In der jüngsten Ratssitzung flammte die Debatte um den geplanten Radwegebau an der B 236 erneut auf – wenige Tage nach kontroverser Diskussion im Planungs-, Bau- und Umweltausschuss. Der 410 Meter lange Radweg zwischen der ehemaligen Metzgerei Böhland und der ehemaligen katholischen Kirche soll nach jahrelanger Planung 2026 gebaut werden und etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen – selbst wenn es nur wenige hundert Meter sind. Kritiker wundern sich über die Dauer, die Organisation und die Auswirkungen auf den Verkehr.
In der vorangegangenen Ausschusssitzung erläuterten Vertreter von Straßen NRW (wie bereits ausführlich berichtet), dass der Radweg nun in mehreren Abschnitten ohne Vollsperrung, aber mit halbseitiger Sperrung und Ampelregelung gebaut werden soll. Die Ampelschaltungen zwischen der Lennebrückenampel und jener an der Baustelle werden aufeinander abgestimmt, sodass es eine Art „grüne Welle“ geben soll. Erfahrungen aus früheren Bauphasen – etwa bei der Felsnasensprengung – zeigten, dass fehlende Koordination der Ampeln zu massiven Staus geführt hatte. Für Fußgänger wird während der Bauarbeiten eine Umleitung über die Ehrenmalstraße eingerichtet, und auch die Bus-Haltestellen werden verlegt, um Blockaden zu vermeiden. Straßen NRW argumentiert, dass der Zeitraum 2026 bis 2027 optimal sei, da dann der Verkehr auf der B236 insgesamt geringer sein könnte – unter anderem, weil die Rahmedetalbrücke wieder freigegeben ist und eine Vollsperrung der B236 zwischen Altena und Werdohl eingerichtet werden soll. Letztere steht allerdings bereits schon wieder auf der Kippe. Nach einem Gespräch der Bürgermeister von Werdohl und Altena mit dem Landesbetrieb, sollen weite Teile der Baumaßnahme nun doch unter halbseitiger Sperrung erfolgen. Inwieweit die Verkehrslage nun also tatsächlich entlastet werde, sei somit noch offen.
Gemeinde ohne Entscheidungsspielraum
Bürgermeisterin Birgit Tupat machte im Rat deutlich, dass die Gemeinde nicht über das Ob des Radwegs entscheidet – diese Entscheidung liege bei Straßen NRW. Die Gemeindeverantwortung betreffe ausschließlich das Wann: Entweder der Bau findet 2026 vor dem Brückenneubau statt oder erst im Anschluss an den Brückenbau 2030/2031. Ein Wegfall des Vorhabens ist keine Option.
In der Diskussion zeigte sich ein breites Meinungsspektrum, das jedoch in einem Punkt einheitlich war: Die Ratsmitglieder hätten den Radweg am liebsten gar nicht. Philipp Olschewski (CDU) betonte die hohe Verkehrsbelastung: „Die verkehrliche Belastung ist seit Jahren zu hoch. Aber wir als Gemeinde erteilen hier kein Einvernehmen, wir müssen uns nur positionieren. Die bauen das so oder so, wir können es nicht verhindern. Damit 2026 anzufangen, ist das kleinere Übel.“ André Gütting (SPD) äußerte zunächst erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verkehrssituation während einer Sperrung zwischen Altena und Werdohl: „Da schneiden wir uns von Werdohl ab. Gerade Schüler werden dann Probleme kriegen.“ Er verwies unter anderem auf die Sperrung der Bahnstrecke, die zeitgleich erfolge. Gütting kritisierte zudem die Prioritäten: „Ich kann mich damit nicht anfreunden. Wir haben für nichts Geld. Wir erklären dem Bürger, dass wir sparen müssen, aber für drei Fahrrädern am Tag zimmern wir da einen Radweg hin. Müssen wir da einen Radweg hin bauen?" Bürgermeisterin Birgit Tupat betonte noch einmal, dass die Finanzierung und die Art und Weise des Baus nicht Sache der Gemeinde sondern des Landesbetriebes sind.
Matthias Lohmann (fraktionslos) kommentierte sarkastisch: „Bis die CO2-Bilanz des Baus stimmt, müssen dafür 10 Millionen Fahrräder über die Brücke rollen.“ Er machte klar, dass die Gemeinde keine Entscheidungsgewalt habe, schlug aber pragmatisch vor: „Kommt, lasst es uns jetzt machen, dann haben wir es hinter uns.“ Petra Wachtmeister (SPD) kritisierte die Kommunikation: „Bei der letzten Diskussion hieß es noch, dass der Radwegebau nur unter Vollsperrung geht. Jetzt ist das nicht mehr so. Ich finde die Kommunikation ziemlich schwierig. Auch die Darstellung, dass das nur 3 Minuten mehr Wartezeit bringen soll, finde ich schwierig.“ Ronny Sachse (SPD) hinterfragte technische Details der Verkehrsplanung: „Hilft es uns, wenn wir warten und sagen, eine Ampel ist weg, eine neue kommt, damit der Abschnitt an sich kleiner bleibt?“
Sonja Hammerschmidt (UWG) brachte die Frustration vieler Ratsmitglieder auf den Punkt: „Wir haben alles besprochen. Wir können hier nichts ändern. Ich glaube 100 Prozent des Rates sind sich einig, dass wir diesen Radweg nicht brauchen. Aber wir werden es nicht verhindern können und in sofern müssen wir hier auch nicht über das Ob irgendwelcher Ampeln diskutieren.“
Armin Speckmann (FDP) warnte vor Verzögerungen: „Wenn wir das jetzt verschieben, ist ja nicht völlig ausgeschlossen, dass aus Geldmangel das Land NRW später doch keinen Radweg baut.“
Am Ende stimmte der Rat über den zeitnahen Baubeginn ab. Armin Speckmann, Ronny Sachse und André Gütting enthielten sich, Petra Wachtmeister stimmte dagegen. Alle anderen befürworteten den Start 2026 als kleineres Übel.
Die Debatte zeigt, dass der Radwegebau nicht nur eine technische Verkehrsfrage ist, sondern vor allem ein politisches und kommunales Spannungsfeld zwischen Verkehrsplanung, Bürgern, Einzelhandel und lokalen Verantwortlichen – deren Einfluss auf das Projekt begrenzt ist.
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