Heiko Tegeler ist der neue Kämmerer der Gemeinde und wird in den kommenden Wochen im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Er kennt die Zahlen, er weiß, wie es um die Gemeindekasse steht. Er ist aber auch der, der den Rotstift ansetzen muss. Eigentlich würde der Haushalt am kommenden Montag in der Ratssitzung eingebracht. Wegen des Hacker-Angriffs auf die Südwestfalen IT fehlen aber wichtige Kennzahlen. Daher ist im Januar eine Sonderratssitzung geplant. Heiko Tegeler steht also in seinem ersten Jahr als Kämmerer vor großen Herausforderungen. Wir haben mit ihm über den Haushalt und die großen Investitionen 2024 gesprochen:
Zum ersten Mal bringen Sie den Haushalt ein. Ist das ein besonderer Moment für einen Kämmerer?
Heiko Tegeler: „Ja klar, sonst war ich immer in die Haushaltsplanungen involviert, allerdings im Hintergrund.
Die Arbeiten beginnen oftmals viele Monate vor der Einbringung und man ist immer auf das Resultat gespannt. Die Verwaltung versucht natürlich auch, die Belastungen für den Bürger so gering wie möglich zu halten, Ideen zu entwickeln und die Vorgaben der Politik einzuarbeiten und umzusetzen.“
Sie sind der Herr der Zahlen. Dieses gewaltige Werk Laien zu erklären, ist eine echte Herausforderung, oder? Wie erklären Sie den Kollegen, dass Sie vielleicht dieses Jahr weniger Geld für ihren Bereich bekommen oder sparen müssen? Ist es schwer so etwas zu vermitteln?
„Auf den ersten Blick ist es natürlich eine Herausforderung, steigt man allerdings tiefer und in die Produktstruktur ein, ist es übersichtlicher und jeder Bereich für sich klar definiert. Vor allem durch die, in der Vergangenheit, vorgeschriebenen Maßgaben im Stärkungspakt sind die regelmäßigen Sitzungen identisch abgelaufen und es ist bekannt, dass wir mehrmals an Bereichen arbeiten müssen und eine Aufgabenkritik durchgeführt wird. Das wissen auch meine Kollegen, die es demensprechend gewohnt sind, dass fachlich diskutiert wird und man gemeinsam Lösungswege erarbeitet.“
Wie viel Tage/Stunden Arbeit stecken in dem Plan fürs kommende Jahr?
„Wie gesagt, die Arbeiten beginnen meist viele Monate davor, oftmals nach den Sommerferien, wenn die Mittelanmeldungen an die Fachbereiche versendet werden. Danach werden die gemeldeten Zahlen in das System übernommen und es erfolgen die ersten Entwürfe / Grundlagen für gemeinsame Gespräche. Dabei sind ständig gesetzliche Änderungen beziehungsweise Maßnahmen zu berücksichtigen. Dann steht irgendwann das Ergebnis und man beginnt mit dem Bericht und der Zusammenstellung der Anlagen. Im Endeffekt kann man den Arbeitsaufwand nicht in Stunden messen.“

Und was ist das Ergebnis? Ein paar harte Fakten: Wie viele Seiten hat der Haushalt? Wie viele Bereiche gibt es? Und können Sie schätzen wie viele Positionen und Zahlen es sind?
„Da wir aktuell keinen Zugriff auf das System haben, ist das zahlenmäßige Ergebnis nicht genau vorhersehbar. Darüber hinaus ist der Plan in die 16 Produktbereiche gegliedert. Von der Inneren Verwaltung bis zur Allgemein Finanzwirtschaft. Wie in den Vorjahren wird er wieder um die 380 Seiten umfassend sein. Vieles davon kommt allerdings aus dem System. Wir hatten einen Datenexport mit circa 900 Zeilen und dann eben jeweils die vier Jahre der Planung zuzüglich die Investition mit gut 50 Aufträgen ebenfalls mit vier Jahren in der Planung.“
Da ist noch die Sache mit der Glaskugel. Wie funktioniert das? Baupreise fahren beispielsweise Achterbahn. Bei den Flüchtlingen weiß keiner was kommt, etc. Wie ermitteln Sie solche Werte?
„Oftmals mit Erfahrungswerten aus den Fachbereichen und dann wird kalkuliert oder mit einem Mittelwert gerechnet. Da die großen Investitionen bereits über mehrere Jahre geplant wurden, ist eine Anpassung in den Folgejahren möglich. Bei den Finanzierungskosten zum Beispiel ist der Zinssatz schwankend und schwer zu kalkulieren, aber der Zeitpunkt der Aufnahme der Kredite ist variabel. Falls es zu erhöhten Belastungen kommt, kann die tatsächliche Kreditaufnahme auch mal in das dritte oder vierte Quartal entfallen.“
Als Kämmerer mag man vermutlich Zahlen. Haben Sie einen Lieblingsbereich im Haushalt? Vielleicht einen Bereich auf den die Gemeinde stolz sein kann? Oder worauf man sich freuen kann? Oder etwas, wo sie sagen, da hat das Rechnen Spaß gemacht?
