Pressesprecher Andreas Berg beantwortete diese schriftlich. Anbei die Zusammenfassung der Fragen und Antworten im Wortlaut, die noch nicht in der aktuellen Berichterstattungen vom heutigen Donnerstag, 8. Februar, enthalten sind:
Es gibt einen Brandbrief der heimischen UWG-Politiker an den Verkehrsausschuss, in dem heißt es wörtlich: „Keiner in Nachrodt-Wiblingwerde glaubt daran, dass die Brücke in drei Wochen wieder befahrbar ist. Dafür hat uns Straßen.NRW schon zu oft enttäuscht.“ Jetzt scheint es ja – und das haben wir gestern auch so berichtet – doch zu klappen mit der schnellen Notreparatur des Pfeilers. Können Sie dennoch den Frust der Nachrodt-Wiblingwerder verstehen? Und würden Sie sagen, dass in der Vergangenheit etwas falsch gelaufen ist? Und wenn ja, was genau?
Andreas Berg: „Ja, man kann den Frust der Bürger über diese Sperrung verstehen. Da bereits im Jahr 2006 die Vorzugsvariante mit politischen Beschlüssen und Zusagen versehen worden war, führten nachträglich herangetragene, jahrelangen Kontroversen sowie unterschiedlichen Auffassungen verschiedenster Stakeholder in Konsequenz zu einem zeit- und ressourcenintensiven Planfeststellungsverfahren. Bei einer Aufrechterhaltung der v. g. politischen Beschlüsse und Zusagen wäre eine Baurechtsschaffung mittels Fall unwesentlicher Bedeutung bereits frühzeitig erfolgt.“
Eine besondere Rolle in der ganzen Geschichte um die Brücke spielt ein Grundstückseigentümer. In den sozialen Medien ist zu lesen, dass immer wieder gesagt werde, er habe kein Angebot von Straßen.NRW bekommen. Und auch, dass er immer noch auf einen Termin mit Ihnen warte. Stimmt das? Haben Sie nie versucht, mit dem Grundstückseigentümer zu reden? Sehen Sie eine Lösung? (…) Werden Sie noch einmal an einem Tisch sitzen? Werden Sie noch einmal von sich aus auf ihn zugehen? Haben Sie noch Alternativen oder lassen Sie es auf die Klagen und einen Endlos-Prozess ankommen? (Anm. d. Red.: Diese Fragen enthielten im Original noch recherchierte Hintergrundinformationen, die aufgrund des Persönlichkeitsrechts nicht veröffentlicht werden. Im Rahmen der Veröffentlichung begrenzen wir uns daher auf die reinen Fragen.)
„Die Fragen werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Zu bilateralen Gesprächsinhalten hinsichtlich privatrechtlicher Angelegenheiten wird in Anbetracht des gebotenen Vertrauensschutzes keine öffentliche Stellungnahme erfolgen.“
Erklären Sie bitte noch einmal, warum dieser Hochwasserschaden Ihrer Meinung nach nicht absehbar war. Für viele Bürger und auch Kommunalpolitiker ist es unverständlich. Da steht eine marode Brücke, die schon vor zwei Jahren eine gleiche Einschätzungsnote hatte wie die Rahmedetalbrücke vor Ihrer Sperrung – nämlich eine 3,7. Dass die Brücke massive Probleme hat, ist seit Jahren bekannt. Das Weihnachtshochwasser war kein Hochwasser wie die Flut 2021, sondern eines, von dem wir normalerweise mehrere pro Jahr haben. Wieso sind die Schäden so massiv? Hätte eine intakte Brücke dem standgehalten oder haben die Vorschäden keinerlei Einfluss auf den aktuellen Schaden?
