Das TUMO-Zentrum in Lüdenscheid entsteht auf 700 Quadratmetern über zwei Etagen im Sterncenter. „Genau da, wo junge Menschen auch sind, mitten in der Innenstadt, in einem Einkaufszentrum. Der Standort ist ideal.“
TUMO ist ein Bildungskonzept, das Jugendlichen die Möglichkeit bietet, ihre Fähigkeiten in digitalen Technologien und kreativen Bereichen zu entwickeln.
Der außerschulische Lernort steht allen Jugendlichen von 12 bis 18 Jahren offen. Die so genannten Members können im TUMO-Zentrum kostenfrei an zwei Tagen pro Woche je zwei Stunden zu verschiedenen Themen lernen. Das Zentrum soll zukunftsorientierte Bildung für 12- bis 18-Jährige in der Region Lüdenscheid aufbauen. „Bildung darf keine Frage des Geldes sein“, erklärt Müller-Bärwolf den Grundgedanken des Projektes. Die Werbetrommel wird in den kommenden Wochen und Monaten nicht nur auf Social Media, sondern auch in den zahlreichen Schulen der Region gerührt, die das Team besuchen will.
Das Lüdenscheider Zentrum orientiert sich inhaltlich wie architektonisch an den weiteren Standorten. Denn TUMO ist keine Lüdenscheider Erfindung, auch wenn Lüdenscheid als Pilotprojekt gilt. Das Konzept TUMO kommt aus Armenien und ist benannt nach dem armenischen Dichter Hovhannes Tumanyan. Es wurde in Armenien ins Leben gerufen um jungen Menschen zwischen 12 und 18 Jahren den kostenlosen Zugang zu digitalen Technologien und kreativen Methoden ermöglichen.
Sechsstufiger TUMO-Lernpfad
Dabei setzt das TUMO-Konzept auf einen sechsstufigen Lernpfad. Nach einer Orientierungsphase, in der die Teilnehmer aus insgesamt acht Themenfeldern ihre Favoriten auswählen können, folgt die Erstellung des „TUMO Path“. Hier stellt die TUMO Software den individuellen Lehrplan zusammen. Zur Auswahl stehen die Themenfelder Programmierung, Animation, Robotik, Grafikdesign, Musik, 3D-Modelling, Spieleentwicklung und Filmproduktion. Entlang des Lernplans gehen die Jugendlichen dann in die Selbstlernphase.
Unterstützt von Coaches können sich die Jugendlichen in ihrer Geschwindigkeit die Grundlagen zu den Themen aneignen, ehe es in die Workshopphase geht. In diesen Kleingruppen von 12 Personen wird auf einem der drei Qualifikationslevel (Anfänger, Erfahren, Fortgeschritten) ein gemeinsames Projekt umgesetzt. Im anschließenden Learning Lab werden die Teilnehmer von einem Experten aus dem jeweiligen Bereich unterstützt, um dem Projekt den Feinschliff zu geben. Am Ende fließen die Projekte in den sechsten Baustein, das Portfolio, ein. Anders als in der Schule, gibt es bei TUMO keine Zeugnisse oder Zertifikate, sondern eine Website als „living diploma“. Dieses Konzept ist gerade in der kreativen Branche bereits verbreitet und unterstützt bei Bewerbungen den Lebenslauf als Referenz der bisherigen Leistung.
Lüdenscheid reiht sich mit dem TUMO-Zentrum in eine Reihe von 14 bereits aktiven Zentren rund um den Globus ein. „Lüdenscheid ist in einer erstaunlichen Nachbarschaft“, eklärte Müller-Bärwolf mit Blick auf andere Standorte wie Berlin, Paris, Beirut oder Zürich, in denen das Projekt bereits läuft. Weltweit besuchen etwa 30.000 Mitglieder die TUMO-Zentren jede Woche, 80.000 Alumni kann das Projekt bisher vorweisen.
In Lüdenscheid wird es 100 Plätze geben, die zeitgleich genutzt werden können. Davon stehen 56 für die Selbstlernphasen in einer großen Co-Working-Fläche zur Verfügung und sind mit modernen Computersystemen ausgestattet. Im Obergeschoss halten die drei allgemeinen Workshopräume und die im Erdgeschoss liegenden speziellen Workshopräume für Robotik und das hauseigene Tonstudio weitere 44 Plätze vor.
