„Anfangs dachten wir noch, wir würden in Breckerfeld aufgrund der Höhenlage verschont, doch dann haben uns die Borkenkäfer innerhalb eines Jahres nahezu alle Fichten geraubt“, erzählt Heiner Born. Gemeinsam mit Peter Klinkmann bewirtschaftet er die Fläche an der Landwehr, die signifikant verdeutlicht, welch katastrophale Schäden Borkenkäfer binnen kurzer Zeit anrichten können.
Fünfzig Prozent der Fläche geschädigt
Und das nicht nur an der Landwehr: „Bei den 168 Mitgliedern der Forstbetriebsgemeinschaft Breckerfeld-Waldbauer sind in den letzten Jahren gut fünfzig Prozent der insgesamt 1.498 Hektar großen Forstfläche ausgefallen“, weiß Heiner Born.
Fichten waren einst der „Breckerfelder Brotbaum“
Auf Borns und Klinkmanns mittlerweile abgeholztem Areal standen einst Fichten. 1958 hatten ihre Großväter und Väter damit begonnen, die Fläche aufzuforsten und zu bewirtschaften. Auch wenn eine Monokultur aus ökologischer Sicht niemals sinnvoll sein könne: „Fichten galten früher als ‚Brotbaum‘ der Breckerfelder Bauern“, erklärt Peter Klinkmann. „Denn das Sauerland war ein wichtiger Lieferant für Gruben- und Bauholz im Ruhrgebiet.“ Früher, als der Klimawandel noch nicht so deutlich spür- und sichtbar war.
Dürre zerstört Selbstschutzfunktion
Zum ernsten Problem sei dieser für die Nadelhölzer geworden, als die Winter und Frühjahre zunehmend trockener wurden: „Fichten können bei lang anhaltender Trockenheit kein Harz bilden“, erklärt Heiner Born. Damit verlieren sie aber ihre wichtigste Eigenschaft, um sich selbst vor Borkenkäferbefall schützen zu können: „Denn Harz tötet den eindringenden Borkenkäfer und dessen Brut ab.“ Ist diese aber erst einmal geschlüpft, fressen sich die Larven den ganzen Stamm entlang, und der Baum stirbt.
AVU Grünstrom-Kunden fördern ökologische Projekte
Auf Initiative des Beirats der AVU-Grünstrom-Kunden, der sich sowohl aus Kunden als auch Mitarbeitern des Energieversorgers zusammensetzt, kam es nun zu einer groß angelegten Baumpflanz-Aktion an der Landwehr, um die geschädigte, nahezu komplett zerstörte Waldfläche von Heiner Born und Peter Klinkmann wieder aufzuforsten.
AVU Grünstrom-Kunden zahlen 2 Euro pro Monat zusätzlich für ihren Strom. Dieser Mehrbetrag fließt in einen Fördertopf, über dessen Verwendung der Grünstrom-Beirat entscheidet: „Der Zusatzbeitrag kommt ausschließlich ökologisch sinnvollen Projekten zugute“, betont Beiratsmitglied Burkhard Frauenstein.
Eine neue Mischkultur entsteht
Eines dieser Projekte ist die „Intitialpflanzung“ an der Landwehr, die Pressevertretern am Freitag, 14. April, von AVU, Grünstrom-Beirat sowie den beiden Waldflächenbesitzern Born und Klinkmann vor Ort veranschaulicht wurde.
„Natürlich würden sich die Brachflächen auch von selbst wieder begrünen“, sagt Heiner Born. Zuerst käme es zu einem regelrechten Brombeerbusch-Wuchern: „Aber bis beispielsweise Buchen von selbst austreiben und dann auch gefestigt wachsen – das würde Jahrzehnte dauern!“ Zumal neu austreibende Buchen ein im wahrsten Wortsinn „gefundenes Fressen“ für Rehe sind: „Um sie davon abzuhalten, werden die jungen Triebe ‚getaucht‘, das heißt alle paar Wochen an der Spitze mit Schafwollfett präpariert.“ In Handarbeit.
Aber man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, und deswegen soll auf Borns und Klinkmanns Fläche keine Monokultur mehr entstehen: Douglasien, europäische Lärchen und Buchen sind die ersten Baumarten, die jetzt dort verpflanzt werden. „Weil sie tiefer wurzeln und auch trockenheitsresistenter sind als Fichten“, erklärt Klinkmann.
Saatgutknappheit durch neue Pflanzkonzepte
Falls man überhaupt etwas Positives aus dem Fichtensterben resultieren könne, sagt Peter Klinkmann, dann, dass es bei den meisten Forstbetrieben zu einem Umdenken geführt habe und neue, ökologisch sinnvollere Pflanzkonzepte entwickelt wurden. Ein Umdenken, das allerdings für Saatgutknappheit bei bestimmten Baumarten sorge: „Roteichen sind in diesem Jahr kaum zu bekommen.“
Das aktuelle Baumpflanzen ist jedoch erst der Anfang einer langen, oder besser: langjährigen Arbeitskette. „Die erste Generation pflanzt, die zweite pflegt und erst die dritte Generation kann die Holzernte einfahren“, so Klinkmann.
225.000 Euro im Fördertopf
Beim Ortstermin am Freitag anwesend war auch Hans-Jörg Beckmänning, Prokurist und Leiter Kaufmännischer Service bei der AVU: „Unser Grünstrom-Fördermodell ist ein Erfolgsprojekt – es stehen sogar mehr Fördergelder zur Verfügung als es derzeit Projekte aus dem engeren Bereich gibt.“ Stand 31. Dezember 2022 befanden sich 225.000 Euro im Topf, eine enorme Summe – zusammengekommen aus gerade einmal zwei Euro monatlich mehr, die AVU-Kunden zahlen, wenn sie sich für das Grünstrom-Angebot des Energieversorgers entscheiden.
2.500 Setzlinge pro Hektar
Bisher hatte der Grünstrom-Kundenbeirat den Förder-Schwerpunkt zumeist auf Projekte rund um erneuerbare Energien oder Elektromobilität, wie etwa die Photovoltaik-Anlage an der Trainingshalle des Tennis-Club Ennepetal-Breckerfeld oder die Anschaffung zweier E-Lasten-Fahrräder, die die EN-Agentur den Stadtmarketingvereinen zeitweise und im Wechsel zur Verfügung stellt.
Nun sind es 6.000 Setzlinge, die auf der einstigen Fichtenfläche an der Landwehr wachsen sollen. Zirka 2.500 Setzlinge sind nötig, um etwa einen Hektar Wald entstehen zu lassen.
Für Laienaugen sind die Jungbäume im Moment kaum wahrzunehmen, obwohl sie relativ nah aneinander stehen: „Durch die geringen Pflanzabstände kommt weniger Licht an den Stamm, dadurch wächst der Baum weniger in die Breite, sondern mit geradem Stamm in die Höhe“, erklärt Heiner Born. Kräftige, gerade Stämme ließen sich dann zukünftig zu Bauholz verarbeiten.
Bäume für die Zukunft
Bis die jetzt gepflanzten Douglasien, Lärchen und Buchen so weit sind, werden zwar noch viele, viele Jahre vergehen. „Dank der Grünstrom-Fördermittel können wir aber schon heute einen zukunftsfähigen Wald anlegen und erhalten,“ sagt Heiner Born. Und damit für die nachfolgenden Generationen einen wichtigen Beitrag für mehr Klimastabilität in der Region leisten.