Die Kinder sind schon aufgeregt. „Heute kommt eine echte Polizistin“, berichtet Max. Mit seinen Vorschulfreunden nimmt er heute an der Verkehrserziehung teil. Der Fußgänger-Pass ist seit Jahrzehnten Bestandteil der Vorschulzeit. Die Anforderungen an die Kinder werden jedoch immer komplexer. „Richtig sicher bewegen sich 14- bis 15-jährige im Straßenverkehr“, betont die Expertin. Bis dahin heißt es: Üben, üben und nochmal üben. Denn nur weil ein Kind den Fußgängerpass bekommt, bedeute das noch lange nicht, dass es von da an alleine im Straßenverkehr unterwegs sein kann.
„Normalerweise kommt die Polizei ja nur, wenn etwas passiert ist. Aber es ist wichtig, dass die Kinder keine Angst vor uns haben und sehen, dass wir auch nur Menschen sind, auch wenn wir Uniform tragen“, erzählt Christina Kraus. Am liebsten würden die Kinder sofort mit ihr loslaufen. Denn sie wissen schon genau, was heute passiert: „Wir dürfen heute alleine über eine Straße gehen“, berichtet Leo. Doch bis es los geht, dauert es noch eine Weile. Denn erst sind die Eltern der Kinder dran.
„Es ist mir total wichtig, die Eltern mit ins Boot zu nehmen. Denn letztlich sind sie es, die mit den Kindern üben müssen und die die Duplikatoren sind“, erklärt die Fachfrau. Und so macht sie es sich mit den Eltern in dem kleinen Büro des Kindergartens gemütlich. Und erklärt erst einmal welche Programme es überhaupt gibt, die die Kinder automatisch durchlaufen. Dem Fußgänger-Pass folgt in der Grundschule noch der Fahrradpass und in den weiterführenden Schulen der sogenannte Crashkurs für Fahranfänger.
Doch heute dreht sich alles um die ganz jungen Verkehrsteilnehmer. „Ganz wichtig, heute geht es um drei Begriffe und die müssen alle Kinder kennen: Fahrbahn, Gehweg und Stoppstein“, appellierte Christina Kraus an die Eltern. Gemeinsam überlegten die Eltern erst einmal, unter welch anderen Bedingungen sich die Kinder im Straßenverkehr bewegen im Vergleich zu den Erwachsenen. „Sie sind kleiner“, sagte eine Mutter. „Stimmt und das ist ein Problem, insbesondere, wenn es darum geht, zwischen zwei Autos die Fahrbahn zu überqueren“, erklärt Christina Kraus. Denn die Kinder können nicht nur nicht über das Auto blicken, sondern meist auch nicht am Seitenspiegel vorbei, dieser befindet sich für die meisten Kinder nämlich genau auf Kopfhöhe.

„Außerdem haben Kinder ein eingeschränktes Sichtfeld. Wir können, wenn wir die Arme seitlich ausstrecken unsere Finger sehen. Kinder können das noch nicht. Entsprechend sehen sie Gefahren, die wir längst erkennen nur, wenn sie den Kopf drehen“, warnte die Polizistin. Des Weiteren hätten Kinder ein großes Problem mit der Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten. „Da ist dann auch schonmal Ihre Geduld gefragt“, kündigte Christina Kraus den Eltern an. Viele Kinder blieben, sobald sie ein Auto kommen sehen, lieber stehen und warten, obwohl Erwachsenen klar sei, dass sie durchaus noch problemlos vorher die Straße überqueren können. „Wichtig: Drängen Sie Ihre Kinder nicht. Lassen Sie sie warten und Ihre Entscheidung treffen.“ Alternativ könnten die Eltern Punkte vereinbaren: „Zum Beispiel: Du guckst bis zu dem großen grauen Haus und auf der anderen Seite bis zu dem dicken Baum. Wenn da kein Auto ist, kannst du gehen.“
Die kleinen Kinder seien zudem noch gar nicht gewöhnt, so wichtige eigene Entscheidungen zu treffen. „Die Kinder gucken gleich mindestens links, rechts, links. Manche Kinder gucken aber auch mehr, das ist in Ordnung. Sie sollen sich ja sicher fühlen. Es kann auch wirklich sein, dass die Kinder danach müde sind. Das ist eine große Aufgabe für sie.“ Die Erwachsenen bekamen sogar eine Hausaufgabe. Einen Zettel mit Übungen, den sie bis nach den Osterferien mit ihren Kindern absolvieren sollen. „Der Fußgängerpass setzt sich aus vier Puzzleteilen zusammen, die die Kinder nach und nach bekommen: Dem Termin mit Christina Kraus, der Hausaufgabe mit den Eltern, dem Üben im Kindergarten und dem Besuch des Bezirksbeamten zum Abschluss.“
Nach den Erwachsenen bekamen die Kinder die Theorie erklärt. Und dann ging es auch schon auf die Straße. Auf Wunsch der Eltern ging es in den Bereich Schule, Betreuungsräume der Schule, Turnhalle und Spielplatz. Es wurde also dort geübt, wo sich die Kinder demnächst auf dem Schulweg bewegen werden. Die Kinder bekamen erst einmal die Aufgabe, genau ihre Eltern zu kontrollieren, ob sie auch alles richtig machen. Das fing schon damit an, dass die Eltern auf der richtigen Seite laufen. „Die Großen schützen die Kleinen. Die Eltern laufen also auf der Fahrbahnseite“, erklärte Christina Kraus. An den Kreuzungen war der Polizistin vor allem wichtig, dass die Kinder vor dem Stoppstein, also der Bordsteinkante anhalten und sich Zeit nehmen zu gucken. „Mama, du stehst im Weg, ich kann nichts sehen“, sagt Leon. Und bekommt dafür Lob: „Das hast du gut gemacht, du musst dir das so machen, dass du gut sehen kannst.“

Wenn Autofahrer Kinder an der Fahrbahn sehen, halten sie oft an. „Eigentlich ist das total nett gemeint. Aber super gefährlich“, warnt Christina Kraus. Denn die Kinder würden dann die Straße überqueren, aber nicht sehen, ob vielleicht jemand überholt. „Deswegen kommt dann der Winkearm zum Einsatz. Ihr streckt den Arm ganz gerade nach vorne und winkt die Autos weiter. Erst dann geht ihr über die Straße“, appellierte die Polizistin an die Kinder.
Für das Überqueren der Fahrbahn an sich, gibt es eine einfach Regel: „Nicht rennen und nicht pennen.“ Außerdem sollten die Hände aus den Taschen genommen werden, um sich bei einem Sturz schnell abstützen zu können. Im Rahmen der Verkehrserziehung wurde den Eltern erst einmal deutlich, wie viele Hauseinfahrten es an der Strecke gibt, denn auch in die müssen die Kinder reinschauen. „Wir können uns sicher sein, dass ein Auto steht, wenn die Räder still stehen, niemand im Auto sitzt und die Spiegel eingeklappt sind“, erklärt Marlene die Regel.