Wenn der Abend hereinbricht und am Wochenende nach dem St.-Martins-Tag die ersten Sterne zaghaft über der Lenne aufblitzen, beginnt in der Gemeinde eine der traditionsreichsten und innigsten Abende des Jahres: der St.-Martins-Umzug der Pfarrei St. Matthäus. Und wie in jedem Jahr war er auch diesmal einer der größte in ganz Nachrodt-Wiblingwerde – und definitiv einer der schönsten: vielleicht nicht ganz so groß wie sonst, aber wärmer, heller und gemeinschaftlicher als je zuvor. Das Team rund um Organisatorin Kathrin Richter hatte sich mächtig ins Zeug gelegt.
Diesmal schwebte etwas Besonderes über dem Zug aus Laternen und leuchtenden Kinderaugen. Die Gemeinde feierte – bewusst und mit spürbarem Stolz – ihren Heimatpreis, den sie im vergangenen Jahr für eben diesen Umzug erhalten hatte. Und Organisatorin Kathrin Richter, seit einigen Jahren das Herz hinter dem Martinsfest, hatte beschlossen: Wer so viel gewinnt, der teilt auch.
Eine ganze Woche im Zeichen des Teilens
Schon Tage vor dem großen Umzug war die Pfarrei in Nachrodt im St.-Martins-Fieber. Diesmal blieb es nicht bei dem klassischen Zug. Die Awo Kita und die Kita St. Elisabeth starteten die Aktion „Teilen wie St. Martin“: Mit ihren bunten Laternen besuchten die Kinder das Perthes Haus und den Nachrodter Hof. Sie sangen Lieder, schenkten den Bewohnern Licht und Nähe – und teilten große Brezeln aus der Wiblingwerder Landbäckerei, finanziert aus dem Preisgeld des Heimatpreises.
Die Kinder der Kita St. Elisabeth hatten sich zum Beispiel intensiv auf den Besuch im Nachrodter Hof vorbereitet. Vor ihrem Auftritt waren sie dennoch nervös. "Wir machen da einen Lichtertanz", verrät ein Mädchen. Zum Lied "Lichterkinder" drehten sich die Kinder und präsentierten stolz das helle Licht in ihren kleinen Händen.
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Auch Kathrin Richter selbst setzte ein Zeichen. Gemeinsam mit Gemeindereferentin Eva Müller besuchte sie am Dienstagnachmittag das Gut Sassenscheid, eine Suchtkrankeneinrichtung des Deutschen Ordens. Dort wurde geteilt, gelacht und gesungen – bei heißem Kakao, Marshmallows, einer großen Brezel und mit Tischlichtern, die Kinder der Wiblingwerder Grundschule extra gebastelt hatten. „Ein bisschen Licht für die dunkle Jahreszeit“, sagt Richter.
Ein Meer aus Laternen
Als am Samstagabend die Menschen vor der Grundschule zusammenkommen, um dem kleinen Impuls von Kathrin Richter und Eva Müller zu lauschen, wurde klar: Dieser Zug wird wieder groß.
Hunderte Laternen erhellten den Weg – gebastelt in Kitas, Schulklassen und an Küchentischen. Da schwebten Sterne neben Eulen, getupfte Papierkürbisse neben kunstvollen Transparentlaternen. Selbst die Jüngsten waren dabei: Viele Eltern hatten ihre Kinderwagen mit Lichterketten geschmückt, die im Dunkel funkelten wie kleine mobile Laternenfahrzeuge.
Seit Jahren dabei: das Blasorchester Altena, das mit warmen Klängen das musikalische Herz des Zuges bildete. Mit den ersten Tönen von „Ich geh mit meiner Laterne“ begann die Menge zu schwingen – ein kleiner Fluss aus Licht, Klang und Kinderlachen.
Vorneweg: Schimmel Merlin. Majestätisch, ruhig, scheinbar vertraut mit seiner Aufgabe, trug er den St. Martin durch die Straßen bis zur ehemaligen St.-Josef-Kirche. Viele Kinder schauten staunend zu dem Martin - der vielleicht eher eine Martina war - hinauf. Manche flüsterten ehrfürchtig: „Da ist er.“
Vor der Kirche begann der gemütlichste Teil des Abends: Bratwurst, Punsch und Brezeln – diesmal zum größten Teil komplett kostenlos. Die Menschen standen zusammen, Kinder wuselten zwischen Beinen hindurch, während der Rauch der Grillstationen in die kalte Luft stieg. Es wurde geplaudert, gelacht, erinnert – und manchmal einfach nur geschaut, wie die Laternen noch ein letztes Mal aufleuchteten.
An diesem Abend wurde einmal mehr klar: Dass die Pfarrei St. Matthäus dafür den Heimatpreis erhielt, wirkt nach diesem Abend fast wie eine Fußnote. Denn der wahre Preis ist ein anderer: Ein Gefühl, das bleibt. Ein Licht, das weitergetragen wird.












