Wenn Blaulicht, Sirenen und Rettungskräfte abziehen, bleibt oft mehr zurück als Trümmer: emotionale Wunden, Schock und Trauer. Um Menschen in genau solchen Momenten nicht allein zu lassen, setzt der Ennepe-Ruhr-Kreis auf eine neu strukturierte Notfallseelsorge – unterstützt von kirchlichen Partnern und jetzt auch finanziell gestützt vom Kreis.

„Tod, Verlust und das Erlebte stellen das Leben vieler Betroffener von einem Moment auf den anderen auf den Kopf“, sagt Landrat Olaf Schade. „Es braucht Menschen, die in solchen Ausnahmesituationen Halt geben können.“

Verlässliche Hilfe statt freiwilliger Improvisation

Mit einer Vereinbarung zwischen dem Kreis und den evangelischen Kirchenkreisen Hagen, Hattingen-Witten und Schwelm soll diese Hilfe nun dauerhaft gesichert werden. Ab sofort übernimmt der Kreis jährlich bis zu 100.000 Euro — primär für die Leitung der Notfallseelsorge, die nun hauptamtlich durch Diakon Ernst Alexander Biedermann erfolgt.

Die neue Struktur ist eine Reaktion auf steigende Einsatzzahlen und begrenzte kirchliche Mittel. „Keine Selbstverständlichkeit, schließlich handelt es sich um eine freiwillige Leistung“, betont Schade. Trotzdem sei die Entscheidung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger „eine klare Sache“.

Auch die Kirchen leisten weiterhin ihren Beitrag: 50.000 Euro Personalkosten sowie 20.000 Euro für Sachmittel kommen künftig jährlich aus kirchlicher Hand.

140 Einsätze im Jahr

Mehr als 60 ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger sind rund 140 Mal pro Jahr im Einsatz — alle speziell geschult, um Menschen in akuten Krisensituationen beizustehen. „Wir sind sehr dankbar für dieses starke Team“, erklären die Koordinatorin Melanie Muth von der katholischen Kirche und Ernst Alexander Biedermann unisono.

Ernst Alexander Biedermann, Melanie Muth und Ingo Janzen (Mitte von links) bilden den Lenkungskreis für die Notfallseelsorge im Ennepe-Ruhr-Kreis. Olaf Schade (l.), Martin Weber (2.v.l.) und Kreisdirektor Sebastian Arlt (r.) freuen sich auf die Zusammenarbeit.
Foto: UvK | Ennepe-Ruhr-Kreis

Kirchliche Kooperation mit Signalwirkung

Teil des Leitungskreises ist zudem Regionalpfarrer Ingo Janzen, bisher kommissarischer Leiter der Notfallseelsorge in den evangelischen Kirchenkreisen Hagen und Schwelm. Er übernimmt die Bereiche Aus- und Fortbildungen sowie fachliche Beratung. „Die Zusammenarbeit dreier evangelischer Kirchenkreise sowie des Bistums Essen und des Erzbistums Paderborn ist aus kirchlicher Sicht wegweisend“, betont Janzen mit Blick auf die Neuorganisation.

Entlastung für Einsatzkräfte – Sicherheit für Betroffene

Die Neustrukturierung sorgt jedoch nicht nur für Entlastung auf kirchlicher Seite. Auch Polizei und Rettungskräfte begrüßen die Entwicklung. Frank Kujau, Leiter der Kreispolizeibehörde, bringt es auf den Punkt: „Unsere Kräfte erleben Leid hautnah. Es ist eine enorme Erleichterung, zu wissen, dass Betroffene im Anschluss an den ‚eigentlichen‘ Einsatz seelsorgerisch begleitet werden.“ Dem schließt sich auch Martin Weber, Abteilungsleiter Bevölkerungsschutz, an: Die Notfallseelsorge sei ein „unverzichtbarer Bestandteil im Netzwerk der Hilfe“ und nun „endlich auch organisatorisch wie finanziell zukunftssicher aufgestellt.“

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