Der Handball-Drittligist SGSH Dragons hat das für heute, 4. Oktober, angesetzte Meisterschaftsspiel bei Interaktiv.Handball Düsseldorf-Ratingen wenige Stunden vor dem Anwurf abgesagt. Als Grund führt der Verein über seine sozialen Medien die lange Kranken- und Verletztenliste an.
Das Lazarett der SGSH Dragons hatte sich in den letzten Wochen sukzessive bereits immer weiter gefüllt; zuletzt gelangen dem Drittligisten, der nach sechs Spielen noch auf die ersten Punkte wartet, mit einem Rumpfkader zumindest Achtungserfolge. Bereits an dieser Stelle war jedoch abzusehen: Wettbewerbsfähig sind die Dragons mit einer Ausfallliste, die länger als ein Einkaufszettel daherkommt, nicht. Gab man sich nach der zweiten aufeinanderfolgenden Absage einer angefragten Spielverlegung noch zuversichtlich-kämpferisch, zogen die Sauerländer nun kurz vor dem Anwurf die Reißleine und sagten die Partie kurzerhand selbst ab.
Fünf Spieler hätte die SGSH stellen können - ein Auffüllen mit Spielern aus der zweiten Mannschaft war aufgrund des parallelen Spiels der zweiten Reihe in Unna nicht möglich. Bei allem Pech, das die Dragons schon seit der Saisonvorbereitung krankheits- und verletzungsbedingt verfolgt, bleibt die Frage, ob sich der Kader der Tragweite der aktuellen Situation in vollem Umfang bewusst ist: Die Gebrüder Jannack etwa hätten das Spiel in Düsseldorf aus privaten Gründen verpasst - angesichts der prekären Lage im Sauerland ein vielseitig deutbares Zeichen. Gleichwohl stellt sich die Frage, inwieweit der Verband bei zwölf (!) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die der SGSH vorliegen, gefordert ist, Vereinen die Entscheidung über eine Verlegung abzunehmen.
Faßbender zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Diese Verantwortung hat der Verband unterhalb der 2. Liga jedoch abgegeben: Sobald ein Verein eine zweite Mannschaft stellt - aus welchen Gründen auch immer - ist eine Verlegung nur in Abstimmung mit dem gegnerischen Verein zulässig. Dass sich direkte Konkurrenten, ob moralisch vertretbar oder nicht, im Zweifel für „leichte Punkte“ entscheiden, liegt auf der Hand. Bis zuletzt hatten die Dragons alles versucht, das Spiel stattfinden zu lassen und am Samstagmorgen nochmals um eine Verlegung gebeten - vergebens. „Wir sind in erster Linie Sportsmänner, die jedes Spiel spielen wollen“, sagt SGSH-Coach Faßbender, „in jedem Spiel gibt es die Chance, zu gewinnen.“
Nachdem in Austermann der letzte verbliebene Strohhalm weggenkickt war, blieb den Sauerländern schlussendlich nichts weiter übrig, als die Partie abzusagen. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? „Die Gespräche mit potenziellen Spielern laufen auf Hochtouren, sowohl ich als auch die anderen Verantwortlichen schauen sich links und rechts um“, so Faßbender weiter, der gleichwohl betont: „Spieler, die uns per sofort helfen können und wollen, sind rar.“ Ein Stück weit zollen die Dragons aktuell dem Umstand Tribut, in der Sommerpause keinen adäquaten Ersatz für die schmerzlichen Abgänge gefunden zu haben - und laufen nun Mannschaften, Punkten und Zeit hinterher. Zurückzuführen ist das auf die klaffende Wunde zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Neubeginn am achten Spieltag
Bekanntlich ist es vor dem Morgengrauen am dunkelsten und nachdem man im SGSH-Lager zuletzt wöchentlich dachte, es könne kaum mehr schlimmer kommen, ist man derzeit am absoluten Nullpunkt angekommen, von welchem aus es jetzt wieder bergauf gehen soll: „Sport ist schnelllebig. In der kommenden Woche werden einige erkrankte Spieler - die wir in deren akuten Verfassung einfach nicht aufbieten können, weil es zu gefährlich wäre - ins Training und auf die Platte zurückkehren. Wir machen einen harten Cut und fangen nochmal bei Null an“, gibt der Coach Einblicke in die nächsten Schritte. Dass ist möglich, weil neben den Dragons weitere Teams den Weg aufs Gaspedal noch nicht gefunden haben und ebenfalls tief im Tabellenkeller festhängen. Diesen Umstand will die SGSH nutzen, den Bock umstoßen und ein weiteres Novum tunlichst vermeiden. Dafür bedarf es neben außergewöhnlicher taktischer Maßnahmen auf allen Ebenen jedoch neben dringend benötigten Punkten ein gesünderes Maß an Ernsthaftigkeit auf wie abseits der Platte. An dieser Stelle ist die Vereinsführung mehr denn je gefragt; mit weiterhin leichten Schultern wird die Klasse nicht zu halten sein.