„Es hat sich schon richtig viel getan in Sachen Tierwohl“, erklärt Linda Gessler. Sie führt die Mitglieder der Nachrodter kfd über den Betrieb. 280 Milchkühe leben in dem modernen Stall. 235 von ihnen werden aktuell gemolken. Der Stall ist groß, hell und mit jeder Menge Extras ausgestattet. „Hier vorne stehen die Kühe, die wir besonders im Blick haben müssen“, erklärt die Landwirtin. Das sind Tiere, die kurz vor der Geburt stehen oder verletzt sind. Von ihrem Büro aus, hat sie direkten Blick auf den Bereich. „Außerdem kommen hier alle Mitarbeiter rein und raus, so sind die Tiere quasi unter ständiger Beobachtung“, berichtet Gessler.
Neben dem Menschen überwacht auch ein Computer die Kühe. Jedes Tier trägt an seinem Halsband einen Sender. Da sind die individuellen Daten der Kuh gespeichert. „Damit kann man beispielsweise festlegen, wie viel Kraftfutter eine Kuh bekommen soll und die Menge individuell steuern. Am Futterautomaten bekommt sie dann genau das, was wir für sie eingeben“, erklärt Gessler. Außerdem registriert der Sensor, wie lange eine Kuh liegt, wie oft sie in den Melkstand geht und wie viel Milch sie gibt und wie viel sie frisst. „So können wir sehen, ob sich vielleicht eine Kuh nicht gut fühlt. Wenn eine zum Beispiel auffällig lange liegt“, sagt Gessler.

„Wissen Sie denn überhaupt, wer hier wer ist?“, fragt eine Teilnehmerin. Die Frage kann Linda Gessler klar bejahen. Jede Kuh hat sogar einen Namen: „Ich arbeite jeden Tag mit den Tieren. Ich habe schon einen Bezug zu ihnen. Ich kenne sie und sie kennen mich.“ Die Landwirtin hat auch Lieblinge. Aria zum Beispiel, nicht nur weil sie mehr als 63 Kilogramm Milch am Tag liefert und damit mehr als 14.000 Liter im Jahr. „Sie ist einfach besonders. Wir mögen uns. Erdbeere hingegen ist eher nervig. Wenn ich im Stall bin, läuft sie immer hinterher und macht Quatsch.“ Gessler weiß auch, welche Kühe beispielsweise miteinander befreundet sind und wo sie sich am liebsten im Stall aufhalten.
Während die Landwirtin erklärt, müssen die Frauen an die Seite treten, denn der Futter-Roboter beginnt seine Arbeit. Zunächst sammelt der Greifer am Futterplatz die verschiedenen Komponenten. „Hier gibt es eingezeichnete Plätze für die verschiedenen Zusätze. Hier liegt beispielsweise Mais und dahinten Silo. Der Greifer holt die verschiedenen Komponenten ab und wirft sie in den Futterwagen. Dort wird alles gewogen und genau so gemischt, wie wir es brauchen. Anschließend fährt der Wagen los und verteilt das Futter – alles vollautomatisch.“
Doch das ist nicht das einzige im Stall, was automatisiert ist. Über Sensoren wird die Helligkeit und das Stallklima geregelt. Am Abend waren noch alle Seitenwände des Stalls offen und auch die Dachluken waren geöffnet – bei rund 8 Grad Außentemperatur und Wind. „Kühe mögen es frisch. Ab 20 Grad kriegen sie Hitzestress“, erklärt Linda Gessler den Frauen. Um viel Milch zu geben, müssen die Tiere eine hohe Leistung erbringen, entsprechend höher ist ihre Körpertemperatur. „Daher kann es sein, dass hier im Stall die Ventilatoren angehen, obwohl wir es eher frisch finden.“ Und auch Licht sei ein wichtiger Faktor neben der Frischluft. „Dunkle Ställe mit dicken Wänden werden gar nicht mehr gebaut. Also da hat sich schon wirklich viel getan in den vergangenen Jahren.“
Weiter geht´s in Richtung Massagerollen. Neugierig beobachten die Kühe die Gäste. „Die wissen natürlich, dass Sie nicht hier hin gehören. Mein alter Chef hat immer gesagt: Das sind Weiber, die sind neugierig.“ Die Kühe zeigen, wie das Massagegerät funktioniert. Die Kuh stößt mit dem Kopf gegen die Bürsten und löst damit den Sensor aus. Die Bürsten beginnen sich zu drehen und die Kuh hält genüsslich ihre liebsten Körperstelle darunter.
Die Milch des Betriebs geht übrigens an eine Molkerei in Erftstadt. Regional wird sie nicht verkauft. „Das meiste wird zu Joghurt verarbeitet“, erklärt Gessler.