Die neue OGS-Satzung spaltet weiterhin politische Gremien. Zu einem regelrechten Schlagabtausch kam es nach dem Ausschuss für Bildung und Jugend nun auch am Mittwochabend im Hauptausschuss. Gegenstand der hitzigen und an vielen Stellen durchaus lauten Diskussion war der gemeinsame Antrag von CDU und FDP, der am selben Tag eingereicht wurde. Darin forderten die beiden Fraktionen, dass sich Politik und Verwaltung nochmal intensiv mit den geplanten Änderungen der OGS in Halver befassen sollen, bevor es zu einer Abstimmung kommt. Der erhebliche Widerstand seitens der Elternschaft signalisiere, dass der bisherige Prozess nicht ausreichend partizipativ gestaltet worden sei, heißt es in dem Antrag.
Soviel vorab: Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen und UWG abgelehnt; die neue Satzung bei vier Gegenstimmen seitens der CDU und der FDP hingegen positiv in den Rat verabschiedet. Und wenn dieser am kommenden Montag, 9. Dezember, tagt, sollen nach Vorschlag der Verwaltung vier Ratsmitglieder in dieser Sache auf ihr Stimmrecht verzichten. Mit dem Hinweis auf Befangenheit nämlich leitete Bürgermeister Michael Brosch am Mittwochabend die Sitzung ein. Diejenigen, die Kinder in der Primarstufe haben, könnten befangen sein, vermutete das Stadtoberhaupt und verwies auf Paragraph 31 der Gemeindeordnung. Die betroffenen Ratsmitglieder müssten sich selbst „kritisch einschätzen“.
Diesen „Hinweis“ bewertete Mathias Ihne (FDP), selbst Vater von Primarkindern und zudem didaktischer Leiter einer Sekundarschule in Hagen mit Ganztag, als „außerordentlich befremdlich“. Er empfinde den Vorstoß des Bürgermeisters und der Verwaltung als „politischen Angriff auf eine anders lautende Meinung.“ Man wolle jemanden ruhig stellen, der eine andere Meinung hat. Er bewerte die Situation aus einer fachlichen Richtung und sehe seine Expertise als durchaus hilfreich. Zudem, so Ihne, wollten die antragstellenden Fraktionen die neue Satzung nicht „runterbügeln“, sondern vielmehr eine Chance bieten, nochmal mit Eltern und Betroffenen ins Gespräch zu kommen. „Das ist offenbar zu kurz gekommen.“
„Fachlichkeit ist nicht gleich Befangenheit“
Eine neutrale, sachliche Einstellung zum Thema aber bescheinigte vor allem die SPD Mathias Ihne nicht. Er habe, so Dagmar Eckhardt, im Bildungssauschuss äußerst emotional argumentiert. Rückendeckung für die Argumentation der Befangenheit erhielt die Verwaltung zudem von Martin Kastner und Jürgen Wichert (SPD), die, ebenso wie Michael Brosch, eine „Gefahr für die Sachlichkeit“ befürchten. Beigeordneter Simon Thienel pflichtete bei, die Gemeindeordnung wolle an dieser Stelle niemanden mundtot machen, sondern „die Betroffenen schützen“.
„Fachlichkeit ist nicht gleich Befangenheit“, stieg Sascha Gerhardt (FDP) in die OGS-Diskussion ein und betonte, Mathias Ihne und den drei anderen Ratsmitgliedern Befangenheit vorzuwerfen, zerstöre das ehrenamtliche Engagement im Kern. Seine Fraktion, ebenso wie die CDU, vermisse eine ausreichende Partizipation. Betroffene müssten beteiligt werden. Das fordere der Antrag. Und wenn es hinterher dazu führe, dass Eltern eine 15-Uhr-Betreuung nachvollziehbar dargelegt werde, dann sei das ja auch in Ordnung. An dem Punkt aber, so Gerhardt, sei man derzeit noch nicht. Sowieso vermisse er bei diesem Thema die Empathie für die Nöten und Sorgen der Eltern, die diese sachlich vorgebracht hätten. Man könne ihnen nichts oktroyieren. Die meisten müssten die Leistungen in Anspruch nehmen, weil sie berufstätig sind.
Auf die Frage Broschs, warum diese Anmerkungen seitens der FDP und CDU nicht schon im Bildungsausschuss vorgebracht worden seien, entgegnete Gerhardt, dass man sich die Argumente der Eltern im Nachhinein zu Herzen genommen und darauf reagiert habe. „Kern des Antrages ist, dass Eltern noch Befürchtungen haben und wir haben ihnen keine Möglichkeit gegeben, diese Informationslücke zu füllen.“
„Ich kann nicht feststellen, dass die Elternschaft unterdrückt wurde“, sagte Jürgen Wichert (SPD). Martin Kastner führte aus: „Die OGS ist keine Verwahranstalt, sondern ein zusätzliches, freiwilliges Bildungsangebot – und das geht bis 15 Uhr. Dann muss man das Familienleben drum herum formen. Es gibt Regeln, die sind dann auch verbindlich.“ Dr. Sabine Wallmann (UWG) schob ein, dass man mit einem Zwang nicht weiterkomme. „Erst wenn Kinder von sich aus sagen, dass sie bleiben wollen, weil das Angebot so gut ist, haben wir alles richtig gemacht.“ Sie verwies zudem auf das Schulgesetz, das die Teilnahme an der OGS bis 15 Uhr als verbindlich formuliere. An die Eltern gerichtet sagte Wallmann, sie könnten sich innerhalb der Schule wie etwa in der Schulpflegschaft engagieren und dort ihre Wünsche in schulischen Belangen frühzeitig äußern.
Online-Petition hat „keine Relevanz“
Simon Thienel interpretierte die Diskussion so: „Im Verein entscheidet auch der Trainer, wie lange das Training geht.“ Wenn aber Eltern um 14 Uhr trotz 15-Uhr-Vertrag ihre Kinder abholen wollten, „steht da ja keiner mit Bodyguard und gibt das Kind nicht raus“.
„Keine Relevanz“ hat für Michael Brosch indes die von Eltern ins Leben gerufene Online-Petition zum Erhalt der 14-Uhr-Betreuung. Das Abstimmungsverhalten darauf sei nicht repräsentativ. „Ich habe auf dieser komischen Plattform spaßeshalber fünfmal abgestimmt.“ Die mehr als 450 abgegebenen Stimmen hätten keine Aussage, wie viele Eltern tatsächlich betroffen seien. Zudem wären Eltern in sein Büro gekommen und hätten im Nachhinein gesagt, sie seien „da rein gequatscht worden.“