Wildtiere sind scheu. Sie meiden den Kontakt mit Menschen. Manche, wie zum Beispiel der Dachs, sind auch eher nachtaktiv. LokalDirket hat nachgeforscht, was in den Wäldern rund um Nachrodt-Wiblingwerde so lebt. Dabei herausgekommen sind viele Aufnahmen. Wo diese Aufnahmen in der Gemeinde entstanden sind, wird nach Rücksprache mit dem Hegering nicht veröffentlicht, um die Tiere zu schützen und ihren ruhigen Lebensraum zu erhalten.
Linda Gessler und Walter Strüning vom Hergering Altena, kennen sich mit Wildtieren aus und geben Einblicke in die Welt der heimischen Tiere. Walter Strüning begleitete jüngst eine Kindergruppe im Rahmen des Ferienprogramms auf Schmitz Pferdeerlebnishof in Rennerde. Wer sich für die Tiere und ihren heimischen Lebensraum interessiert, findet auch auf dem Waldlehrpfad in Wiblingwerde jede Menge Informationen oder kann eine Waldlehrtour beim Hegering anfragen.
Der Hase und die Superfötation
Hasen gibt es deutlich mehr, als manch einer denkt. Doch wie unterscheidet man eigentlich einen Hasen von einem Kaninchen? Walter Strüning weiß es: „Also ganz einfach sieht man es an den Ohren. Der Hase hat längere. Aber wusstet ihr, dass man sie am Unterhemd unterscheiden kann? Pustet man ganz leicht in das Fell, sieht man, dass das Kaninchen ein graues Unterfell hat und der Hase ein weißes. Ihr könnt es euch so merken: Das Kaninchen wohnt im Bau unter der Erde, damit man den Dreck nicht so sieht, hat es ein graues Unterhemd. Der Hase lebt auf der Erde und wird nicht so dreckig. Daher hat er ein weißes.“ Linda Gessler berichtet von der Besonderheit der Superfötation. Der Hase gehört nämlich zu den Tieren, bei denen es zu einer Überbefruchtung, auch Doppelträchtigkeit genannt, kommen kann. „Bei den Hasen kann es zu einer doppelten Trächtigkeit kommen, das heißt, Häsin die bereits tragend ist, kann erneut befruchtet werden, bevor sie die anderen gebärt“, erklärt Gessler.
Das Reh mit dem ruhenden Ei
Rehe gibt es in Nachrodt-Wiblingwerde nahezu überall. Friedlich äsen sie aktuell auf den Wiesen. Gerade sind sie mit ihren Kitzen unterwegs. Sie sind wahre Könige im Bezug auf die Anpassung. Daher kommen sie in Deutschland tatsächlich in allen Regionen vor. In Nachrodt-Wiblingwerde leben sie am liebsten in Waldrandlagen. Auch bei den Rehen gibt es in Sachen Fortpflanzung Besonderheiten. Wie bei Schalentieren üblich, haben auch sie eine Tragezeit von 40 Wochen.
Damit die energiezehrende Brunft und später die Geburt nicht in die nahrungsarmen Jahreszeiten fallen, gibt es eine Eiruhe. Sprich das Ei wird in der Brunft befruchtet, wächst aber nur bis zum Bläschenstadium. Zwischen August und Ende Dezember wächst der Keim sehr langsam und vergrößert sich kaum. Erst danach beginnt der Keim erneut zu wachsen, nistet sich in der Gebärmutter ein und entwickelt sich zum Jungtier. (Mehr zum Thema Rehwild in Nachrodt-Wiblingwerde lesen Sie hier: Kitze retten mit der Drohne)
Wildschweine: Hier hat die Bache das Sagen
„Wildschweine leben tatsächlich immer in einem festen Verband und es gibt immer eine Leitbache, die das Sagen hat“, erklärt Linda Gessler. Auch die Wildschweine sind gerade mit ihren Frischlingen unterwegs. „Ich habe selbst schon einmal eine Rotte beobachtet. Als die Leitbache Gefahr witterte, hat sie geschnaubt und sofort haben sich alle Frischlinge auf den Boden gedrückt und sich nicht mehr gerührt. Das ist wirklich beeindruckend“, erzählt Gessler. Begegnungen mit Wildschweinen bergen jedoch ein gewisses Risiko, gerade in der Zeit mit den Frischlingen. „Eigentlich sind sie Scheu und laufen weg. Wenn man im Wald Wildschweine trifft, sollte man sich ruhig zurückziehen. Fühlen sich die Tiere bedroht, kann es durchaus richtig gefährlich werden“, warnt Gessler.
