410 Meter Radweg – ein Weg, den man gemütlich in ein paar Minuten abspaziert. Doch an der B236, zwischen der ehemaligen Metzgerei Böhland und der ehemaligen katholischen Kirche, sind diese wenigen Hundert Meter seit drei Jahrzehnten Synonym für Stillstand, Bürokratie und ein Planungswirrwarr, das selbst hartgesottene Kommunalpolitiker ratlos zurücklässt. Nun soll 2026 tatsächlich gebaut werden. Zwei Jahre Bauzeit sind veranschlagt. Zwei Jahre – für 410 Meter.
Am Montagabend präsentierte Sabine Gökbas vom Landesbetrieb Straßen.NRW im Planungs-, Bau- und Umweltausschuss den aktuellen Stand der Dinge. Die Planung für den Radweg sei inzwischen vollständig an den Ersatzneubau der Lennebrücke angebunden; die Ausführungsunterlagen liegen vor, Genehmigungen sind erteilt, die Abstimmungen mit den Versorgungsträgern abgeschlossen. Selbst die Baufeldvorbereitung mitsamt der notwendigen Bautabuzone ist vollzogen. Noch im Frühjahr 2024 erklärte Straßen.NRW unmissverständlich, der Radweg könne nur unter Vollsperrung gebaut werden. Was damals zu heftigen Auseinandersetzungen im Rat führte, ist heute offenbar kein Thema mehr. Eine Begründung, warum die Vollsperrung plötzlich nicht mehr notwendig ist, blieb aus – Presseanfragen werden seitens des Landesbetriebs derzeit wegen Personalmangel nicht beantwortet.
Fest steht: Es soll ohne Vollsperrung gebaut werden. Der Verkehr wird einspurig mit Ampel geregelt, die Baustelle wird in drei Abschnitte mit fünf Bauphasen geteilt, und die Engstelle auf der Lennebrücke wird über gut zweihundert Meter angepasst. Die Ampelsteuerung soll zudem mit der Brückenampel gekoppelt werden, damit sich das Chaos der Felsnase-Sprengung nicht wiederholt, als unkoordinierte Lichtsignale den Verkehr zum Erliegen brachten.
Die Verkehrsanalyse einer Studentin prognostiziert eine durchschnittliche Reisezeiten von etwas mehr als drei Minuten Richtung Iserlohn und knapp vier Minuten Richtung Altena. Während des Baus könnten diese Werte auf maximal rund sechseinhalb Minuten ansteigen – Zahlen, die im Sitzungssaal eher Fassungslosigkeit als Vertrauen auslösten.
CDU-Mitglied Sebastian Brinker fand klare Worte. Er könne nicht nachvollziehen, „wie man zwei Jahre für 410 Meter Radweg brauchen könne, wenn gleichzeitig in derselben Zeit eine komplette Brücke über das Rahmedetal entsteht“. Das sei den Bürgerinnen und Bürgern schlicht nicht mehr zu vermitteln.
Auch Matthias Lohmann, parteilos, zeigte sich irritiert. Er wollte wissen, wie Radfahrer und Fußgänger während der Bauarbeiten geführt werden sollen. Als Antwort wurde ihm der Weg über die Ehrenmalstraße präsentiert – ein Umweg, der für viele schlicht unzumutbar sei. Lohmann schlug einen Pendelverkehr mit der MVG vor, doch dieser Vorschlag wurde von Straßen.NRW umgehend abgelehnt.
Ronny Sachse von der SPD blickte mit Sorge auf die örtlichen Einzelhändler. Seit Jahren litten sie unter der angespannten Verkehrslage. Wenn die Baustelle die Situation noch einmal spürbar verschärfe, könne das für manche Betriebe existenzbedrohend werden. Armin Speckmann von der FDP zweifelte zudem die Verkehrszahlen an. Schon jetzt seien die angegebenen drei Minuten reine Theorie, während der Bauphase werde sich die Lage unweigerlich deutlich verschlechtern. Zu optimistisch seien die Annahmen, vor allem wenn sie auf studentischen Modellrechnungen basierten.
Gürsel Sievel, Vertreter des Landesbetriebs, bemühte sich, die Wogen zu glätten. Man wolle Nachrodt nicht „noch einmal von der Welt abschneiden“. Die Planungen seien darauf ausgelegt, den Status quo bestmöglich abzubilden. Jetzt gehe es darum, „das Beste aus der Situation zu machen“.
Sebastian Putz von der Gemeindeverwaltung erinnerte daran, dass das Verkehrschaos bei der Felssprengung vor allem an schlecht abgestimmten Ampeln lag. Dieses Mal werde alles koordiniert sein. Es werde keine Ansammlung getrennter Baustellen geben, sondern eine durchgängige, lange – aber planbar gesteuerte – Baustrecke. Er habe Vertrauen in die Projektplaner.
Dass der Bau gerade jetzt beginnen soll, hat aus Sicht des Landesbetriebs taktische Gründe. Ab 2026 werde die Verkehrslage in Nachrodt insgesamt entspannter sein: Die A45 werde dann nicht mehr gesperrt sein, während die B236 in Altena voll gesperrt werde. Weniger Durchgangsverkehr – so die Hoffnung – bedeute weniger Stau und mehr Spielraum für die Baustelle.
Lesen Sie dazu auch:
Kommentar: Alternativlos in den Stillstand








