„Seit mehr als 15 Jahren arbeiten wir in einem ambulanten Hospiz und erleben, dass der zentrale Gedanke der Hospizarbeit, für Menschen einen Raum zu schaffen, in dem sie bis zuletzt in Würde leben können, allein durch Hospizarbeit nicht realisiert werden kann“, berichtet Uta Gall. Sie erkannte, dass ein ganzheitlicher Ansatz gebraucht wird. Hospizarbeit, Begleitung im Alter, Trauerbegleitung und Nachbarschaftshilfe bilden in dem von ihr gegründeten Arche Care Haus inzwischen ein Ensemble.
Vor allem ging es am Abend um den Aspekt der Trauerbegleitung. Ilona Bürger berichtete, wie sie dazu kam: „Ich hatte in der Kirche vom Trauercafé Momo gehört. Habe dafür eine Ausbildung als Trauerbegleiterin gemacht. Aber irgendwie fühlte sich das noch nicht fertig an“, erzählte Ilona Bürger. Gleichzeitig machte Uta Gall die Erfahrung, das Kinder ein spezielles Thema im Bereich Trauerbegleitung sind. Sie bräuchten besondere Aufmerksamkeit. Im Gespräch entstand die Idee, dass Ilona Bürger sich in diesem Bereich für die Arche fortbildet. Im Kinderhospiz Balathasar absolvierte sie eine Zusatzausbildung. „Der Aspekt Kinder und Trauer ist unglaublich umfangreich. Wir haben beispielsweise eine Trauergruppe für Kinder“, erzählte Bürger. Außerdem stehen die Mitarbeiter Eltern zur Seite, wenn es gerade einen akuten Fall in der Familie gibt. „Manchmal ist es nur ein Gespräch, in dem wir einfach das erklären, was passiert ist oder was jetzt gemacht wird. Wichtig ist einfach, dass wir zuhören und auf die Anfragen reagieren. Das ist das Besondere: Wir machen das, was gewünscht ist und was passt. Es geht nicht um gesellschaftliche Normen“, erklärte Ilona Bürger.
Ein großer Aspekt ihrer Arbeit sei das Thema Sternenkinder. „Stirbt ein Baby bekommen Eltern oft das Gefühl vermittelt, dass sie ein neues Kind bekommen und dann wieder alles gut ist. Das Verständnis für die Emotionen der Eltern und Angehörigen fehlt oft völlig.“ Auch viele Ärzte würden wenig Empathie zeigen. Da sei es oft wichtig, einfach da zu sein und der Trauer Raum zu geben.
Zu Bürgers Arbeit gehört aber auch, das Thema Trauer in die Kindergärten zu bringen und damit zu enttabuisieren. Vorschulkinder werden im Rahmen eines Projekts begleitet bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Abschied. Dabei gehe es nicht nur um den Tod, sondern auch um den Abschied vom Kindergarten oder einem Haustier. „Wir haben in diesem Bereich inzwischen so viele Anfragen, dass wir gar nicht mehr hinterher kommen“, sagte Bürger.

Beim Thema Trauer sei es wichtig zu wissen, dass Menschen unterschiedlich trauern. Beispielsweise würden Männer oft ganz anders trauern als Frauen. Das bedeute aber keineswegs, dass sie weniger emotional sind. „Wir haben daher auch Trauergruppen für Männer. So schaffen wir einen Raum, wo sie einfach aussprechen können, was sie denken“, berichtete Uta Gall.
Ein großes Problem für Sterbende und Angehörige sei es, die richtige Hilfe zu finden. Aus diesem Grund sei es auch wichtig, das Projekt des ambulanten Hospizes bekannt zu machen. „Die Dinge kommen nicht auf Sie zu. Sie müssen sie suchen. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Hilfe da gut tut. Beim Tod meiner Eltern hätte ich wohl Vieles anders gemacht, wenn ich es einfach gewusst hätte“, gab Gall zu. Daher habe sie ein System erschaffen, in dem viele Rädchen ineinader greifen: von der Beschaffung von Hilfe bis zur intensiven Begleitung. Dadurch werde es für viele Sterbende möglich, bis zum letzten Atemzug zuhause zu bleiben.
Inzwischen sind mehr als 100 Trauerbegleiter ehrenamtlich aktiv. Die einen mehr, die anderen weniger. „Jeder entscheidet für sich, was er leisten kann“, erklärte Uta Gall. Wer sich für die Arche einsetzen möchte, sich die Arbeit mit Sterbenden oder Angehörigen jedoch nicht vorstellen kann, kann übrigens trotzdem etwas tun, wie Gall sagte: „Wir brauchen zum Beispiel immer auch Menschen, die sich für die Öffentlichkeitsarbeit einsetzen.“
Ausbildung zum Trauerbegleiter
Wer Trauerbegleiter werden möchte, absolviert eine achtmonatige Ausbildung. Einmal im Monat samstags finden die Treffen statt. „Die Ausbildung ist sehr intensiv“, berichtete die Wiblingwerderin Kirsten Steinecke, die selbst auch Trauerbegleiterin ist. In dem Kurs lernen die Ehrenamtler nicht nur viel Wissenswertes, sondern setzen sich auch selbst mit dem Thema Tod auseinander. „Zum Kurs gehört beispielsweise auch ein Termin beim Bestatter. Viele Angehörige und auch Sterbende möchten genau wissen, was nach dem Tod rein praktisch passiert. Es ist wichtig, dass wir da Antworten haben“, berichtete Gall. Sie glaubt auch, dass die Arbeit als Trauerbegleiter einen verändere. „Ich zum Beispiel sehe die Menschen in ihrer Trauer viel Individueller. Ich habe gelernt, zu fragen, was mein Gegenüber sich wünscht und nicht einfach davon auszugehen, zu wissen, was richtig ist“, sagte Gall.
Die Arbeit sei anstrengend – vor allem die Emotionen. „Ja, wir weinen auch mal mit. Ich bin Mensch. Weinen ist auch durchaus eine Stärke. Ich zeige Emotionen und Empathie. Das bedeutet aber nicht, dass mir alles zu viel ist und ich gleich umkippe“, erklärte die Trauerbegleiterin. Zweieinhalb Stunden Trauernden zuzuhören sei oft so anstrengend wie acht Stunden Gartenarbeit. „Wenn ich dann nach Hause komme, muss ich dann auch erstmal schweigen.“ Und doch sei ihre Arbeit unglaublich wichtig und befriedigend: „Es ist ein traurig-schönes Arbeiten.“
Das nächste Treffen:
Das nächste Mal trifft sich die Gruppe von Frau zu Frau am Dienstag, 27. Februar, von 19.30 bis 21 Uhr im kleinen Raum des Wiblingwerder Gemeindehauses. „Dieses mal werden wir kreativ und flechten“, sagt Gruppenleiterin Kirsten Steinecke. Gebastelt werden Körbe aus Draht für Pflanzen oder Windlichter. „Wer hat, kann Draht und eine Form mitbringen. Das ist aber kein Muss, ich werde auch Material mitbringen“, sagt Steinecke. Willkommen sind alle Frauen, die Lust auf einen gemeinsamen Abend haben. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich und kostenlos.