Nach einer Prüfung hat die Stadt Lüdenscheid die Sporthalle des Zeppelin-Gymnasiums am Staberg mit sofortiger Wirkung gesperrt. In einem Leimbinder der Dachkonstruktion klafft ein durchgehender Riss. Schul- und Vereinssport müssen jetzt - Stand 23. Oktober - ausweichen.
Dachtragwerke von Hallen mit Spannweiten über zwölf Metern müssen alle fünf Jahre überprüft werden, schreibt dazu die Stadtverwaltung. Diese Pflicht ergebe sich aus den Vorgaben der sogenannten Argebau der Länder – einem Regelwerk, das über die 16 Landesbaurechte der Bundesländer hinweg allgemeinverbindliche Normen festlegt. Die regelmäßigen Prüfungen betreffen auch die Sporthallen der Stadt Lüdenscheid – und diese Prüfung stand aktuell am Staberg an.
Während bei der letzten Überprüfung im Jahr 2020 keine Beanstandungen festgestellt worden seien, ergab die aktuelle turnusmäßige Kontrolle nun erhebliche Mängel an der Sporthalle des Zeppelin-Gymnasiums am Staberg. Die Zentrale Gebäudewirtschaft der Stadt Lüdenscheid hat die Halle daraufhin aus Sicherheitsgründen sofort gesperrt. Weitere Sporthallen wurden in dieser Woche überprüft – hier gab es nach Angaben der Stadt keine Mängel. Zwei weitere Prüfungen sind für die kommenden Wochen geplant.
Riss und Verformung im Holztragwerk
Geprüft wurden die tragenden Elemente des Daches – sogenannte Brettschichtholzbinder, auch als Leimbinder bezeichnet. Insgesamt zwölf dieser Binder sind im Dach der Halle verbaut. Bei einem der Dachbinder wurde ein durchgehender Riss in der Klebefuge festgestellt. Dadurch haben sich die beiden Querschnittshälften um etwa zwei Zentimeter verschoben und stark durchgebogen.
Die Tragfähigkeit dieses Binders ist dadurch deutlich beeinträchtigt. Die Last wird auf die angrenzenden Träger übertragen, die somit übermäßig belastet sind. Eine ausreichende Standsicherheit der Dachkonstruktion ist daher nicht mehr gegeben. Eine sofortige Sperrung der Halle war unumgänglich, gibt die Stadtverwaltung zu verstehen.
Abstützung und Sanierung geplant
Die Stadtverwaltung hat unmittelbar nach der Feststellung reagiert und die notwendigen Maßnahmen eingeleitet. Geplant sind folgende Schritte:
- Hallenboden abdecken: Der erst im vergangenen Jahr erneuerte Schwingboden soll während der Arbeiten bestmöglich geschützt werden. Der Auftrag zur Schutzlage des Hallenbodens wurde bereits erteilt. Die Ausführung der Arbeiten beginnt voraussichtlich am heutigen Donnerstag, 23. Oktober, und dauert circa eine Woche.
- Abstützung der Dachbinder: Als erste Sicherungsmaßnahme werden alle zwölf Dachbinder vom Boden aus abgestützt, um die Belastung zu reduzieren. Eine Zimmerei, die die Abstützung umsetzen kann, wurde bereits gefunden. Diese kann voraussichtlich im Laufe der letzten Oktoberwoche mit der Abstützung beginnen.
- Rückbau der abgehängten Zwischendecke: Diese wird entfernt, um eine bessere Sicht und Zugänglichkeit zur Dachkonstruktion zu gewährleisten.
- Erstellung eines Sanierungskonzepts: Nach einer umfassenden Untersuchung aller Dachbinder werden die weiteren Sanierungsmaßnahmen festgelegt.
- Erneuerung der Beleuchtung: Da an der Zwischendecke die Beleuchtung befestigt ist, will die ZGW die parallel die Leuchten erneuern. Geplant ist der Einbau nachhaltiger und energieeffizienter LED-Technik. Wie bereits in der Halle des Bergstadt-Gymnasiums wird dadurch nicht nur die Ausleuchtung erheblich verbessert, sondern es können künftig auch Energiekosten eingespart werden.
Voraussichtlich kann der beschädigte Binder über die eingebauten Stützen hydraulisch angehoben und der entstandene Riss anschließend mit Epoxidharz verfüllt werden. Dadurch soll die Tragfähigkeit wiederhergestellt werden.
Epoxidharz ist ein Zweikomponenten-Material, das zur Reparatur von Balken genutzt werden kann. Die Arbeiten erfordern gründlichste Vorbereitungen und sorgfältig überwachte Aushärtung.
Nach Abschluss der Arbeiten und dem Rückbau der Stützen kann die Zwischendecke erneuert und die Halle wieder freigegeben werden. Die unterhalb der Sporthalle gelegenen Kunsträume könnten nach aktueller Einschätzung weiterhin genutzt werden, heißt es seitens der Stadt.
Nach ersten Schätzungen der Zentralen Gebäudewirtschaft ist für die Sanierungsmaßnahmen ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten einzuplanen – abhängig davon, wie schnell geeignete Fachunternehmen gefunden und beauftragt werden können.
Suche nach Alternativen für den Schul- und Vereinssport
Bis mindestens zu den Osterferien 2026 – möglicherweise auch darüber hinaus – wird die Halle am Staberg nicht zur Verfügung stehen. Da auch die Sporthalle der Adolf-Reichwein-Gesamtschule derzeit gesperrt ist, sucht der Fachdienst Schule und Sport intensiv nach Ausweichmöglichkeiten.
Für den Schulunterricht kommen unter anderem die Hallen an den Grundschulen Pestalozzi und Ida Gerhardi oder am Bergstadt-Gymnasium in Betracht. Auch mit den betroffenen Sportvereinen steht die Stadt im engen Austausch, um gemeinsam tragfähige Übergangslösungen zu finden.
„Die Sicherheit steht für uns an oberster Stelle. Wir wissen, wie wichtig die Halle für den Schul- und Vereinssport ist und arbeiten an einer schnellen und sicheren Lösung“, betont Peter Meltzer von der Zentralen Gebäudewirtschaft der Stadt Lüdenscheid.
Dass mit geschwächten Leimbindern nicht zu spaßen ist, weiß die Fachwelt spätestens seit dem 2. Januar 2006. Damals stürzte die Eislaufhalle im bayerischen Bad Reichenhall während einer Publikums-Laufstunde ein und begrub die 50 Eisläufer unter sich. 15 Menschen starben, darunter zwölf Kinder und Jugendliche, weitere 34 Personen erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Der Einsturz der Halle war unter anderem das Ergebnis unterlassener Wartung, eingedrungener Feuchtigkeit und der Nichtbeachtung von Bauvorschriften. Das Dach trugen in Bad Reichenhall ..... Leimbinder.
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