Es ist Mittwochmorgen, 6 Uhr. Christian Pühl ist schon eine ganze Weile in Rennerde. Er ist in Eile, baut gerade seine Drohne samt Technik auf. „Unser Zeitfenster ist recht klein. Zum einen, weil die Landwirte schnell anfangen möchten zu mähen, zum anderen, weil sonst der Temperaturunterschied zu groß wird, dann wird das Suchen deutlich komplizierter und damit langsamer“, erklärt der Drohnenpilot. Christian Pühl ist Jäger und als solcher liegt ihm der Schutz der Rehe sehr am Herzen. „Wir sind im Hegering eine größere Gruppe, die die Drohne fliegen kann. Aber nicht alle können so flexibel wie ich“, erklärt er.
Bevor es die Aktion gab, sind jährlich Kitze ums Leben gekommen. Das Problem ist, dass sie nicht wegrennen, sondern bei Gefahr ganz still im hohen Gras liegen bleiben. Die Landwirte sind daher froh über das Angebot des Hegerings. Alle Landwirte im Höhengebiet nutzen es inzwischen. „Ein Kitz rechtzeitig vom Schlepper aus zusehen, wäre wirklich Zufall. Meist springen die Ricken im Gras rum und man wird dadurch auf ein mögliches Kitz aufmerksam“, erklärt Landwirt Carsten Gessler. Er bewirtschaftet die Flächen, die gerade abgeflogen werden. Oft sei er dann abgestiegen und habe gesucht. Häufig habe er so ein oder sogar zwei Kitze retten können. Zwillinge seien nämlich keine Seltenheit bei Rehen.

„Von der Drohne mit Wärmebildkamera bin ich wirklich fasziniert. Mir ist nicht bekannt, dass ein Kitz in einer zuvor abgesuchten Fläche zu Schaden gekommen ist“, erzählt der Landwirt. Auch an diesem Morgen findet Christian Pühl ein Kitz. Es liegt in der Nähe zum Waldrand im Gras. Vorsichtig nähert er sich dem kleinen Tier und stülpt einen Korb über das Kitz. Zudem wird die Stelle mit einer roten Fahne markiert. „Das ist in der Regel kein Problem für die Tiere. Die Mütter sind meistens eh nicht bei den Kitzen, um sie nicht zu gefährden. Der Landwirt mäht jetzt und anschließend kommt der zuständige Jäger für dieses Gebiet und lässt das Kitz wieder frei“, erklärt Christian Pühl. Im engen Dialog gelinge es, die Tiere so zu retten.
„Früher haben wir meist am frühen Abend Kitze gesucht, da wir Jäger, Nachbarn und Freunde hatten, die nach Feierabend bereit waren, uns zu helfen“, erzählt Carsten Gessler. Im Abstand von fünf bis sechs Metern habe man die Flächen abgesucht. „Oft hat man lange kein Kitz gefunden, weil sie noch gar nicht geboren waren. Da lässt die Motivation und Aufmerksamkeit auch schnell nach. Mit der Drohne werden jetzt alle Flächen abgeflogen und wir schaffen in kurzer Zeit große Flächen – mit, für meine Begriffe, unwahrscheinlich hoher Sicherheit“, sagt der Landwirt.