In der Ratssitzung am 28. Oktober hat der alte Rat der Stadt Kierspe in seiner letzten Sitzung den Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Dabei folgten die Ratsmitglieder mit Gegenstimmen der Freien Wähler (FWG) und Enthaltungen aus der Grünen-Fraktion dem Verwaltungsvorschlag. Das Defizit im Haushalt war ursprünglich mit 3,9 Millionen Euro geplant, hat sich seit der Haushaltseinbringung jedoch auf 5,2 Millionen Euro erhöht. Der neu gewählte Stadtrat, der sich am 4. November konstituiert, findet damit einen verabschiedeten Etat vor.
Vor der Abstimmung nahmen die Fraktionsvorsitzenden der im Rat vertretenen Parteien in ihrer Haushaltsrede Stellung zu dem Zahlenwerk. Kämmerin Kerstin Steinhaus-Derksen erklärte im Vorfeld der Sitzung auf LokalDirekt-Anfrage die Erhöhung des Defizits um rund 1,3 Millionen Euro: "Ich habe bei der Berechnung der Kreisumlage zwar schon pessimistisch gerechnet, aber noch nicht pessimistisch genug." Im Vergleich zum Erstentwurf stieg die allgemeine Kreisumlage um 293.000 Euro an, die differenzierte Kreisumlage sogar um 963.000 Euro. Mit der differenzierten Kreisumlage zahlen die Kommunen ohne eigenes Jugendamt für die Tätigkeit des Kreisjugendamtes, das die Kinder-, Jugend- und Familienpflege in Kierspe leistet.
LokalDirekt fasst die Reden der Fraktionsvorsitzenden im Folgenden zusammen und verlinkt jeweils auf deren vollständige Fassung.
CDU, Kerstin Rothstein
"Es wird auf Steuererhöhungen verzichtet!"
Als Fraktionsvorsitzende der stärksten Fraktion hielt Rothstein die erste Rede. "Insgesamt festzustellen bleibt, dass unser Problem nicht bei den Einnahmen liegt. Dank unserer tatkräftigen soliden Gewerbebetriebe bleiben die Einnahmen bei der Gewerbesteuer stabil", machte sie deutlich. Trotz der Herausforderungen, so Rothstein, möchte die CDU Kierspe weiter in die Stadt investieren. Als Beispiele nannte sie unter anderem das Feuerwehrgerätehaus Rönsahl sowie die Ausrüstung der Feuerwehr, Schulen, Schulhöfe und Sporthallen sowie neue Wohnbau- und Gewerbeflächen. Zudem sprach sie die Gesundheitsversorgung vor Ort und Entwicklungskonzepte für Rönsahl und Kierspe-Dorf an.
Am Ende ihrer Haushaltsrede betonte Kerstin Rothstein: "Trotz aller Probleme, und das betonen wir ausdrücklich, liegt uns heute ein solider und verantwortungsvoller Haushaltsplan vor. Unser Dank gilt an dieser Stelle unserer Kämmerin Kerstin Steinhaus-Derksen und ihrem Team!"
Die gesamte Haushaltsrede der CDU finden Sie hier zum Download.
SPD, Christian Reppel
"Die einfachste Lösung wäre: Wir kündigen die Zusammenarbeit mit dem Kreis."
Christian Reppel hielt in dieser Ratssitzung die ironischste Haushaltsrede und zielte mit eindeutigen Spitzen auf den amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Er redete davon, die Nachbarstädte zu annektieren und von Importzöllen auf Waren, die nach Kierspe importiert werden. Auch seine Steuererhöhungen "50 Prozent Aufschlag auf alles - außer auf die Hundesteuer" war ebenso wenig ernst gemeint wie sein Vorstoß zur Einführung einer Katzensteuer.
Danach wurde er wieder ernst und betonte: "Freiwillige Ausgaben? Kaum vorhanden. Kosten, die wir nicht beeinflussen können? Viel zu hoch." Nach über 20 Jahren im Rat schied Reppel am Ende der Ratssitzung aus der Kiersper Politik aus und fand zum Abschied emotionale Worte: "Die Zusammenarbeit war geprägt von Respekt, von Kooperation – und immer mit dem Ziel, das Beste für Kierspe zu erreichen. Ich verlasse heute die Politik – aber nicht die Stadt."
