Die Kinder des Waldkindergartens hatten es sich mit ihrem Frühstück gemütlich gemacht und warteten schon auf ihre Geschichte. Denn beim Frühstück wird immer eine vorgelesen. So ist die Zeit des Essens, eine ruhige und entspannte Pause. Doch am Vorlesetag ist alles ein wenig anders. LokalDirekt hat mit den Kindern gesprochen.
„Zuhause finde ich meine TipToi-Bücher am besten“, erzählt Jonas. Die interaktiven Bücher sind voll im Trend. Mit einem Stift können die Kinder verschiedene Dinge im Buch antippen und dann bekommen sie entsprechende Geschichten vorgelesen, Tiergeräusche vorgespielt, Rätselfragen gestellt oder Wissen vermittelt. „So kann ich mir immer etwas vorlesen lassen, auch wenn meine Eltern im Stress sind.“ Das Vorschulkind mag Geschichten und bekommt regelmäßig auch Zuhause Bücher vorgelesen – so wie alle Kinder im Waldkindergarten. Bei der Frage, wer denn regelmäßig ein Buch vorgelesen bekommt, schnellen alle Finger in die Höhe.
Linea ist drei Jahre alt und auch sie mag Bücher. Das TipToi-Prinzip kennt sie noch nicht. „Ich kann mir noch nicht selber was vorlesen, aber Mama kann ganz gut lesen“, erzählt sie begeistert. Maleas Mama kann das übrigens auch: „Dann kuscheln wir dabei.“ Milas guckt am liebsten Bauernhofbücher. Geht es um Tiere, guckt er die gerne mit Mama an. Geht es um Maschinen, muss Papa ran. „Der hat da mehr Ahnung“, verrät er. Louis freut sich schon richtig auf die Schule im kommenden Jahr: „Dann kann ich selber alles lesen, was ich möchte.“ Lieblingsbücher haben fast alle. Bei den Kleineren sind Mitmach-Bilderbücher voll im Trend. Die größeren mögen Petersson und Findus oder die Geschichten von den Olchis.
Paul präsentiert seine Lieblingsbücher:
Während die Kinder erzählen, kommt Aykut Aggül. Mit dabei hat er einen großen Korb voller Bücher. Er wird den Kindern heute vorlesen. Im Kindergarten liest er das Nachrodt-Wiblingwerde-Märchen, das Büchereileiterin Stephanie Ingenpaß anlässlich des Tags des offenen Denkmals geschrieben hat. Es handelte von den glücklichen Menschen vom Langenstück. Während er liest, ist es mucksmäuschen still. Gespannt lauschen die Kinder der Geschichte, die von der Zauberformel „Im Außen verschieden, im Herzen eins“ handelt.
Dass die Kinder so gut zuhören, ist keine Selbstverständlichkeit. „Sie sind es ja gewöhnt. Wir lesen jeden Tag Geschichten vor. Kinder müssen lernen, sich zu konzentrieren und zuzuhören. Am Anfang des Kindergartenjahres, wenn die neuen Kinder da sind, sind die Geschichten daher auch deutlich kürzer. Zum Ende des Jahres werden sie nach und nach immer länger“, erklärt Miriam Kollar, pädagogische Leiterin des Waldkindergartens. Grundsätzlich seien die Kinder leicht für Bücher zu begeistern. „Wir nehmen auch immer welche mit in den Wald. Dafür haben wir extra so einen kleinen Koffer, damit sie nicht nass werden“, erzählt Erzieherin Heike Märker.
Wie so ein gemütliches Lesen im Wald aussieht, möchte auch Aykut Aggül wissen. Spontan begleitet er die Kinder zu ihrem Lieblingsplatz und liest dort aus einem weiteren Buch vor.
Bei der Awo und im katholischen Kindergarten St. Elisabeth war Bürgermeisterin Birgit Tupat zu Besuch. Sie hat nicht nur die Geschichte vom kleinen Gespenst dabei, sondern auch ein Kamishibai – ein Bilderbuch-Kino. Gespannt verfolgen die Kinder im katholischen Kindergarten die Geschichte des kleinen Gespenstes, das so allerlei Blödsinn im Kopf hat. Auch in Nachrodt hat LokalDirekt gefragt, wer denn regelmäßig eine Geschichte zuhause hört. Lediglich drei Kinder zeigen auf. „Vermutlich sind es ein paar mehr, aber es sind schon relativ wenig. Das wird einfach nicht mehr so gemacht“, erzählt Erzieherin Christiane Vendramini. Im Kindergarten jedoch schon. Auch dort werden regelmäßig Geschichten vorgelesen. „Ich habe Zuhause gar kein Buch. Aber meine Schwester hat eins“, erzählt ein Junge.
Zum Bundesweiten Vorlesetag erzählen tausende Kapitel gemeinsam eine große Geschichte – nämlich, wie wichtig Vorlesen für die Entwicklung von Kindern ist. „Seit 20 Jahren machen die Initiatorinnen DIE ZEIT, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung auf die Bedeutung des Vorlesens aufmerksam. Denn genau das ist der erste Schritt zum Lesenlernen – eine zentrale Fähigkeit, die das gesamte Leben beeinflusst“, heißt es in einer Pressemitteilung zum Aktionstag. Der Vorlesetag diene vielen als Einstieg in ein freiwilliges Engagement für die Leseförderung. Der Bundesweite Vorlesetag erschaffe so seine eigene Vorlese-Community und wirke dadurch nachhaltig – auf freiwilliges Engagement und auf zukünftige
Generationen. Dazu passt das Motto, unter dem in diesem Jahr vorgelesen wurde: „Vorlesen schafft Zukunft.“
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