Was für viele wie ein Traum klingt, ist für Dr. Tobias Schmenn schon längst keine Besonderheit mehr - denn neben seiner Beschäftigung in der Sportklinik Hellersen in Lüdenscheid betreut der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie auch die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft als Mannschaftsarzt. Zuletzt hat er das Team während der Europameisterschaft (EM) in der Schweiz begleitet.

Es war nicht das erste Mal, dass der Facharzt das Nationalteam unterstützte. Schon 2022 reiste er mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft zur EM nach England, ehe ein Jahr später die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland folgte.

Vor drei Jahren betreute er die Mannschaft zwar erstmals bei einem großen Turnier, doch bereits 2019 startete Schmenn - zunächst aushilfsweise - seine Tätigkeit im ärztlichen Team: „Ich habe mich 2017 initiativ beim DFB beworben, wo ich zunächst die männlichen Juniorenmannschaften betreute", erklärt Dr. Tobias Schmenn. „Über meinen Kollegen aus der Sportklinik Hellersen, Dr. Bernd Lasarzewski, der zuvor Mannschaftsarzt der Frauen-Nationalmannschaft war, kam ich ab 2019 aushilfsweise in das ärztliche Team und habe 2021 schließlich vollständig seine Nachfolge übernommen."

Tagesablauf bei der Nationalmannschaft

Seine Hauptaufgabe besteht in der medizinischen Betreuung der Spielerinnen – sowohl im Vorfeld eines Turniers als auch währenddessen. „Wir führen zunächst sogenannte Eingangsuntersuchungen durch. Dazu gehören die medizinische Anamnese, ärztliche sowie physiotherapeutische Untersuchungen und Rücksprachen mit den Vereinsärzten", erklärt Dr. Tobias Schmenn auf Nachfrage von LokalDirekt.

Während des Turniers gehört dann die tägliche Überprüfung des Gesundheitszustands jeder einzelnen Spielerin dazu – sei es bei Verletzungen, akuten Beschwerden oder zur allgemeinen Belastungssteuerung. Der Tagesablauf sei dabei eng getaktet und von regelmäßigen Abstimmungen im medizinischen Team geprägt, berichtet der Facharzt.

Insgesamt besteht das medizinische Team aus einem Arzt, drei bis vier Physiotherapeuten sowie einem Athletiktrainer, der gleichzeitig eine Funktion im Trainerteam übernimmt. „Ich teile mir die ärztliche Betreuung mit meinem Kollegen Carsten Lueg, der zuvor ebenfalls viele Jahre an der Sportklinik Hellersen tätig war", so Schmenn. In diesem Jahr übernahm Lueg die ersten beiden Gruppenspiele, bis Dr. Tobias Schmenn im dritten Gruppenspiel gegen Schweden dazustieß.

Enger Austausch im Team

„Durch den täglichen Austausch im Team und die enge Betreuung der Spielerinnen entsteht ein sehr vertrauensvolles Verhältnis. Dieses braucht es auch, um das Miteinander zu stärken, was entscheidend ist für eine erfolgreiche Betreuung", so der Mannschaftsarzt.

Ein intensiver Austausch findet insbesondere bei Verletzungen statt. „Natürlich sind Arzt und Physiotherapeut bei einer solchen Verletzung unmittelbar vor Ort und oft die Ersten, die mit der Spielerin in Kontakt treten", sagt Schemn, der erklärt, dass es oft darauf ankomme, die Art der Verletzung in einem verständlichen und angemessenen Ton zu vermitteln. „Die weitere emotionale Verarbeitung findet jedoch oft im Austausch zwischen den Spielerinnen selbst statt und später auch durch die Unterstützung von Familie und Freunden. Jeder unterstützt auf seine Weise – immer in dem Rahmen, den die verletzte Spielerin zulässt. Denn der Umgang mit einer solchen Situation ist so individuell wie der Mensch selbst."

Deutschland vs. Spanien - 0:1. Enttäuschung oder Stolz?

„Unmittelbar nach dem Ausscheiden bei der EM überwog zunächst die Enttäuschung. Die Gesichter der Spielerinnen haben nach dem Halbfinale Bände gesprochen", berichtet Dr. Tobias Schmenn. Auch die Rückfahrt ins Hotel sei von Wehmut geprägt gewesen, doch nachdem ein bisschen Zeit vergangen war, habe sich seine Sichtweise und auch die des Teams geändert: „Wenn nach ein paar Tagen sichtbar wird, welche Wirkung die Mannschaft durch ihren Zusammenhalt und ihre Willenskraft in Deutschland erzielte, stellt sich nach und nach auch eine gewisse Freude und Zufriedenheit ein. Ich hoffe, dass die Spielerinnen diesen Stolz ebenso empfinden."

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