Natürlich stellt sich die Frage, wie es zu so einem Defizit kommen konnte. Schließlich sollte durch die Fusion der drei evangelischen Kirchengemeinden Altena, Nachrodt und Wiblingwerde genau das verhindert werden. Synergien sollten genutzt werden, um die Gemeinden auch wirtschaftlich für die Zukunft sicher aufzustellen. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein – und das nach nicht einmal einem Jahr. Abgesehen von dem Inhalt und den möglichen Konsequenzen, des dort präsentierten, machte vor allem das Wie sprachlos.
Gemeindemanagerin Olivia Steinhelfer war die, die Zahlen präsentierte. Wie üblich bei Haushaltspräsentationen, hatte sie die wesentlichen Zahlen zusammengefasst. Kein Problem und ein gewöhnlicher Vorgang, würde alles andere doch den Rahmen sprengen. Ungewöhnlich ist allerdings auf Nachfragen zu antworten: „Das steht in den 150 Seiten Haushalt. Das kann ich Ihnen so jetzt nicht sagen.“ Das geht nicht. Wer auf eine solche Versammlung kommt, muss vorbereitet sein. Muss Zusammenhänge kennen und erklären können – und zwar auch Menschen, die keine kaufmännische Ausbildung haben.
Dass es Fragen geben würde, war klar. Der Buschfunk funktioniert. Das Thema wurde schon länger hitzig diskutiert in der Gemeinde. Die Fragen, die auf den Tisch kamen, waren nicht überraschend. Nicht ungewöhnlich detailliert. Niemand verlangte einzelne Beträge. Ein Beispiel: Wieso steigen die Personalkosten um 37.500 Euro, obwohl es deutlich weniger Mitarbeiter gibt und die Pfarrer und die Gemeindepädagoginnen aus einem anderen Topf finanziert werden, die den Haushalt gar nicht belasten? Eine berechtigte Frage. Wurde jedoch nicht beantwortet. Vermutlich gibt es eine plausible Erklärung für die finanzielle Misere, allein die neuen Zuweisungsschlüssel für kirchensteuerliche Erträge sind es jedoch nicht, wenngleich sie natürlich den größten Fehlbetrag verursachen. Eine Erklärung, die die Mitglieder verstehen, wäre wichtig gewesen. Transparenz, Ehrlichkeit und eine gute Vorbereitung hätten Vertrauen gebracht. Nun suchen die Anwesenden selbst nach Antworten, stricken sich selbst Zusammenhänge. Das schadet dem Prozess, in dem Vertrauen und Miteinander so groß geschrieben werden sollten.
Wolfgang Kubes erneutes Versprechen, dass alle drei Standorte erhalten bleiben, ging da beinahe unter. Denn jeder weiß: So wird das vermutlich nicht funktionieren. Drei Kirchen und vier Gemeindehäuser an drei Standorten sind ein dickes Brett. Und natürlich macht der Nebensatz, „wovon eines kaum genutzt wird“ hellhörig. Die Gemeindemitglieder sind sensibilisiert. Denn die Schließung von Standorten schwebt seit den Gesprächen über die Fusion wie ein Damoklesschwert über der neuen Kirchengemeinde. Die Katholiken haben es vorgelebt.
Sich immer wieder darauf zurückzuziehen, dass der Haushalt erst spät gekommen sei, gilt als Ausrede nicht. Kein Unternehmensleiter, und nichts anderes ist der Bevollmächtigtenausschuss, kann es sich erlauben, gar keinen Einblick in die Finanzen zu haben und einfach mal zu machen. Der Hinweis aus der Versammlung: „Solch eine Misere kündigt sich an. Sie haben gar keine Kontrolle“, ist durchaus angebracht, auch wenn er hart klingt, besteht der Bevollmächtigtenaussuchss doch überwiegend aus Ehrenamtlern.
Fakt ist: Egal, wie die Gemeinde in die Misere gekommen ist, egal, wer das verschuldet hat, egal, welche Rolle Kreis- und Landesebene spielen: So kommuniziert man nicht mit Mitgliedern und so geht man – wie im Fall von Eun Sook Kim – nicht mit Menschen um. Kirche ist ein Unternehmen, ja. Kirche ist aber auch ein Ort, an dem Werte gelebt werden. Diese dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Jetzt heißt es, wach werden, Transparenz und Vertrauen nicht nur predigen, sondern leben. Die Gemeindemitglieder mitnehmen und die Magie des Neubeginns nicht verpuffen lassen. Denn Abende wie dieser lassen all das Gute, das in den vergangenen Monaten in Bewegung gesetzt wurde, ins Leere laufen.
Lesen Sie hierzu auch:
- Teil 1: Neue Kirchengemeinde hat große Finanznot
- Teil 2: Der Fall Eun Sook Kim
- Teil 3: Doch kein neuer Kirchenbus
- Teil 4: Eine neue Orgel für Wiblingwerde