuerung der Altstadt alles nach Plan läuft. Ganz so einfach war’s nicht. Erst eine denkmalrechtliche Erlaubnis gestattete es, die alten Fenster durch neue zu ersetzen. „Das hat uns das Budget gerettet“, sagte Gudrun Abendroth. Die Kosten für den Umbau des 1893 errichteten Gebäudes im Historismus-Stil, das lange die Musikschule beherbergt hat, bleiben im gesteckten Rahmen: Rund 4,3 Millionen Euro werden Sanierung und Umbau am Ende gekostet haben. 80 Prozent dieses Betrages sind Fördermittel. Die Stadt ist mit 20 Prozent an den Kosten beteiligt. Dazu kommen 380.000 Euro für flankierende bauliche Maßnahmen.

Der ursprüngliche Terrazzoboden wurde wieder freigelegt.
Foto: Wolfgang Teipel / LokalDirekt

Für ZGW-Architektin Gudrun Abendroth war’s eine spannende Zeit. „Bei einem Umbau weiß man nie , was kommt.“ Positiv: Bei den Bauarbeiten wurde der ursprüngliche Terrazzoboden im Eingangsbereich freigelegt. Bei Arbeiten an den Wänden wurden historische Tapetenreste entdeckt. Sie werden auch künftig an einigen Stellen zu sehen sein – sorgfältig mit Glas abgedeckt. Eine Reminiszenz an die Geschichte des Gebäudes. Negativ: Schädlingsbefall in den Holzbalken. So lernte Gudrun Abendroth den gescheckten Nagekäfer, einen Verwandten des Holzbocks, kennen. Handwerker-Ausfälle führten zu Verzögerungen. Die Architektin atmet auf: „Im vierten Anlauf kommt jetzt endlich auch die Photovoltaik-Anlage.“ Sie soll auf dem Flachdach montiert werden.

Frank Kuschmirtz, Gudrun Abendroth, Sven Haarhaus und Michael Tschöke beim Rundgang - im Hintergrund historische Tapetenreste.
Foto: Wolfgang Teipel / LokalDirekt

Das Gebäude als Produkt einer Nutzung über mehr 130 Jahren zu zeigen, war dem Landesdenkmalamt und der Stadt als Bauherrn wichtig. So bleiben beispielsweise freigelegte Teile einer Ziegelmauer erhalten. Sie markieren den Verlauf von Zwischenwänden. Zu weiteren Details zählen aufgearbeitete Bodendielen in klassischem Ochsenblutrot. In anderen Räumen, die für Integrationskurse genutzt werden sollen, wurde allerdings ein dezenterer Bodenbelag gewählt. „Wer weiß, was eine solche Farbe mit möglicherweise traumatisierten Menschen macht“, erklärte Michael Tschöke.

Barrierefrei, durchdigitalisiert und energetisch auf dem neusten Stand, so präsentiert sich der neue VHS-Standort hinter der historischen Fassade der alten Post. Prunkstück ist die ehemalige Schalterhalle, die der Musikschule als Kammermusiksaal diente. Sie war ursprünglich ein Durchgangsraum. Dank geschickter Planung führt nun ein Flur um den Raum herum. Im Inneren erinnern freigelegte Flächen an frühere Farbgebung.

Jason Duman und seine Kollegen vom Malerbetrieb Kückelhaus legen letzte Hand an.
Foto: Wolfgang Teipel / LokalDirekt

Ein Blick zurück: Am 4. April 1891 hatte der Bau des Postgebäudes begonnen. Stadtchronist Wolfgang Schumacher führt die Vorgeschichte bis ins Jahr 1882 zurück. Damals habe die Reichspost auf das in Lüdenscheid stark gestiegene Postaufkommen reagiert und sicherte sich in der Folge ein Baugrundstück für ein größeres Postamt. Der Staat erwarb die Fläche 1889 vom Knopf-Fabrikanten Theodor Dicke. Die Eröffnung 1893 war ein gesellschaftliches Ereignis im Leben der Stadt, das aber nicht im neuen Postgebäude gefeiert wurde, sondern im Gesellschaftshaus „Concordia“.

Ende der 1970er Jahre schien der Zweck des Gebäudes erfüllt. Lüdenscheid hatte seit Ende der 1960er Jahre eine neue, moderne Hauptpost am Rande des Rathausplatzes. Die Stadt übernahm das Gebäude von der Deutschen Post und ließ es 1983/84 sanieren und umbauen für eine neue Nutzung als städtische Musikschule. Seit September 1985 steht die „Alte Post“ in der Denkmalliste.