Die gute Nachricht zuerst: Die Asche wirkt wie ein Dünger. Der Boden ist jetzt empfänglich für jegliche Art von Samen. „In fünf Jahren werden Sie die Fläche nicht wiederkennen. Dann haben wir hier eine grüne Hölle“, sagt Marcus Teuber. Kaum vorstellbar, während wir uns am Freitag, 19. August, den Weg durch die apokalyptisch anmutende Landschaft bahnen. Ein positiver Nebeneffekt ist die Dünger-Wirkung zwar, doch kann man den Dingen nun nicht einfach ihren Lauf lassen. Die Wiederaufforstung ist eine komplexe Angelegenheit.
„Wir müssen jetzt so schnell wie möglich anfangen, alles neu zu bepflanzen“, sagt Marcus Teuber. Sinnvoll seien natürlich Pflanzen, die hier gut auskommen können. Der Förster spielt damit auf die zunehmenden Hitzewellen an. Wir können nicht dauerhaft gegen die Natur arbeiten, sagt er. Und es liegt auf der Hand: Pflanzen, die mit Trockenheit gut zurechtkommen, werden sich wohl auf Dauer automatisch durchsetzen. Man werde mischen müssen. Eine Balance finden – zwischen wirtschaftlichem Interesse und der reellen Überlebensfähigkeit in Zeiten des Klimawandels.
Bis zu 12.000 Euro pro Hektar für die Wiederaufforstung
Das betroffene Gebiet im Oedenthal ist in privater Hand. Teuber erzählt, dass die Waldbesitzer zwar haftpflichtversichert seien; die Versicherungen aber nur den Anschaffungspreis auszahlen. Je älter ein abgebrannter Baum also ist, umso größer der wirtschaftliche Schaden. Die Kosten für die Wiederaufforstung hängen dann davon ab, was gepflanzt wird. „5000 Euro muss ein Waldbesitzer pro Hektar schon investieren. Topkulturen, wie etwa Eichen oder Buchen, kosten bis zu zwischen 10.000 und 12.000 Euro pro Hektar“, erklärt Marcus Teuber. Hinzu kommen der Aufwand für die Pflege sowie die Schutzmaßnahmen vor Tieren.
„Wenn der Regen weiter ausbleibt, haben wir hier nur noch Steppe“
Und dann sei da ja auch noch die anhaltende Hitze. Und der Niederschlag, der nachweislich abnimmt. Wenn er denn überhaupt noch kommt. Was fehlt, das sei der dauerhafte Landregen, der die Speicher der Pflanzen und Bäume ausreichend auffüllt. „Wenn der weiterhin ausbleibt, dann haben wir hier nur noch Steppe.“
Auf den abgebrannten 40.0000 Quadratmetern standen bis zum Jahr 2018 noch Fichten – seitdem gilt der Bereich als Kalamitätsfläche (Anm. der Redaktion: eine schadhafte – etwa durch Dürre, Käferbefall, Sturm oder Brand – Waldfläche , die meist gefällt wird). Im Oedenthal verbrannten demnach vorrangig Wurzeln. Marcus Teuber deutet in die Ferne, auf den stehenden Bestand, wie Fachleute es nennen, der vom Feuer verschont blieb. Aber: Die Waldbesitzer hatten auch auf der Kalamitätsfläche bereits neue Bäume angepflanzt. Diese haben den Waldbrand nicht überstanden. Das investierte Geld und die damit verbundene Arbeit – dahin.
Wie kann man sich in Zukunft vor Waldbränden schützen? „Wenn ich einen gesunden Baum habe, ist das schonmal die halbe Miete. Doch bis dieser all den Widrigkeiten trotzen kann, muss er erstmal zehn bis zwölf Jahre überleben, um dann als gesicherte Kultur dazustehen“, sagt Teuber. Auch die Wahl der Bäume nimmt Einfluss: Grundsätzlich brenne Nadelholz leichter, weil einfach mehr Biomasse vorhanden ist. Bei einem Laubbaum müsse das Feuer erstmal den Stamm erklimmen, um die Krone zu erreichen.
Brandlandschaft als ideale Jagdfläche
Während wir uns die Brandlandschaft anschauen und über die mögliche Behandlung des Patienten Wald sprechen, kreisen über uns Greifvögel. Einer von ihnen lässt sich auf einem der wenigen, verbliebenen Baumstämme nieder. Die abgebrannte Fläche ist aktuell eine ideale Jagdfläche für sie. „Alles, was hier im Boden gelebt hat, ist jetzt an der Oberfläche und damit leichte Beute“, sagt Marcus Teuber.
Zur Person
Als Leiter des Forstbetriebsbezirks Lüdenscheid, einer der ältesten in NRW, hat Marcus Teuber den Einsatz quasi ab der ersten Minute begleitet. Er kennt das Gebiet in- und auswendig. Seine Ortskenntnis – und die seiner Kollegen – ist im Notfall entscheidend. Welche für den Laien unscheinbaren Straßen können die vielen Einsatzfahrzeuge passieren? Wo können die Feuerwehrleute ihre riesigen Wassertanks strategisch sinnvoll platzieren, um das rasant wachsende Feuer zu bändigen? Und nach dem Brand steht er den Waldbesitzern zur Seite. Bei der Wiederaufforstung und dem Kampf, die Brandlandschaft wieder in einen Wald zu verwandeln.
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