Angekommen: Seit seiner Ankunft in Schalksmühle im Jahr 2015, während der Flüchtlingskrise, hat sich die Volmegemeinde für den Iraner zu einer zweiten Heimat entwickelt. Er hat das „Dorf“ lieben gelernt und sich ein Ziel gesetzt: eine erfolgreiche Integration.
Trotzdem kann der 43-Jährige seine Wurzeln im Iran nicht vergessen. „Die Heimat bleibt die Heimat“, sagt Heidarpour und spricht von gelegentlichem Heimweh. Doch eine Rückkehr in sein Heimatland ist für ihn zu gefährlich, da er dort religiöser Verfolgung ausgesetzt wäre.
Wenn der Glaubenswechsel zum Verbrechen wird
„Ich habe Jesus lieben gelernt“, sagt der gelernte Kaufmann im Gespräch mit LokalDirekt. Vor etwa zehn Jahren konvertierte Heidarpour zum Christentum – heimlich. Denn: Konvertierte Christen bilden im Iran eine Minderheit und sind strenger Beobachtung und Verfolgung ausgesetzt, erklärt er. Der iranische Geheimdienst hat seine Augen und Ohren überall. Als dann sein Pastor inhaftiert wurde, erkannte Heidarpour, dass er fliehen musste. „Ich musste weg. In drei Tagen habe ich alles verkauft: Mein Haus, mein Auto, alles“, beschreibt Heidarpour die damalige Situation.
Dass er in einer kleinen Gemeinde in Nordrhein-Westfalen landen würde, war ihm zum damaligen Zeitpunkt nicht bewusst. Seine Flucht führte ihn von der Türkei über Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn. Zwischenzeitlich war eine Reise auf einem Schlauchboot notwendig. Heidarpour erinnert sich an die Strapazen: „Acht Stunden lang musste ich mit sechs weiteren Flüchtlingen von der Türkei zu einer griechischen Insel paddeln. Meine Kräfte waren am Ende. Ich konnte nicht mehr“. Doch 55 Tage später, am 9. September 2015, erreichte Heidarpour um sieben Uhr morgens München. Von dort aus ging es weiter nach Dortmund, wo er seinen ersten Eindruck von Deutschland sammelte. „Alles war so ordentlich und gut organisiert. Wir wurden am Bahnhof freundlich begrüßt, es gab Menschen mit ‚Herzlich willkommen‘-Bannern, die für uns applaudierten“, erinnert sich Heidarpour lächelnd.
Heidarpour lernt die Gemeinde kennen
Heidarpour kann sich noch gut an seinen ersten Besuch in Schalksmühle erinnern und an die Vorurteile, die er anfangs hatte: Wenige Häuser, viel Landschaft, einige Kühe und ein einziger Supermarkt. „Ich dachte, dass ich hinter die Berge geschickt worden bin“, schmunzelt er an die Erinnerungen. Doch Heidarpour erkannte schnell, dass Schalksmühle mehr zu bieten hatte. Er strebte eine schnelle Integration an und begann damit, die deutsche Sprache zu lernen.
Hierfür war das Sprechen und Verstehen der erste Schritt. Neben den wöchentlichen Sprachkursen im Begegnungszentrum halfen ihm soziale Kontakte zu deutschsprachigen Menschen dabei, die deutsche Sprache zu verinnerlichen. Dies geschah auf unterschiedliche Weisen: Er ging in die Kirche, besuchte Männerabende oder suchte beispielsweise Gespräche mit Ehrenamtlichen. Es ging aber auch auf eine andere Art und Weise: „Ich bin im Zug auf ältere Leute zugegangen und habe mit ihnen zum Beispiel über das Wetter gesprochen. Neue Wörter und Sätze habe ich so aufgreifen und lernen können“, erklärt er.
Die Bedeutung ehrenamtlicher Hilfe
„Hier ist mein zweites Zuhause“, sagt Mehdi Heidarpour und verweist stolz auf das Begegnungszentrum. Mit der Eröffnung des Flüchtlings-Treffpunktes im Jahr 2016 wurde der Ort zu einer seiner wichtigsten Anlaufstellen. „Ohne die Unterstützung von Menschen wie Uwe Rittinghaus oder Irmtraud Quenzel wäre ich nicht so weit gekommen“, betont Heidarpour die Bedeutung der Flüchtlingshilfe in Schalksmühle. Ohne diese Hilfe wäre es ihm schwergefallen, seine guten Deutschkenntnisse zu erlangen, seine Ausbildung als Verfahrensmechaniker abzuschließen und eine Wohnung zu finden. „Ich bin in Schalksmühle angekommen. Es ist zu meiner Heimat geworden“.