Jochen Havers und Marion Michels vom Team DB InfraGo waren aus Köln angereist, um zu zeigen, was die Bahn in Nachrodt plant. Der Tunnel ist Teil des geplanten Ausbaus der Strecke Hagen-Siegen-Hanau, der im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 2030 mit einem vordringelichen Bedarf gekennzeichnet ist. Die Maßnahme umfasst die Modernisierung von insgesamt zehn Tunneln. Der Nachrodter Tunnel ist der erste – und auch einer der längsten. Geplant ist eine Tunnelerweiterung „für kombinierten Verkehr und kapazitätssteigernde Maßnahmen“, wie Jochen Havers den Ausschussmitgliedern erklärte. Aktuell gibt es vor allem Probleme mit dem Güterverkehr. Container können nicht transportiert werden, da sie zu hoch sind, gleiches gilt für die direkte Verladung von ganzen Lkw-Aufliegern.
Der Nachrodter Tunnel wurde 1860/1861 gebaut – wie auch die gesamte Strecke. Er ist 629 Meter lang. „Damit ist er über 500 Meter lang. Das heißt, es gelten auch besondere Sicherheitsbestimmungen, die wir aktuell nicht haben. Der Tunnel ist aber keineswegs unsicher und wird immer gewartet“, betonte der Bahn-Experte. Allerdings müsse, bei einer solchen Baumaßnahme vieles angepasst werden, wie beispielsweise die Flucht- und Rettungswege. Und auch Sammelplätze müssten angelegt werden. „Aktuell ist beispielsweise der Rettungsweg neben den Gleisen kein festasphaltierter Weg. Dafür sei natürlich auch Grunderwerb erforderlich.
Grundsätzlich kämen für den Streckenausbau im Bereich des Tunnels drei Varianten in Frage. Die erste wäre die Aufweitung des bestehenden Tunnels und der Bau eines zusätzlichen neuen, eingleisigen Tunnels. Der Vorteil wäre, dass geringe betriebliche Auswirkungen zu erwarten seien, da die Strecke während der Bauzeit nicht gesperrt werden müsste. Zudem sei der Sicherheitsstandard sehr hoch durch unabhängige Tunnelröhren. Der größten Nachteil wäre die lange Gesamtbauzeit. Außerdem wäre der logistische Aufwand durch zusätzlichen Flächenbedarf, große Mengen an Tunnelaushub und den damit verbundenen Transporten enorm.
Eine andere Variante wäre ein zweigleisiger Neubautunnel. Der alte Tunnel würde dann wieder verfüllt. Der Vorteil wären auch hier die sehr geringen betrieblichen Auswirkungen. Allerdings würden auch bei dieser Variante die Nachteilen überwiegen. Denn für zweigleisige Tunnel über 500 Meter gibt es ein Begegnungsverbot von Reise- und Güterzügen. Das könne immer mal wieder zu Wartezeiten führen. Hinzu kommen die Nachteile, die sich auch in der ersten Variante durch den Neubau ergeben.
Favorisiert werde daher eine Aufweitung des zweigleisigen Bestandstunnels. Die Vorteile: eine kürzere Gesamtbauzeit, geringere Kosten, geringerer Flächenbedarf, weniger Tunnelaushub, Zugverkehr ist weiter eingeschränkt möglich. Die Nachteile sind, dass sich wieder Reise- und Güterzüge nicht im Tunnel begegnen dürfen, dass eine Vollsperrung der Strecke vorübergehend notwendig ist und zudem sei der der baulogistische Aufwand hoch.
Der Plan zeigt das aktuelle Problem. Der Tunnel ist zu niedrig für Container. – Skizze: DB InfraGo
Aufwendig ist vor allem die neu zu erstellende Rettungszuwegung auf der Nord-Seite. Dort muss ein komplett neuer Rettungsweg entstehen, um die Zufahrt für Feuerwehr und Rettungsdienst zu den Gleisen zu gewährleisten. Auch die Löschwasserversorgung muss sichergestellt werden. Dafür ist Grundstückserwerb erforderlich. Auf der Süd-Seite entsteht zudem ein Sammelplatz für Reisende zwischen Südportal und B236. Auch hierfür müssen Flächen gekauft werden. In Sachen Schallschutz soll ebenfalls einiges passieren. So sollen unter anderem lange Schallschutzwände entstehen, um die Anwohner vor dem Bahnlärm zu schützen.
Natürlich haben die Bauarbeiten auch Auswirkungen auf die Anlieger. Am Südbereich beispielsweise wird die Zufahrt zur Straße am Tunnel nicht durchgängig möglich sein. Derzeit werde geklärt, ob die Zufahrt über die Straßen Steinwinkel realisiert werden kann. Die Bahn sei in dieser Frage im Austausch mit der Gemeinde.
Die Bahn rechnet mit einem Baubeginn in den 30er-Jahren. Wann genau, das hänge von vielen Faktoren ab. Unter anderem vom Planfeststellungsverfahren und den Einwendungen. Derzeit werde die parlamentarische Rückendeckung eingeholt. in Nachrodt wurde das Projekt erstmal Ausschussmitgliedern präsentiert. Gespräche mit Bürgermeistern und Kommunen gab es auch bereits woanders. Als nächstes ist Altena an der Reihe. Die reine Bauzeit soll um die drei Jahre betragen.