Bis auf den allerletzten Platz besetzt war Schürmanns Landgasthaus in Grünenthal, als die Herscheider Senioren-Union bei einem geselligen Waffelessen das Lukullische mit dem Nützlichen verband: Vorsitzender Wolfgang Weyland hatte Mario Demmer-Benedetti von den Plettenberger „Schade Soziale Dienste“ eingeladen, über das Thema Pflege zu referieren – und 60 Interessierte aus der Ebbegemeinde und der Nachbarstadt Plettenberg kamen.
Einführend stellte Wolfgang Weyland heraus, dass das Thema Pflege für die Senioren-Union schon immer hohen Stellenwert gehabt habe. Der seinerzeitige Arbeitsminister Norbert Blüm habe die Pflegeversicherung 1995 durchgesetzt; in der Senioren-Union genösse die Arbeit der stationären und mobilen Pflegedienste hohe Wertschätzung. Das Spendenschwein, das am Ende der Veranstaltung herumgehen werde, unterstreiche das – der Inhalt der Sparbüchse geht an das Altenheim in Herscheid und ans Lüdenscheider Hospiz.
Mario Demmer-Benedetti ist in Herscheid kein Unbekannter – 25 Jahre ist er bereits in Sachen Pflegeberatung unterwegs und gehört jetzt zu „Schade Soziale Dienste“, das der Immobilienmakler und -betreuer Jürgen Schade als „nicht gewinnorientiertes Unternehmen“ gegründet habe. Der freie Pflegeberater war nach Grünenthal gekommen, um in einem Parforceritt die Sozialgesetzbücher und das Feld verschiedenster Pflegeleistungen zu durcheilen. Motto: „Ich reiße hier die Themen an; wenn Sie detailliertere Beratung benötigen – die kostenlos ist – machen wir einen Termin“.
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Der Referent warb dafür, vermeintliche Scheu vor dem Erwerb eines Pflegegrades abzulegen: „Der Pflegegrad 1 ist kein Hexenwerk – man bekommt ihn, sobald man irgendwo Hilfe braucht.“ Demmer-Benedetti schätzte, dass mindestens ein Drittel im Raum Anwesenden für den Pflegegrad 1 in Frage komme. Bei der Begutachtung dürfe man sich als Betroffener nicht besser zeigen als es der Realität entspreche: „Sie müssen dann leiden, müssen Ihre Einschränkung zeigen, müssen ehrlich sein.“ Bei der Antragstellung und der Vorbereitung auf eine Begutachtung helfe er gerne.
Bei der Begutachtung, der stets der Antrag auf einen Pflegegrad vorausgehe, müssten dann die formal richtigen Antworten gegeben werden. Ein „ich kann das noch, aber es tut weh“ sei nicht hilfreich, besser sei ein „weil es weh tut, geht das nicht mehr.“ Bereits ein erschwertes Treppensteigen mit Unsicherheitsgefühl sei ein Indiz für einen Pflegegrad. Ja, im Interview dürfe man keine Scheu vor der begutachtenden Person haben, müsse sich ein Stück weit nackig machen.
Generell sei das System der Pflegekasse ein kompliziertes – das sei Absicht, um Versicherte abzuschrecken, Leistungen in Anspruch zu nehmen. Die gegenwärtige Diskussion um die Abschaffung des Pflegegrades 1 diene womöglich ähnlichen Zwecken, aber: „Ich bin guter Dinge, dass der Pflegegrad 1 nicht abgeschafft wird.“ Und: Wer eine Einschränkung habe, solle den Pflegegrad 1 in Anspruch nehmen. „Mit der 1 hat man den Fuß in der Tür, auch wenn noch nicht viel dabei herauskommt. Es ist mit der 1 aber leichter, in die 2 zu kommen.“ Im übrigen sehe man vielen Menschen überhaupt nicht an, dass sie einen Pflegegrad hätten.
Ein Pflegegrad ermögliche es, Produkte wie Vorlagen oder Windeln ohne Zuzahlung von der Kasse gestellt zu bekommen; auch das sei nicht zu unterschätzen.
Mario Demmer-Benedetti stellte desweiterten den Schwerbehindertenausweis und das Notruftelefon vor, erklärte Beantragung, Funktion und Nutzung. Auch hier kann der Berater als Möglichmacher tätig werden, ohne dass Kosten entstehen. Sein Appell an seine Zuhörer über alle angesprochenen Themen hinweg: „Nur 17 Prozent der zustehenden Leistungen werden tatsächlich beantragt. Man soll und darf sich nicht schämen, die Leistungen abzurufen!“