Insgesamt positiv fällt das Resümee der Gesamtschule Kierspe (GSKI) aus, wenn die Summe der geradelten Kilometer ermittelt wird. „Aktuell liegen wir bei 22.300 Kilometern und sind uns sicher, dass wir die Marke vom letzten Jahr knacken werden“, berichtet Alican Sevim, didaktischer Koordinator für das Stadtradeln.
„Diese Strecke konnten wir nur schaffen, weil wir hier eine Mannschaft von 175 Radlern aufstellen können. Damit können wir natürlich unseren Titel verteidigen“, ist sich Alican Sevim sicher. Neben der gesamten Schulmannschaft stellt die GSKI aber auch einige Unterteams, wie ein Oberstufenteam oder Klassenteams, die dann einen extra schulinternen Wettbewerb ausfahren.“
Mit zur Schulmannschaft gehören auch Ruben Nickel und Tom Engelbrecht aus der Jahrgangsstufe 8 sowie Giulio Guagenti und Tom Willnat aus der Jahrgangsstufe 9. Alle fahren auch unabhängig vom Stadtradeln gerne Fahrrad. Selbst das schlechte Wetter der Stadtradel-Wochen hat ihnen nichts ausgemacht. Ruben Nickel konnte daran sogar etwas Positives entdecken: „Dann kann man so schön durch die Pfützen fahren“, meinte er. „Ich fahre eigentlich jeden Tag mit dem Rad zur Schule, dafür brauche ich nur sechs Minuten. So kann ich auch in der Mittagspause schnell nach Hause fahren.“
Tom Engelbrecht fährt nur in seiner Freizeit Rad. „Der Schulweg von Halver nach Kierspe ist einfach zu lang und vor allem viel zu gefährlich mit dem Rad“, sagt er. Auch Giulio Guagenti fährt sehr gern mit dem Rad. Er sagt aber: „Auf der Straße kann ich nicht fahren, weil die Autofahrer keine Rücksicht nehmen, auf dem Bürgersteig zu fahren geht auch nicht, weil sich dort die Fußgänger gestört fühlen. Da bleibt nur noch der Wald und da gibt es auch nicht genug Wege, die man mit dem Fahrrad fahren kann.“
Das Thema Sicherheit war auch für das Kollegium ein Grund zu überlegen, ob die Schule in diesem Jahr überhaupt am Stadt-Radeln teilnehmen sollte. „Auf Grund der Umgehungsstrecke für die A45 haben wir hier soviel Verkehr in Kierspe, dass wir uns Gedanken gemacht haben, ob wir das Ganze noch fördern sollen“, erklärt Referendarin Kathrin Plachta. Daher wurden im Vorfeld viele Gespräche mit den Schülern geführt, dass sie unbedingt noch mehr auf Sicherheit achten sollten.
Alican Sevim ist aber auch überzeugt, dass die Schüler unbedingt mehr Bewegung brauchen und versucht, die Freude am Fahrradfahren zu fördern. „Wir hören immer das Argument, dass es im Sauerland auf Grund der vielen Berge schwierig ist mit dem Fahrradfahren, aber wenn man es einmal ausprobiert hat, merkt man, dass das schon funktioniert.“
Ein weiterer Grund für die Schule, die Schüler für das Fahrrad als Fortbewegungsmittel zu begeistern, ist die tägliche „Eltern-Taxi-Situation“ vor der Schule. „Wenn die Schüler selbstständig kommen können, nimmt dieser Verkehr automatisch ab und das ist auch ein Schritt in Richtung Sicherheit“, ist sich Silke Jordan, Lehrerin und Nachhaltigkeitsbeauftragte der GSKI sicher.
Im Gespräch wiederholt sich immer wieder das Thema Sicherheit für Fahrradfahrer in und um Kierspe. Tom Willnat versteht auch die Seite der Autofahrer: „Das kann schon nerven, wenn man wegen der Radfahrer nicht vorankommt weil der mitten auf der Straße fährt und sich seinen Platz erzwingt. Ich fahre lieber im Wald, bevor ich in solche Situationen gerate und von Autofahrern angeschrieen werde.“
Die steigende Aggressivität im Straßenverkehr kann auch Alican Sevim nicht nachvollziehen. „Da nahezu jeder von uns Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger ist, sollte doch eigentlich das Verständnis für den jeweils anderen vorhanden sein. Ein Perspektivwechsel sollte jedem Verkehrsteilnehmer die Situation des anderen doch klar machen können. Von Erwachsenen erwarte ich Toleranz, Vorsicht und Verständnis für den anderen als Grundhaltung“, ist seine Meinung.
Eigene Wege für Radfahrer, das wäre der Wunsch von Schülern und Lehrern. „Dass wir hier niederländische Verhältnisse bekommen können ist natürlich eine Illusion“, wissen sie, aber im Bezug auf den Ausbau des Fahrradwegenetzes fordern sie mehr als Lippenbekenntnisse aus der Politik.
Für die Stadtradel-Wochen im kommenden Jahr wünschen sich die Schüler, dass noch mehr Mitschüler mitmachen, dass die Stadtradel Aktion um eine Woche verlängert wird und dass die Schule einen ganzen Tag für einen Klassenausflug per Fahrrad organisiert. „Einige Schüler kommen auch nicht mit dem Fahrrad zur Schule, weil wir hier keinen trockenen Unterstand dafür haben und sie auch teilweise befürchten, dass das Rad gestohlen werden könnte“, weiß Ruben Nickel und da der obere Schulhof im kommenden Jahr saniert werden soll, hegen er und seine Mitschüler die Hoffnung, dass in diesem Zuge auch ein Fahrradunterstand gebaut werden könnte.