Die gesamte Haushaltsrede der SPD finden Sie hier zum Download.
UWG, Clemens Wieland
"Ich möchte [...] feststellen, dass wir keine Finanzkrise oder ein Liquiditätsproblem haben, sondern ein Strukturproblem."
"Der avisierte Fehlbetrag ist in seinem Ergebnis kein Fehlverhalten der Verwaltung beziehungsweise der Politik oder die Verschwendung öffentlicher Steuergelder beziehungsweise die Nichteinhaltung von Einsparungspotentialen, sondern eben ein Strukturproblem der Haushaltsaufstellung der öffentlichen Hand", erklärte Wieland im Rahmen seiner Rede. Das größte Problem ist seiner Aussage nach, dass die haushaltsrechtliche Konnexität nicht eingehalten wird und die Stadt Kierspe Leistungen zahlen muss, ohne Einfluss auf die Kosten zu haben.
Als Lichtblick sieht er jedoch gleich vier Punkte: Das im Mai beschlossene Altschuldenentlastungsgesetz, den von der Landesregierung jüngst beschlossenen Infrastrukturpakt, Änderungen am Kreishaushalt sowie die Neufassung des kommunalen Vergaberechts. Zum Kiersper Haushalt sagte er: "Das kommende Haushaltsjahr trägt auch eine klare UWG-Handschrift. Mehrere Ideen unserer Fraktion werden ab dem kommenden Jahr umgesetzt", darunter unter anderem der Multifunktionsbeachplatz, der private Sicherheitsdienst und das Fördermittelmanagement.
Die gesamte Haushaltsrede der UWG finden Sie hier zum Download.
FWG, Peter Christian Schröder
"Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Kreis, Landrat, Land und Bund lassen uns wieder einmal im Stich."
Wie im vergangenen Jahr stellte Peter Christian Schröder als Fraktionsvorsitzender der FWG fest, das die Freien Wähler dem Haushalt nicht zustimmen werden. Trotzdem sprach er früh in seiner Rede ein Lob an die Verwaltung aus: "Mehr kann man aus unserem Haushalt nicht herausholen. Er ist für uns fast zustimmungsfähig! Dass wir das trotzdem nicht tun werden, liegt aber ausdrücklich nicht an der Verwaltung!" Er kritisierte an den anderen Fraktionen, dass es "nur Schulterzucken" und das "traditionelle Einfordern des Konnexitätsprinzips" gibt. Er forderte ein "Aufstehen der Parteien, dass man diese Spielchen nicht mehr mitmacht und endlich Abhilfe einfordert."
Die gesamte Haushaltsrede der FWG finden Sie hier zum Download.
FDP, Armin Jung
"Alles, was den Haushalt zusätzlich belastet, kann – so hart es klingt – aktuell nicht umgesetzt werden."
"Wir reden die Lage nicht schön – wir handeln verantwortungsvoll. Wir sagen, was geht, und wir sagen, was nicht geht. Das ist keine Absage an Gestaltung, sondern die Grundlage für ehrliche Politik." Der FDP-Fraktionsvorsitzende Armin Jung legte den Fokus seiner Rede auf "Einsparpotenziale mit Maß und Mitte" und schlug in diesem Zuge unter anderem Digitalisierung in der Verwaltung, interkommunale Zusammenarbeit und Outsourcing vor.
Er mahnte zu Investitionsdisziplin; die wichtigen Punkte für die FDP sind für ihn das Baugebiet Asternweg/Bordinghausen, Schulen, Feuerwehr und die Radwege-Infrastruktur. "In den kommenden Jahren werden wir uns auf Pflichtaufgaben konzentrieren müssen. Alles, was den Haushalt zusätzlich belastet, kann – so hart es klingt – aktuell nicht umgesetzt werden", so Jung.
Die gesamte Haushaltsrede der FDP finden Sie hier zum Download.
Bündnis 90 / Die Grünen
Bündnis 90 / Die Grünen verzichteten auf eine Haushaltsrede, da Fraktionssprecher Detlef Jungmann nicht an der Sitzung teilnehmen konnte.




























