Die Mitglieder des Energiestammtisches in Halver hatten die fünf Bürgermeisterkandidaten Tula Pak, Sina Löschke, Armin Kibbert, Sascha Gerhardt und Marc Borlinghaus zum Energie- und Klimatalk eingeladen.
Es war der Abend der Sina Löschke. Die Bürgermeisterkandidatin der Grünen hatte am Dienstagabend, 2. September, im Rahmen des Energie- und Klimatalks des Energiestammtisches die Nase vorn. Nicht bei der Redezeit, vielmehr überzeugte die Kandidatin am Abend im Bürgerzentrum mit Fachwissen, Fakten und einem Plan für Halver, wie der Ausbau von erneuerbaren Energien und die Umsetzung von lokaler Energie- und Stromgewinnung gelingen kann. Herausforderungen und Risiken ließ sie dabei ebenso wenig außer Acht.
Für jeden der fünf Bürgermeisterkandidaten hatten die Mitglieder des Energiestammtisches eine Frage vorbereitet, die nach Beantwortung in einer Diskussion mündete. Das funktionierte in den meisten Fällen, wenngleich Sina Löschke, Armin Kibbert und Sascha Gerhardt einen Großteil der Redezeit unter sich ausmachten. Untermauert hatte der Gastgeber seine Fragen mit Grafiken zur Strom- und Energiegewinnung in Halver, stellte den Ist-Zustand, Anforderungen und Zielsetzungen vor.

Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Grünen-Kandidatin bei einem solchen themenspezifischen Abend punkten kann. Sina Löschke aber bewies auch, dass sie eine Vision hat, die über Lippenbekenntnisse und gesetzliche Anforderungen hinaus geht. Es gebe, so Löschke, zwei Argumente, die für eine dezentrale und lokale Stromversorgung sprächen. Das eine seien günstigere Optionen was den Stromtransport und den lokalen Verbrauch betrifft. Den zweiten Punkt sehe man am Beispiel der Ukraine: "Ein Staat, der auf ganz zentrale Art und Weise Strom erzeugt und im Land verteilen muss. Und das ist enorm empfindsam, was Angriffe betrifft", so Löschke. Inzwischen ließen sich deutsche Strom-Unternehmen in der Ukraine beraten, wie man dezentrale Systeme aufbaut, damit auch diese sicher sind gegen Drohnen- und IT-Angriffe. "Wir brauchen nicht nur ein Energiesystem, das uns mit erneuerbarem, CO2-neutralem Strom beliefert, sondern auch eines, das sicher ist." Für Halver bedeute das ein Methodenportfolio. "Wir müssen schauen, wie sich an jedem Ort auf welche Art und Weise nachhaltig grüner Strom erzeugen lässt."

Löschke brachte Mieterstrommodelle, Quartierslösungen für Speichermöglichkeiten und intelligente Ladestationen ins Gespräch. Beispielsweise seien in Großbritannien Laternen mit Ladepunkten versehen. Und das Unternehmen Rheinmetall habe Bordsteine mit integrierten Ladepunkten entwickelt. "Es gibt Verfahren, die marktreif sind. An dieser Stelle können wir lokal Angebote machen." Andere Städte gingen dabei mit weitem Abstand voraus, weil dort frühzeitig Entscheidungen getroffen wurden, so Löschke. In der Vergangenheit habe man mit einer Verhinderungspolitik Entwicklungspotenzial verschenkt, dabei hielten viele Technologien "wahnsinnige Einnahmequellen" bereit. Löschke fehlten innovative Herangehensweisen, wie ein Mieterstromprojekt in Mehrfamilienhäusern. "Da muss die Stadt mit den Eigentümern in den Dialog gehen." Eine Direktversorgung sei deutlich günstiger. "Ich vermisse den Mut, Dinge neu zu denken."
Vorsichtiger äußerte sich da Sascha Gerhardt, Kandidat der CDU. Zwar begrüße auch er den Ausbau erneuerbarer Energien in Halver und sehe darin "wertschöpfende Prozesse vor Ort". Man werde aber nicht umhin kommen, auf fossile Energien zurückzugreifen. "Gerade wenn ich da an die Energiebereitstellung für unsere Industrie denke", so Gerhardt. Es sei beim Ausbau der Energien wichtig, "nicht über die Interessen der Bevölkerung hinweg zu entscheiden". Die Menschen müssten "mitgenommen" werden. Und der Prozess brauche viele Mitspieler, sei er doch recht teuer. Löschke entgegnete, dass derzeit zu viel Geld in die Subvention fossiler Energien investiert werde, anstatt sie in neue Technologien und deren Ausbau zu stecken.
Die Energiewende in Halver vorantreiben möchte auch Armin Kibbert (SPD). "Wir können auf die Windkraft nicht verzichten, brauchen aber auch keine Windparks mit 20 Anlagen." Man könne die Kehrtwende von Kohle und Gas nicht mehr abwenden, müsse aber sehen, dass man Schritt halte und niemanden zurücklasse. Kibbert sei froh über das Windrad in Schöneberge. "Uns haben die großen Stromerzeuger bislang in Halver gefehlt." Zudem müsse man bei vielen öffentlichen Gebäuden in Sachen Photovoltaik nachrüsten.
Marc Borlinghaus von der AfD bekräftige den Standpunkt der Partei aus deren MK-Wahlprogramm. In dem heißt es, die AfD halte die Windenergie im Kreis für eine "unzuverlässige Energieerzeugung, die in hohem Maße zur Zerstörung der Natur beiträgt." Zudem könne man den Bürger nicht zur Elektromobilität zwingen. Borlinghaus fügte hinzu, dass die Energiegewinnung eine Kommune nicht allein bewerkstelligen könne. Er setze auf externe Stromversorgung. Eine grundlastfähige Technologie sei neben der Atomkraft die Geothermie. Dem entgegnete Sina Löschke: "Atomkraft ist die nachweislich teuerste Art, überhaupt Energie zu erzeugen. Hinzu kommen langfristige Folgekosten für Lagerung, Transport und Entsorgung von Atommüll. Atomkraft ist ökologisch und ökonomisch keine Option."
Vergleichsweise still blieb an dem Abend die parteilose Kandidatin Tula Pak, die nur zu Beginn ihre Zustimmung äußerte, mehr auf erneuerbare Energien in Halver setzen zu wollen.
