Sie bringt Kinder in Bewegung – und das seit mehr als 20 Jahren. Anke Bäcker ist ein echtes Übungsleiter-Urgestein im Turnverein Wiblingwerde (TVW). Wenn sie mit ihrem Team am Dienstagnachmittag die Türen der Wiblingwerder Turnhalle öffnet, strömen die Kinder hinein. Sowohl beim Mutter-Kind-Turnen als auch beim Kinderturnen ist die Halle voll. Und das jeden Dienstag aufs Neue. LokalDirekt sprach mit ihr darüber, wie sie Kinder in Bewegung bringt und warum Vereinsarbeit für sie richtig und wichtig ist.
Sie sind schon so ein bisschen ein Urgestein im TVW. Wie sind Sie überhaupt zum Verein gekommen und wann war das?
Anke Bäcker: „1990 bin ich mit meiner Tochter zum Mutter Kind Turnen gegangen. Ab 1994 dann selber aktiv zum Frauensport, Jazz-Tanz und Volleyball.„
Und seit wann machen Sie das Kinderturnen?
„Als Leitung bin ich seit 2000 dabei.„
Ein Verein ist auch immer ein bisschen Heimat. Was bedeutet der TVW für Sie persönlich persönlich?
„Der Zusammenhalt auch in der Freizeit. Da denke ich an unsere Fußballmannschaft vor ein paar Jahren, da sind wir am Wochenende mit dem Bus zu den Spielen gefahren. Das war schon einmalig.“
Kinder in Bewegung zu bringen, ist offenbar genau Ihr Ding. Warum ist Ihnen das so wichtig?
„Es ist schön zu sehen, wie die Kinder manch schwere Aufgabe mit der Zeit lernen und ihre Angst überwinden. Und dann zu sehen, wie sie nachher alles alleine meistern, macht schon stolz.“
Haben Sie in den vergangenen Jahren eine Veränderung bei den Kindern festgestellt? Sind sie wirklich so viel unbeweglicher als früher?
„Man merkt schon das manche Übungen, wie zum Beispiel auf einem Bein stehen oder Rolle vorwärts, nicht mehr so klappen. Aber da arbeiten wir ja dran.“
Was können Eltern tun, um dem entgegenzuwirken?
„Ein Vorbild sein und sich mit den Kindern zusammen bewegen. Auf der Wiese hinterm Haus eine Rolle machen oder über Baumstämme im Wald balancieren, nicht daneben sitzen sondern vorleben.“
Viele Vereine beklagen einen Mitgliederschwund. Beim TVW boomt das Kinderturnen. Dienstags ist die Halle voll. Was machen Sie anders?
„Das kann ich so nicht sagen, ich habe ein super Team, das auch mal Quatsch macht mit den Kindern. Oder vielleicht die wechselnden Aufbauten jede Woche. Ich glaube nicht das es an der Salzbrezel liegt, die die Kinder nach dem Turnen bekommen.“
Oft heißt es, dass regelmäßige Angebote eher nicht mehr so gefragt seien, sondern eher Events. Stimmt das? Funktioniert das klassische Vereinskonzept nicht mehr? Und wenn nein, warum nicht?
„Bei den Erwachsenen ist das schon so. Hier merkt man das die modernen Sportarten – wie zum Beispiel Zumba – mehr gefragt sind. Viele haben auf diese Vereinsmeierei keine Lust mehr und möchten mehr Abwechslung.“

Was macht für Sie eine gute Kinderturn-Stunde aus?
„Erstmal ankommen in der Turnhalle, mit den Freunden die erste viertel Stunde frei spielen. Danach ein Aufwärmspiel und dann kommt das Turnen an den Geräten. Zum Ausklang noch ein Lied oder Fingerspiel und dann die Belohnung (Mini-Salzbrezel). So ist von allem was dabei.“
Mit Eintritt ins Grundschulalter endet das Kinderturnen und es gehen dem Verein viele Kinder verloren. Warum ist das so? Und was tun Sie dagegen? Ist es nicht frustierend, wenn man sich so viel Mühe gibt, etwas aufzubauen?
„Da gehen dann oft die Hobbys auseinander. Viele Kinder konzentrieren sich dann auf Fußball, Ballett oder Reiten. Einige bleiben jedoch noch bei der Leichtathletik.“
Warum ist Sport im Verein gut für Kinder? Bewegen können sie sich auch auf einem Spielplatz oder im Garten. Was ist der Unterschied?
„Die Gemeinschaft, wir machen ja nicht nur Sport in der Halle. Sondern gehen zusammen Wandern, Zeltlager oder auf den Spielplatz zum Eis essen. Der soziale Kontakt ist wichtig, auch wenn sie nicht in einen Kindergarten gehen.“
Gibt es eigentlich Momente, in denen du gerne alles hinschmeißen würdest? Und was treibt dich an, dann doch weiter zu machen?
„Nein, den Moment hatte ich noch nicht. Manchmal gibt es Sachen über die man sprechen muss mit den Eltern aber bis jetzt gab es noch keinen Grund. Wenn man die Kinder sieht, wie fröhlich sie in die Halle kommen, treibt das auf jeden Fall an.“
Ihr Team ist nicht mehr ganz jung. Machen Sie sich langfristig Sorgen um die Zukunft des Kinderturnens in Wiblingwerde oder gibt es schon Nachwuchs im Trainerbereich?
„Das sehe ich nicht so schlimm. Wir machen alles als Team, auch die Weiterbildungen, das finde ich schon wichtig. So macht man es dem Nachwuchs leichter. Vorschläge vom Team werden immer gerne angenommen und bereichern die Stunde.“
Was glauben Sie, muss ein Verein bieten, um Ehrenamt attraktiv zu machen? Und warum macht Ihnen Ihre Arbeit im TVW so viel Freude?
„Mehr die Jugend mit einbeziehen, sie direkt ansprechen für Aufgaben im Verein. Das läuft im Moment ganz gut bei uns. Zum Beispiel die Sache mit den Social-Media-Auftritten des Vereins, das kann die Jugend besser als wir. Freude macht mir die Abwechslung im Verein, wie der Tag des Sports oder auch die Vereinsfeste.“
Finden Sie, dass Ehrenamt allegemein in der Gemeinde wertgeschätzt wird?
„Ich denke schon, vom Verein werden wir auf jeden Fall wertgeschätzt.“
Gibt es Momente, in denen Ihnen das Herz aufgeht? Was war Ihr schönster Moment im Turnverein?
„Wenn der Weihnachtsmann an der Tür klopft, dann sind alle sehr aufgeregt und gespannt. Oder wenn die Kinder beim freien Spielen Ihre Kreativität ausleben und plötzlich Yoga alleine machen. Das finden wir immer sehr schön anzusehen. Natürlich auch die Siegerehrung vom Jolinchen Abzeichen, ach es gibt so viele Momente die sooo schön sind.“
Was bedeutet Sport für Sie persönlich?
„Ausgleich, fit und gesund zu bleiben.“
Was ist Ihr Lieblingssport?
„Yoga und Frauenpower donnerstags.“
Es ist ja bald Weihnachten. Was wünscht Sie sich für 2024 vom Verein und den Nachrodt-Wiblingwerdern?
„Dass der Verein weiterhin so gut zusammen arbeitet und dass die Eltern das Sportprogramm im Verein auch annehmen, damit sie ein Vorbild für Ihre Kinder sind. Denn so funktioniert es auch in einem Sportverein.“
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