„Die Tragsysteme der Bauwerke sind nicht miteinander vergleichbar. Auf Schäden, die durch Wasser verursacht werden, haben wir wegen der Unvorhersehbarkeit kaum einen Einfluss, da diese durch die ständigen Änderungen des Wasserstandes und der Strömung entstehen können. So haben wir eine kritische Schadensentwicklung seit dem Weihnachtshochwasser festgestellt, die zuvor nicht stattgefunden hat. Der vorherige Zustand war uns bekannt. Nach den heutigen Regeln der Technik würde ein solches Bauwerk hochwasserresistenter gebaut. Es werden z.B. weniger Pfeiler im Wasser eines Flusses errichtet.“
Sie gehen davon aus, dass nach Fertigstellung des Pfeilers der Verkehr wieder fließen kann. Was macht Sie so sicher, dass die anderen Pfeiler nichts haben? Bürgermeisterin Birgit Tupat hat ganz klar gesagt: „Wir glauben erstmal an nichts. Bevor wir nicht schriftlich haben, dass alles in Ordnung ist, wird hier keine Brücke mehr abgebaut.“ Können Sie ihr das zeitnah versichern?
„Der Zustand des Brückenpfeilers vor dem Dezemberhochwasser ist bekannt. Die seinerzeit dort festgestellten Schäden hatten bis dahin keinen Einfluss auf die Standfestigkeit des Bauwerks.“
Unserer Redaktion liegt ein Schreiben eines ehemaligen Straßen.NRW-Mitarbeiters vor. Er sagt ganz klar: „Warum hier insbesonders spätestens nach Sperrung der Rahmedetalbrücke kein Plan B erfolgte, ist mehr als leichtsinnig.“ Der Zustand der Nachrodter Brücke sei mehr als 15 Jahren bekannt. Der fehlende Plan B wird Straßen.NRW auch von der Verwaltung vorgeworfen. Warum gab es keinen? Dass irgendwann eine Sperrung kommen würde, war ja mehr als wahrscheinlich. Welche Lösungen hätten Sie für die Einhaltung von Brandschutzbedarfsplan oder zur Ermöglichung des Schülerverkehrs gehabt? Oder ist das einfach nicht Ihre Baustelle?
„Plan B sind die seit Oktober laufenden Instandsetzungsarbeiten. Hier sind seit Beginn der Arbeiten entsprechende Tätigkeiten erfolgt. Der Schaden, der zur jetzigen Sperrung führte, ist erst in der 4. KW 2024 aufgetreten und festgestellt worden.
Es ist nicht möglich, dass für alle potenziell denkbaren Schadensbilder an unseren Bauwerken vorbeugend Planungen erbracht und vorgehalten werden können. Dieser Plan B greift aber nur solange, wie das alte Bauwerk durch Instandsetzungsarbeiten verfügbar gehalten werden kann. Zur geplanten Neubaumaßnahme gibt es keine Alternative, die das bauliche Umfeld besser schützt, die die Hochwasserprävention überhaupt ausreichend bedient und die die Aufrechterhaltung des Verkehrs während des Brückenneubaus gewährleistet.“

In dem Schreiben an unsere Redaktion heißt es weiter: „Das Schlimme ist halt, dass nicht ein Behördenleiter, der vom steuerzahlenden Bürger sozusagen in der Funktion als Arbeitgeber bezahlt wird, pragmatische-sinnige und umweltschonende Ideen in deren Sinn umsetzt. Nicht einer war während dieser Zeit dazu fähig, in Anbetracht der Wichtigkeit dieser Brücke (genau wie bei der Rahmedetalbrücke) bei jeder sich bietenden Gelegenheit gehörig auf den Tisch zu hauen. Da klagte man lieber über zu wenig Personal und beschäftigte sich mit vollkommen überflüssigen umweltschädlichen Brückenquerverschüben oder der farblichen Gestaltung von Lärmschutzwänden. Übrigens Brückenquerverschube sind nur ganz, ganz selten erforderlich. Sie verursachen Kosten bis 30 % des gesamten Brückenbaus, bei Lennetalbücke ca. 20- 30 Mill., sind umweltschädlich da Provisorien gebaut und abgebrochen werden und zeitaufwendig. Auch bei der Rahmedetalbrücke war ursprünglich, überflüssiger Weise auch ein Querverschub geplant.“ Stimmt das alles oder ist das so nicht richtig?