Der Fuchs, ein Meister der Mäusejagd
„Bei einem Fuchs beobachte ich am liebsten, wenn er sich bei der Mäusejagd kopfüber auf den Boden stürzt“, erzählt Linda Gessler. Füchse seien begnadete Jäger. „Wenn es viele Füchse gibt, dann gibt es auch viele Mäuse“, erklärt die Jägerin das eigentlich simple Prinzip. Aktuell gibt es viele Mäuse. Das ist ein echtes Problem, wenn es zum Beispiel um die Neuanpflanzungen von Bäumen geht. Denn Mäuse lieben frische Wurzeln. Und auch auf Grün- und Ackerland können sie massive Schäden anrichten, wenn die Population zu groß ist.
„Der Fuchs ist also in der Hinsicht wirklich wichtig für den Wald“, erklärt Gessler. Allerdings stehen auf seinem Speiseplan auch viele andere Tiere. Ein Kitz, ein Frischling, Vögel – alles was klein ist, wird gejagt.
Dachse: Nur mit Glück zu sehen
Dachse sind äußerst selten zu sehen. Wer Glück hat, sieht einen die Straße queren. Aber selbst das ist selten. Lediglich einen Wildunfall mit einem Dachs gab es in den vergangenen fünf Jahren in Nachrodt-Wiblingwerde. Was Spaziergänger hingegen häufiger sehen, sind die Bauten. An einigen Wanderwegen gibt es große Einstiege. Dachse leben nämlich in komplexen Höhlen, die über Generationen hinweg weiter ausgebaut werden. Die Dachsbauen bestehen aus zahlreichen Wohnkesseln, Tunneln und Schächten zur Belüftung.

Nein, kein Steinbock, sondern ein Mufflon
Wer Glück hat und Muffelwild in den Wäldern an den Hängen entdeckt, könnte schon meinen, er sei in den Alpen. Mufflons sind eigentlich nicht heimisch in den Wäldern, haben sich aber in einigen Gebieten seit Jahren niedergelassen und sorgen immer wieder für verzückte und ungläubige Blicke. Mufflons sind die weltweit kleinsten Wildschafe und stammen eigentlich ursprünglich aus Korsika und Sardinien.
Laut Informationen des Deutschen Jagdverbands wurden die ersten Mufflons erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts im ehemaligen Schlesien und dem Thüringer Teil des Harzes ausgewildert. Die Mufflons sind sehr scheu. Einen Menschen erkennen sie auf bis zu 1000 Meter Entfernung. Droht Gefahr, stampft ein Tier mit den Vorderbeinen und gibt einen Warnpfiff ab. Sofort rottet sich das Rudel um das Leitschaf.

Damwild mit prächtigem Geweih
Als im April die Polizeimeldung „Wildunfall mit Hirsch“ veröffentlicht wurde, zweifelte manch ein Nachrodt-Wiblingwerder am Verstand der Polizisten. Ein Hirsch? So etwas gibt es in Nachrodt-Wiblingwerde nicht. Maximal einen Rehbock. Doch wie sich herausstellte, war es tatsächlich ein Hirsch – und zwar ein Damhirsch. Es war der erste Unfall in Nachrodt-Wiblingwerde mit einem solchen Tier. Sie sind sehr selten zu sehen. Früher waren die Tiere in Mitteleuropa weitverbreitet. Während der Eiszeit zogen sich die Tiere jedoch nach Südosteuropa und Vorderasien zurück. Nach Deutschland kamen die Tiere im 16. Jahrhundert. In Dänemark hatte es Zuchtbestände gegeben, aus denen Tiere ausgewildert wurden. Daher stammt auch der Name Damwild. Früher auch Dänenwild genannt. Charakteristisch ist das große Geweih der Hirsche und das gepunktete Sommerfell.
Natürlich gibt es noch viel mehr Tiere in den Wäldern Nachrodt-Wiblingwerdes. Die Mitglieder des Hegerings appellieren an Waldbesucher, immer auf den Wegen zu bleiben und Hunde an der Leine zu führen. Denn nur so könne das Wild sich in seinem Lebensraum in den heimischen Wäldern wohl und sicher fühlen.