„Bei den angesprochenen Finanzierungskosten beziehungsweise den Aufwendungen für Kreditzinsen. Die waren damals sehr hoch und wir konnten uns in der Niedrigzinsphase viele langfristige Zinsfestschreibungen sichern und die Aufwendungen deutlich reduzieren. Da wurden viele individuelle Modelle bezüglich Laufzeiten oder Bündelungen von Krediten berechnet. Somit konnten die Einsparungen anderweitig genutzt werden. Natürlich ist die Kämmerei auch erfreut, wenn sich die großen Projekte auf der Zielgeraden befinden, um solche Schwankungen auszuschließen. Ich denke da an die Grundschule Wiblingwerde oder dann auch bald das Gartenhallenbad.“
Die Bauprojekte (zum Beispiel Gartenhallenbad, Amtshaus, Grundschule, etc.) sind riesig. Gewiss auch im Haushalt. Wie viel Geld wird im kommenden Jahr schätzungsweise für die XXL-Projekte ausgegeben?
„Aktuell sind es circa 21 Millionen Euro, die wir im investiven Bereich veranschlagen werden. Circa 7,5 Millionen Euro für Maßnahmen im Bereich Wiederaufbauplan, vier Millionen Euro für das Feuerwehrgerätehaus, drei Millionen Euro für das Amtshaus und über eine Millionen Euro für das Gartenhallenbad.“

Wenn an einer Stelle viel ausgegeben werden muss, wird an anderer Stelle zwangsläufig gespart. Wo wird in diesem Jahr der Rotstift angesetzt?
„Es wurden in vielen Bereichen die Aufgaben kritisch betrachtet und noch Einsparpotential geschaut. Eigentlich quer durch den Haushalt.“
Gibt es im Gegenzug einen Bereich, der mehr Mittel bekommt (außer Bauen)?
„Aufgrund der aktuellen Hebesätze des Märkischen Kreises für das Jahr 2024 werden wir, im Vergleich zu 2023, insgesamt circa 900.000 Euro mehr an allgemeiner und differenzierter Kreisumlage abführen müssen.“
Inzwischen steht fest, dass der Haushalt nicht wie geplant im Dezember eingebracht werden kann. Schuld ist der Hacker-Angriff. Was genau fehlt?
„Soweit fehlt eigentlich alles, um den Plan zu drucken. Für die Berichte und Anlagen ist zwingend die Abbildung der Ergebnisplanung und Finanzplanung von 2024 bis 2027 erforderlich.“
Was passiert, wenn sich das Ganze beispielweise in den Januar/Februar zieht?
„Wir sind im Vergleich eigentlich immer früh dran. Auch die letzten Jahresabschlüsse wurden in der Vergangenheit sehr zeitig erstellt. Oftmals liegen viel früher aber auch keine belastbaren/ aussagekräftigen Zahlen für zum Beispiel die Schlüsselzuweisungen etc. vor. Bis zum Beschluss, Anzeige oder teilweise Genehmigung galt schon immer die vorläufige Haushaltsführung. Das heißt, es wird nie im Januar oder Februar mit einer neuen Investitionsmaßnahme gestartet, wenn sie nicht unabweisbar ist oder bereits im vorherigen Jahr begonnen wurde und sie demensprechend nur fortgesetzt wird.“
Dann ist da noch die Sache mit der Isolation. Werden wieder Kosten isoliert, wie wir es beispielsweise im Bereich Corona oder Ukraine-Krieg kennen?
„Auch im Jahr 2023 werden Kosten isoliert. Die Höhe steht allerdings auch erst mit der Aufstellung des Jahresabschlusses fest, wenn diverse Abrechnungen / Schlussrechnungen vorliegen. Im Jahr 2024 ist eine Isolation gesetzlich nicht mehr vorgesehen/ möglich.“
Ihre Vorgängerin Gabriele Balzukat und Bürgermeisterin Birgit Tupat, waren stets bei den Haushaltsplanberatungen der Fraktionen und standen Rede und Antwort. Dadurch wurden die Diskussionen und Fragen in den Ausschüssen und im Rat minimiert. Werden Sie die Tradition der Haushalts-Erklär-Tour durch die Fraktionen fortführen? Wenn ja, warum ist das gut? Wenn nein, warum nicht?
„Wenn die Fraktionen dies wünschen, stehen die Bürgermeisterin und ich jederzeit zur Verfügung. Diesbezüglich können viele Fragen und Erklärungen vorweg genommen werden. Und natürlich können auch hier Ideen und Lösungen mitgenommen beziehungsweise erarbeitet werden.“
Gibt es sonst noch Posotionen die besonders sind? Besondere Herausforderungen? Irgendetwas, dass Sie gerne noch erklären möchten?
„Die Kompensation der zusätzlichen Belastungen, sei es die Kreisumlage oder auch die Belastungen bei der Gebäudeunterhaltung und Gebäudebewirtschaftung. Teilweise ist eine direkte Steuerung durch diverse Sanierungsmaßnahmen möglich, bei vielen Ausgaben jedoch nur indirekt wie zum Beispiel bei den Umlagen oder der oben genannten Kreisumlage. Hier muss zwangsläufig mit anderweitigen Mehreinnahmen oder mit Minderausgaben also Einsparungen gegengesteuert werden.“
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