50 Jahre Entwicklung des Sauerland-Tourismus werden in Herscheid wie unter dem Brennglas im Außenbereichs-Ortsteil Berghagen sichtbar. 1977 wurde der Flächennutzungsplan Berghagen rechtskräftig. Er ermöglichte die Anlage eines „Wochenendhausgebietes“ in der Höhenregion zwischen Oberstuberg und Rahlenberg – was damals, wenige Jahre nach Inbetriebnahme der Sauerlandlinie, der große Wurf war. Bürger des „besseren Ruhrgebiets“ waren eingeladen, ihre Freizeit nach schneller Anreise in Herscheids Höhenluft zu verbringen. Ein halbes Jahrhundert später sollen am Berghagen unter dem Stichwort „sanfter Tourismus“ Wohnmobil-Stellplätze angelegt werden – Wochenendhäuser haben heutzutage Räder. Die Bürger sind besorgt.

Dass in der Gemeinde Bedarf an Wohnmobil-Stellplätzen besteht, ist wohl unbestritten. Die Gemeinde selbst hat zwei Stellplätze am Freibad und einen in Rärin am Spritzenhaus geschaffen; das Landhotel Herscheider Mühle bietet fünf Stellplätze an. Nun hat ein Eigentümer vom Berghagen den Antrag gestellt, je nach Fahrzeuggröße vier bis sechs Stellplätze in Berghagen zu bauen. Das geht einher mit der Anlage eines Feuerlöschteiches, um die Löschwasserversorgung in Berghagen zu sichern.  

Die bloße Änderung des Bebauungsplanes von 1977 genügt nicht, weil ein Teil des benötigten Grundes im Flächennutzungsplan als „Wald“ ausgewiesen ist. Folglich müsste der Flächennutzungsplan, aus dem sich der Bebauungsplan entwickelt, geändert werden – von der Bestimmung „Wald“ hin zu „Camping“. Um das in die Wege zu leiten, sollte der Planungs- und Bauausschuss am Montag, 28. Oktober, einen Aufstellungsbeschluss fassen.

Im Konferenzraum des Rathauses wurde schnell spürbar, dass die Angelegenheit Potential hat – für die zahlreichen Besucher mussten zusätzliche Stühle bereitgestellt werden. Die einleitende „Einwohnerfragestunde“ geriet zur offenen Debatte über den erst später folgenden Beratungsstoff. Ausschussvorsitzender Eberhard Kaufmann ließ, obschon keine Frage vorgetragen wurde, Vorträge aus der Bürgerschaft lange zu und auch Bürgermeister Uwe Schmalenbach ließ geduldig geschehen.

Thomas Dahlhaus aus Berghagen machte sich zunächst zum Sprecher der Anwohner und trug ein Bündel an Bedenken vor. Zunächst sei zu begrüßen, dass die Löschwasserversorgung verbessert werden solle – zu hinterfragen sei aber das Bassin in der Form eines offenen Teiches. Die Feuerwehr favorisiere inzwischen feste Tanks mit klarem Wasser. Der Weg zum Löschteich sei kritisch zu sehen: Ob dieser an 365 Tagen im Jahr für die Großfahrzeuge der Feuerwehr befahrbar sei, müsse angezweifelt werden. Und: „Wie funktioniert ein Löschteich eigentlich bei einer längeren Trockenperiode?“

Viel kritischer seien aber die Stellplätze zu sehen: Die Straße zum Berghagen sei sehr schmal und lasse den Begegnungsverkehr und den zu erwartenden Mehrverkehr nicht zu. Überdies sei am Berghagen keine öffentliche Beleuchtung vorhanden (die Bürger wollten eine solche nicht); womöglich müsse die Gemeinde aus Gründen der Verkehrssicherheitspflicht nun Lampen aufstellen oder sehe sich ansonsten bei Unfällen etc. Schadensersatzforderungen ausgesetzt.

Eine weitere Bürgerin bemängelte, zu spät über die Planungen informiert worden sein; sie fühlte sich überrumpelt. Ein anderer Bürger formulierte schlicht „Wir wollen auf dem Berghagen unsere Ruhe haben.“

Der Ober-Stuberger Gerd Kettling hingegen befürwortete die Anlage von Wohnmobil-Stellplätzen – und beantragte bei sich „direkt an der Straße“ drei Stellplätze.

Ausschussvorsitzender Eberhard Kaufmann berichtete aus einem Gespräch mit dem Antragsteller. Es gehe inzwischen nicht mehr um vier bis sechs, sondern nur noch um drei Stellplätze.

Bauamtsleiterin Sandra Schöttler konkretisierte die künftige Festsetzung „Campingplatz“ im Flächennutzungsplan: Das heiße nunmal gesetzlich „Camping“, bedeute aber nicht den Zwang, einen Campingplatz anzulegen. Will sagen: Das Kind muss einen Namen haben ….

Ausschussmitglied Wolfgang Vöpel äußerte in der inzwischen angelaufenen Beratung „Verwirrung“ über die Zahl der aufgerufenen Wohnmobil-Stellplätze: Mal vier, mal sechs, nun drei – könne man die „drei“ verbindlich festsetzen? Eberhard Kaufmann entgegnete, diese Festsetzung sei im Bebauungsplan möglich.

Einstimmig beschloss der Planungs- und Bauausschuss, die Änderung des Flächennutzungsplan einzuleiten. Im anlaufenden Verfahren werden die Bürger Gelegenheit haben, ihre Stellungnahmen, ihre Anregungen und Bedenken einzubringen. Darüber wird dann im weiteren Gang beraten und entschieden.