Neben den bereits existierenden TUMO-Zentren in Berlin und Mannheim wird das Zentrum in Lüdenscheid nach dem ebenfalls in Planung befindlichen Standort in der Metropolregion Nürnberg der vierte deutsche Standort sein. „Wir befinden wir uns hier in einer Region, die man als ländlich geprägt bezeichnet. Wir haben hier keinen Radius mit 50.000 potentiellen Membern. Das ist eine Herausforderung, der wir uns von Anfang an bewusst waren“, erklärte Heike Müller-Bärwolf. Aus diesem Grund ist das TUMO-Zentrum Lüdenscheid auch ein Pilotprojekt für den ländlichen Raum in Deutschland. Daher wird das Lüdenscheider Projekt mit insgesamt etwa 6,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. In Kooperation mit der Fernuniversität Hagen wird dieses Pilotprojekt wissenschaftlich begleitet.
Besonderheiten am Standort Lüdenscheid
Das TUMO-Zentrum in Lüdenscheid bietet mehrere Besonderheiten, die es von den anderen deutschen Standorten abhebt. Zum einen die so genannten TUMO-Boxen, die in Schalksmühle und Halver entstehen sollen. Diese gibt es bisher nur im Gründungsland Armenien, Lüdenscheid wird der erste internationale Standort dieser ausgelagerten Lernorte des Zentrums. In den Boxen können die Member die Selbstlernphasen in unmittelbarer Nähe zum Wohnort absolvieren und müssen erst für die Projektphasen nach Lüdenscheid reisen. Gerade für eine Region mit schlechter ÖPNV-Anbindung ein großer Pluspunkt. Die Gespräche zu diesen Boxen sollen in den kommenden Wochen beginnen, erläuterte Kathrin Diegmann. Zudem bietet TUMO Lüdenscheid mit dem „Lernfab“, eine Anspielung auf den ursprünglichen Projekttitel „Lernfabriksen“ die Möglichkeit, auch schulische Projekte mit in die Arbeit des TUMO-Zentrums einfließen zu lassen. Im Gegensatz zu anderen Standorten öffnet das TUMO-Zentrum Lüdenscheid seine Tore auch im Morgenbereich für Schulklassen. „Unser Ziel ist es, so viele wie möglich zu erreichen“, erklärte Müller-Bärwolf. Denn das Ziel sei, nach anderthalb Jahren im Betrieb – also zum Jahresende 2026 – wöchentlich 250 Member im TUMO Zentrum zu begrüßen. Dafür werden die öffentlichen Lernzeiten, die sich bei Beginn noch auf Mittwoch Nachmittag und Samstag Morgen beschränken, mit der Zeit sukzessive ausgebaut, wie Müller-Bärwolf erklärt.
Auch die kommunale Trägerschaft ist ein Novum in Deutschland. Betrieben wird das Lüdenscheider TUMO-Zentrum von der b.invest gGmbH, einer 100-prozentigen Tochter der Stadt Lüdenscheid. Geldgeber bis 2027 ist in Lüdenscheid das BMBF, jedoch ist auch die KfW-Bank beratend mit im Netzwerk der TUMO-Betreiber. Diese finanziert auch das Zentrum in Berlin, welches jedoch von dem Technologie- und Beratungsunternehmen Accenture betrieben wird. Das Mannheimer Zentrum wird von einem Bildungsverein mit Unterstützung der Dietmar-Hopp-Stiftung betrieben. Die armenischen TUMO-Entwickler haben das Projekt vor einigen Jahren für Franchisenehmer geöffnet. Trotzdem müssen die Zentrums- und Workshopleitungen zu Coachings nach Armenien, denn die Köpfe hinter TUMO wollen eine gleichbleibende, hohe Qualität des Konzeptes sicherstellen.
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Aktuell laufen in den Räumlichkeiten im Sterncenter noch die Umbauarbeiten. „Dass es in den letzten Monaten um uns so still war, ist dem geschuldet, dass wir im Spurt waren, hier eine Struktur und eine Arbeitsfähigkeit herzustellen“, so Müller-Bärwolf. Während das Projekt 2023 nur mit ihr und Projektmanagerin Ricarda Oldenburger an den Start gegangen ist, sind in den letzten Monaten neben Diegmann auch die TUMO-Leiterin Uljana Ittermann und Thomas Wolf für den Fachbereich Finanzen und Controlling hinzugestoßen. Aktuell ist das Team noch auf der Suche nach einer pädagogischen Leitung für das TUMO-Zentrum sowie sechs Coaches für die Selbstlernphasen und acht Workshopleitern. Informationen zur Bewerbung und zum Lüdenscheider TUMO-Standort sind auf der Website der b.invest zu finden.