Das Arbeitsgericht Iserlohn steht offenbar vor dem Aus. Nach mehreren Medienberichten über die vom Justizministerium NRW geplante Strukturreform und dem damit verbundenen Kahlschlag der Arbeitsgerichtsbarkeit im Land teilt die heimische SPD-Landtagsabgeordnete Inge Blask aus Hemer mit, die Entscheidung sei gefallen. Danach plane die Landesregierung offenbar die Zahl der landesweit 33 Arbeitsgerichte auf 17 Standorte zu reduzieren. Damit sei auch das Ende des Arbeitsgerichts mit Sitz an der Erich-Nörrenberg-Straße in Iserlohn sowie dessen Gerichtstag im Gebäude des Amtsgerichts Lüdenscheid beschlossene Sache.
Überregionales
Minister stellt Diskussionspapier vor
NRW-Justizminister Dr. Benjamin Limbach hat jetzt gemeinsam mit den Präsidenten der Landesarbeitsgerichte Dr. Holger Schrade, Dr. Jürgen vom Stein und Dr. Christoph Ulrich ein Diskussionspapier zur Arbeitsgerichtsbarkeit der Zukunft in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Nach einem viermonatigen Beteiligungsprozess mit Interessenvertretungen enthält das Diskussionspapier konkrete Vorschläge, wie die Arbeitsgerichtsbarkeit in einer veränderten Arbeitswelt und unter veränderten Rahmenbedingungen leistungsfähig aufgestellt werden kann.
Veränderte Rahmenbedingungen
Die Arbeitsgerichtsbarkeit verfüge aufgrund einer historisch gewachsenen Struktur in Nordrhein-Westfalen über eine Vielzahl sehr kleiner Einheiten. Rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilten sich auf 33 Standorte. Der Personalbestand bei den Arbeitsgerichten sei in den letzten zehn Jahren um zehn Prozent gesunken, weil es im selben Zeitraum auch einen deutlichen Rückgang der Verfahrenszahlen gab: um über 20 Prozent bei den Urteilsverfahren und 43 Prozent bei Beschlussverfahren, teilt das Justizministerium mit.
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Kein Kommentar aus Iserlohn
Weder Stefan Kröner, Direktor des Arbeitsgerichts Iserlohn, noch der für die Pressearbeit des Gerichts zuständige Richter Timo Holger Timo wollten sich zu den Plänen sowie zu den möglichen Folgen für den Standort Iserlohn äußern. Beim Arbeitsgericht Iserlohn sind aktuell fünf Kammern eingerichtet. Verfahren aus den Städten Halver, Herscheid, Kierspe, Lüdenscheid, Altena, Schalksmühle, Neuenrade, Werdohl, Meinerzhagen und Plettenberg werden am Gerichtstag in Lüdenscheid verhandelt, die aus den Nordkreis-Kommunen Iserlohn, Hemer, Menden, Balve und Nachrodt-Wiblingwerde in Iserlohn.
2.226 Klagen eingereicht
Die schlechte Wirtschaftslage im Märkischen Kreis wirkte sich zuletzt auch auf das Arbeitsvolumen des Arbeitsgerichts aus. Dort wurden im vergangenen Jahr 15 Prozent mehr Verfahren eröffnet als noch im Jahr zuvor. Insgesamt wurden 2.226 Klagen eingereicht – ein Jahr zuvor waren es „nur“ 1.942. In der Spitze waren es im Jahr 2019 stattliche 2.783. An der Erich-Nörrenberg-Straße in Iserlohn wird mit weiter ansteigenden Fallzahlen gerechnet. Ob Kündigungsschutzklage, Klage gegen Abmahnungen, Zahlungsklagen, für ein besseres Zeugnis, Entscheidungen im Streit zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern: über mangelnde Beschäftigung können sich die vier Juristinnen und Juristen am Arbeitsgericht Iserlohn nicht beklagen – weder in der Zentrale noch am Gerichtstag in Lüdenscheid.
Viele kleine Gerichte
Justizminister Dr. Benjamin Limbach: „Es gibt viele kleine Gerichte, an denen vier oder weniger Richterinnen und Richter beziehungsweise insgesamt kaum mehr als ein Dutzend Mitarbeitende beschäftigt sind. An kleinen Standorten, an denen die Arbeitsgerichte nicht in Justizzentren untergebracht sind, kann beispielsweise schon der Ausfall eines Wachtmeisters oder einer Wachtmeisterin dazu führen, dass vor Ort niemand mehr für Sicherheit sorgen kann. Ähnlich sieht es auf den Rechtsantragsstellen aus: Fallen Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger aus, die Anträge von Bürgerinnen und Bürgern aufnehmen, können diese Anträge nicht mehr bearbeitet werden.“
Bildung größerer Einheiten
„Das Diskussionspapier schlägt auf der Grundlage des Diskussions- und Beteiligungsprozesses die Bildung größerer Einheiten und zukünftig 17 anstatt bisher 33 Arbeits- und Landesarbeitsgerichte in Nordrhein-Westfalen vor. Durch lokale Gerichtstage und erstmals auch auswärtige Kammern soll für alle Rechtssuchenden auch zukünftig in ihrer Region ein Arbeitsgericht schnell und unkompliziert erreichbar sein. Unter Einbeziehung der Gerichtstage und auswärtigen Kammern bleiben die Arbeitsgerichte für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen sogar an rund 40 Standorten in Nordrhein-Westfalen präsent. Die Kombination aus Gerichtsstandorten, auswärtigen Kammern und Gerichtstagen gewährleistet, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit weiterhin an zahlreichen Standorten erreichbar ist“, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums.










