Mit rund 1,5 Stunden war die letzte Sitzung des Stadtrates in der aktuellen Konstellation verhältnismäßig schnell vorüber. Viele der 28 Tagesordnungspunkte, unter anderem Beteiligungsberichte, Jahresabschlüsse und die Fortführung des Heimatpreises waren in den Fachausschüssen gut vorbereitet und brauchten wenig bis keine Beratung mehr.
Für Gesprächsbedarf sorgten vor allem die Anträge der einzelnen Fraktionen. So beantragte die SPD die Begrünung auf dem Forum und einen eigenen Ausschuss für Digitaliserung; die FWG forderte ein neues Konzept für die Stadtentwicklung. Nicht alle der Punkte stießen bei den Vertretern der anderen Fraktionen auf Gegenliebe.
Der Antrag der SPD-Fraktion, auf dem Forum Jungbäume in großen Kübeln zur Beschattung der Fläche aufzustellen erntete Lob, aber auch teils konstruktive Nachfragen. Monika Baukloh schilderte in ihrer Erklärung zum Antrag, dass ein solches Modell in Gummersbach über Werbung auf den Kübeln finanziert werde.
Marius Schriever, der für diese Ratssitzung neu als Nachfolger von Alexandra Potthoff in den Reihen der CDU-Fraktion saß, begrüßte den Antrag. Kritisch sah er jedoch die Finanzierung, denn in der Gummersbacher Innenstadt gibt es seiner Einschätzung nach deutlich mehr Laufkundschaft als auf dem Kiersper Forum. Allerdings sah er von Anfang an vor allem die Vorteile des Konzeptes, das den Status Quo verbessern würde: „Jetzt haben wir den Salat. Die Kinder sitzen in der Sonne, das ist doof.“
Markus Pempe, ebenfalls CDU, stimmte seinem Fraktionskollegen zu, machte sich aus ganz anderen Gründen jedoch Sorgen um die Kosten: Wenn zum Beispiel durch Vandalismus ein Baum angezündet wird, „dann wird das vermutlich sehr sehr teuer“, merkte er an. Auch Clemens Wieland (UWG) brachte seine Unterstützung zum Ausdruck: „Es muss bei der klimatischen Entwicklung, die wir haben, etwas passieren. Wichtig ist, dass die Aufenthaltssituation auf dem Forum sich verbessert.“ Am Ende wurde der Antrag mehrheitlich bei drei Nein-Stimmen (FWG) und zwei Enthaltungen angenommen.
Ebenfalls aus der Feder der SPD-Fraktion stammt die Idee, in der kommenden Ratsperiode einen eigenen Ausschuss für Digitalisierung zu gründen. "Wir sehen, dass wir hier in Kierspe Digitalisierung zum Chefthema machen müssen“, erklärte Christian Reppel die Idee, erwähnte aber in seiner Begründung ebenfalls, dass die SPD nicht zwangsläufig einen Ausschuss braucht, sondern sich ähnlich wie beim Verkehr auch einen fixen Tagesordnungspunkt im Hauptausschuss vorstellen kann. Dieser Idee können die anderen Fraktionen für die Zukunft deutlich mehr abgewinnen. Auch wenn Clemens Wieland der Meinung war: "Das Thema E-Government und Digitalisierung ist ein Thema der Zukunft“, fügt er seiner Antwort doch an: "Eine Verpflichtung für den kommenden Rat, einen Ausschuss zu bilden, wird es mit uns nicht geben."
Er stieß ins gleiche Horn wie CDU-Ratsherr Markus Pempe. Dieser sitzt ebenfalls im Kreistag und konnte berichten: "Der Märkische Kreis hat diesen Digitalisierungsauschuss seit einer Legislaturperiode. Der ist ehrlicherweise sehr dünn besetzt was die Themen angeht.“ Auch Bürgermeister Olaf Stelse stimmte den beiden zu: "Einen eigenen Ausschuss halte ich für überdimensioniert.“ Am Ende beschlossen die Ratsmitglieder einstimmig bei einer Enthaltung die feste Einführung des Tagesordnungspunkt "Digitalisierung" im Hauptausschuss.
Abgelehnt hingegen wurde ein Antrag der FWG-Fraktion. Die freien Wähler forderten ein Stadtentwicklungskonzept für das gesamte Stadtgebiet - eine Idee, die auf wenig Gegenliebe im Rathaus am Springerweg stieß. Holger Scheel (CDU) erklärte, er "halte das für nicht zielführend", befürchtete sogar, "wenn wir diesem Antrag folgen, dann binden wir Verwaltungskraft." Rüdiger Däumer von der UWG pflichtete ihm bei, er fand "ein Gesamtkonzept überdimensioniert." Ein Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept, kurz ISEK, hielt er für "gezielt und pragmatisch." Auch die Beantragung von Fördergeldern ist mit dem ISEK seiner Meinung nach einfacher.
Fraktionsvorsitzender Peter-Christian Schröder von der FWG versuchte, einen Grund für das Stadtentwicklungskonzept zu liefern. "Die bisherigen Konzepte sind zwar schön, aber keines der drei hat bisher nach Grundlagen geforscht, auf denen wir stehen, zum Beispiel demografisch.“ Die direkte Antwort darauf kam von Steffen Wieland aus der UWG-Fraktion. Er erinnerte daran, dass auf den ersten 30 Seiten des ISEK Kierspe-Dorf genau diese Analyse steht. Der Beschluss zu dem Antrag fiel entsprechend eindeutig aus: Vier "Ja" Stimmen kamen von den vier Mitgliedern der FWG, alle anderen Abgeordneten votieren mit "Nein".
Weitere Beschlüsse des Rates sind unter anderem, dass im kommenden Schuljahr sämtliche Kiersper Schüler, die einen Anspruch auf ein Schülerticket für den ÖPNV haben, stattdessen ein Deutschlandticket bekommen. Alle Schüler, die keinen Anspruch auf eine Beförderung zur Schule haben, bekommen hingegen eine Förderung von 20 Euro pro Monat, bis ein Höchstbetrag von 10.000 Euro aufgebraucht ist.
Die nächste Ratssitzung findet erst nach der Kommunalwahl am 14. September statt, der Rat wird bis dahin also neu zusammengesetzt. Oliver Busch (SPD) lobte zum Ende der Ratssitzung die gute und konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen in Kierspe. Für seine Beschreibung: "Ich bin ja nun unverdächtig, irgendwo Harmoniesauce drüber zu schmieren, wo es keine Harmonie gibt", erntete er deutliche Lacher, nicht nur aus den eigenen Reihen. Danach wurde er wieder ernst und dankte seinen Ratskollegen: "Dafür möchte ich an dieser Stelle danke sagen, das fand ich für diese Ratsperiode prägend."
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