Die vier deutschen Gesellschaften des auf die Fertigung von Kunststoffteilen spezialisierten Automobilzulieferers Plastic Manufacturing Group haben Insolvenz angemeldet. Zu der Gruppe gehört die Lüdenscheider Firma Linden Plastics mit rund 120 Beschäftigten. Das Unternehmen hat seinen Sitz an der Kalver Straße 26.
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Linden Plastics in Lüdenscheid ist ein Unternehmen, das seit 15 Jahren mit Schwierigkeiten kämpft, durch viele Hände gegangen ist, in mehreren Beteiligungsgesellschaften eingegliedert war und das diverse gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen hinter sich gebracht hat.
Die ursprüngliche Linden-Gruppe in Lüdenscheid, seinerzeit im Besitz der Heitkamp & Thumann-Gruppe, wurde 2012 von der Herforder Heinze Kunststofftechnik-Gruppe übernommen, die im September 2021 in Insolvenz ging. Am Standort Lüdenscheid hatte es 2020 bereits einen größeren Konflikt zwischen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite gegeben; der Abtransport von Maschinen sorgte seinerzeit für eine Auseinandersetzung, in die auch die IG Metall Märkischer Kreis involviert war.
Aus der Insolvenz heraus erwarb eine „Winning Group a.s.“, eine Aktiengesellschaft nach tschechischem Handelsrecht, die Plastics-Sparte. Die Gruppe mit Sitz in Brünn verkaufte im Mai 2024 nach eigenen Angaben die Sparte an die nun soeben in Insolvenz gegangene Plastic Manufacturing Group.
Zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Plastic Manufacturing Group bestellte das zuständige Amtsgericht Nürnberg jeweils Rechtsanwalt Volker Böhm von der Kanzlei Schultze & Braun. Das teilt die Kanzlei in einer Presseerklärung mit.
Rechtsanwalt Volker Böhm mache sich derzeit gemeinsam mit seinem Team vor Ort an den operativen Standorten der Gruppe – damit auch in Lüdenscheid - ein Bild der Lage. „Im ersten Schritt wird es darum gehen, den Geschäftsbetrieb möglichst zu sichern und zu stabilisieren“, betonte Böhm, der am 4. November am größten Standort der Gruppe in Diepersdorf (das liegt im Landkreis Nürnberger Land) auf einer Mitarbeiterversammlung die Belegschaft über die Situation und die nächsten Schritte informierte.
Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten der Gruppe seien für die nächsten zwei Monate über das Insolvenzgeld gesichert. „Das verschafft uns die nötige Luft, um den Betrieb weiterzuführen und die Sanierungsoptionen zu prüfen.“
Bei den insolventen Gesellschaften handelt es sich um die Diepersdorf Plastic Manufacturing GmbH mit Sitz in Diepersdorf (rd. 830 Beschäftigte), die SMK Plastic Manufacturing GmbH mit Sitz in Oberlungwitz bei Zwickau/Sachsen (rd. 95 Beschäftigte), die Linden Plastics Manufacturing GmbH mit Sitz in Lüdenscheid (rd. 120 Beschäftigte), sowie als nicht operative Gesellschaft ohne Beschäftigte die Plastics Germany 1 GmbH.
Gemeinsam mit seinem Team verschaffe sich der vorläufige Insolvenzverwalter einen Überblick über die wirtschaftliche Situation. Parallel dazu hat Böhm Gespräche mit den Kunden und Lieferanten der Unternehmen aufgenommen, darunter namhafte Automobilhersteller, und wird die nächsten Schritte eng mit diesen abstimmen, berichtet die Kanzlei. Welche Optionen es für eine Sanierung gebe und wie die Aussichten dafür sind, werde sich im Zuge einer eingehenden Prüfung in den kommenden Wochen zeigen.
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Die Unternehmen der Plastic Manufacturing Group fertigen Gestaltungs- und Funktionsteile aus Kunststoff für Abnehmer aus der Automobilindustrie. Zu den Produkten gehören Exterieurteile (z.B. Kühlergrills, Außendekore, Spiegelkappen, Türzierleisten oder Unterfahrschutze) sowie Teile und Komponenten für den Fahrzeuginnenraum (z.B. Lenkradabdeckungen, Verkleidungen und Bedienelemente). Wie die gesamte Branche stehe auch die Plastic Manufacturing Group wirtschaftlich stark unter Druck: Aufgrund des rückläufigen Pkw-Absatzes in Europa seien die Umsätze deutlich zurückgegangen. Hinzu kämen stark gestiegene Kosten für Rohstoffe und Energie. Die Unternehmen der Gruppe erwirtschafteten nach Angaben der Kanzlei 2023 einen Gesamtumsatz von rund 145 Mio. Euro.
Unübersichtliche Besitzverhältnisse
Alleingesellschafterin der Plastics Manufacturing Group sei die tschechische Winning Plastics a.s., heißt es wörtlich in der Presseerklärung der Kanzlei. Das lässt angesichts des in 2024 gemeldeten Verkauf der Plastiksparte Fragen offen, zumal ebenfalls 2024 der Verkauf des Diepersdorfer Hauptstandortes an eine US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft im Branchendienst "Kunststoffweb" kolportiert wurde. In der "Wirtschaftswoche" aus dem Haus des Düsseldorfer Handelsblattes wird das Diepersdorfer Werk als Teil der amerikanischen Horizon Global LLC Group bezeichnet, einem Unternehmen, das wiederum zu der (insolventen) First Brands Group (FBG) gehöre. Das Handelsblatt schreibt, die First Brands Group-Insolvenz habe letztlich zu der Insolvenz des Diepersdorfer Werkes geführt. Bei First Brands stehen Betrugsvorwürfe gegen den ehemaligen Geschäftsführer im Raum.
Wer jetzt das Sagen hat:
Die Kanzlei Schultze & Braun versteht sich der Eigenbeschreibung nach als „ein führender Dienstleister für Insolvenzverwaltung und Beratung im Sanierungs- und Insolvenzrecht“. Mit rund 600 Mitarbeitern an mehr als 40 Standorten sei man in Deutschland und dem europäischen Ausland aktiv und „unterstütze Unternehmen vor Ort, bundesweit und international in allen rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen“.

