„Seit 2006 gibt es eine Vorzugsvariante für das Ersatzbauwerk im Zuge der B236 über die Lenne. Die Planungen des Ersatzneubaus werden in Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit seit vielen Jahren und zum Teil sehr kontrovers betrachtet mit unterschiedlichen Auffassungen, wie eine Umsetzung erfolgen soll. Auch dies hat die Durchführung eines aufwendigen Planfeststellungsverfahrens anstelle einer einfachen Plangenehmigung erforderlich gemacht. Die Ihnen vorliegenden Einlassungen, die wir auch eindeutig zuordnen können, sind schon seit längerem bekannt. Sie lassen die komplexen Anforderungen, die den Verkehr weiterhin während einer Baumaßnahme ermöglichen müssen, außen vor. Dabei wird übersehen, dass Teilnutzungen alter Bauwerkssubstanz wegen ablaufender Nutzungsdauern auch von Teilbauwerken nicht nachhaltig und zukunftsfähig ist. Die zukünftig zu berücksichtigenden Lastannahmen geben alten und sehr alten Brückenkonstruktionen in den meisten Fällen keine Chance. Auch die vorhandene Lennebrücke mit Baujahr 1850 ist da chancenlos.“
Ich habe dieser Mail im Anhang den Brief der Fraktionen und der Verwaltung angehangen. Da geht es vor allem auch um die Zeitschiene. Auch sind darin Vorwürfe und Fragen enthalten. Könnten Sie dazu auch Stellung nehmen?
„Die Fragestellungen in diesem Schreiben richten sich an den Minister und werden von Straßen.NRW nicht im Vorgriff beantwortet.„
Das THW wirkt eigentlich ein wenig wie eine deutsche Eiche. Heute (Anm. d. Red.: Diese Anfrage ist nicht tagesaktuell) war aber doch hier und da ein wenig Unmut zu spüren. Der Grund: Die Baumfällarbeiten. In Kombination mit dem steigenden Pegel und den schnelleren Fließgeschwindigkeiten wurden viele Äste angespült. Für die Brücke an sich kein Problem, aber für die Technik. Das Team aus Bergkamen musste deutlich öfter anrücken. Waren diese Arbeiten abgesprochen? Waren sie zum jetzigen Zeitpunkt wirklich erforderlich? Diese Frage wurde in Nachrodt kontrovers diskutiert. Was ist Ihre Meinung dazu?
„Die Fällarbeiten werden mit einem großen Fällbagger durchgeführt. Hierbei fasst der Ausleger den Stamm und sägt diesen ab. Durch die dort befindlichen Bäume (in der Mehrzahl Eschen, mit dem Krankheitssymptom Eschentriebsterben) kann schon bereits vorhandenes Totholz in die Lenne fallen. Hierbei handelt es sich aber meist um kleinere Äste. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Wetterlage mit starkem Wind und Dauerregen viel Totholz von den an der Lenne befindliche Bäumen abgebrochen sind und in die Lenne gefallen sind.
Durch die Vollsperrung ist die Fällung der Bäume vorgezogen worden, da keine zusätzliche Verkehrsführung eingerichtet werden muss. Die hätte auch wieder zu Verkehrsbehinderungen geführt. Diese werden somit vermieden. Weiterhin dürfen Baumfällarbeiten nur bis Ende Februar erfolgen.“
Schadet das vermehrte Treibgut nicht auch dem noch nicht ganz getrockneten Beton am Pfeiler? Von vorherigen Hochwasserereignissen wissen wir um die Gefahren, die von Treibgut ausgehen, auch wenn es keine Baumstämme, sondern nur dicke Äste sind. Hat die eine Maßnahme des Landesbetriebs somit die andere gar gefährdet?
„Die Betonage ist unter dem Wasserspiegel am Fundament erfolgt, so dass Treibgut keine Einfluss darauf hat.“