Das Bündnis „Wir wollen wohnen!“ fordert vor der Kommunalwahl in NRW eine soziale Wohnungspolitik in den Kommunen. Die Lüdenscheider Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrt setzt Wohnen auf die kommunalpolitische Agenda und schlägt Alarm.

Bezahlbares Wohnen ist eine der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit, auch in Lüdenscheid. Doch die Mieten steigen, Sozialwohnungen verschwinden, und Menschen mit geringem Einkommen werden verdrängt. Seit 2021 sind die Mieten in Lüdenscheid um 13 Prozent gestiegen, wie Zahlen der Empirica Preisdatenbank zeigen. Zudem liegt die Leerstandsquote mit 2,4 Prozent unter den von Fachleuten empfohlenen drei Prozent, was auf einen angespannten Wohnungsmarkt hindeutet. Dass sich die Lage ohne entschlossenes politisches Handeln weiter verschärfen wird, zeigt eine Studie der NRW.Bank: Hiernach fallen bis 2030 26,7 Prozent der Sozialwohnungen in Lüdenscheid aus der Preisbindung und können dann zu Marktpreisen vermietet werden.

„Das Thema Wohnen gehört ganz oben auf die kommunalpolitische Agenda“, betont Felix Dornhöfer, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Lüdenscheid. „Wer zur Kommunalwahl antritt, muss sagen, wie er oder sie bezahlbares Wohnen sichern will und kann nicht nur auf Bund und Land verweisen. Alle politischen Ebenen können und müssen ihren Beitrag für bezahlbares Wohnen leisten.“

Am Grünewald werden nach dem Abriss des 170 Meter langen Häuserriegels vier neue Mehrfamilienhäuser entstehen.
Foto: Wolfgang Teipel / LokalDirekt

Zwar seien Bund und Länder für das Mietrecht und die Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung verantwortlich, doch auch die Kommune verfüge über Instrumente eine soziale Wohnungspolitik zu stärken.

„Ziel kommunaler Wohnungspolitik muss eine barrierefreie Quartiersentwicklung sein. So können Menschen mit Mobilitätseinschränkungen oder Sinnesbehinderungen lange in der eigenen Wohnung und im vertrauten Wohnumfeld leben,“ fordert Felix Dornhöfer.

„Zu uns kommen immer mehr Menschen, die mit ihren Wohnkosten überfordert sind. Wir brauchen die Stärkung der Fachberatung zur Vermeidung und zum Abbau von Wohnungslosigkeit. Der Verlust der Wohnung ist für die Betroffenen eine Katastrophe. Präventiv Wohnungsverluste zu vermeiden, ist daher erstes Mittel der Wahl“, erklärt Caritas-Direktor Stefan Hesse.

Falls es nicht möglich sei, schnell eine neue Wohnung zu beschaffen, brauche es in Lüdenscheid ein strukturiertes Angebot  Derzeit werde präventiv über das Projekt „Endlich ein Zuhause - NRW“ durch den Caritasverband Altena-Lüdenscheid Hilfe angeboten. Neben diesem, durch Fördermittel des Landes NRW und der Europäischen Union bis Ende 2027 unterstützten Projektes benötigten aber auch die Regelstrukturen der Wohnungslosenhilfe eine finanzielle Absicherung, betont der Caritas-Direktor. „Wir benötigen daher dringend Unterstützung der politisch Verantwortlichen, die Angebote dauerhaft fortzusetzen. Falls das nicht gelingt, fällt Hilfe für Betroffene ersatzlos weg. Eine Lücke, die von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen direkt trifft“, stellt Stefan Hesse fest.

Hintergrund: Die Mietsteigerungen beziehen sich auf die Angebotsmieten. Sie sind ein Indikator für die Preisdynamik des Mietwohnungsmarktes und spiegeln die aktuelle Marktlage wider. Stark steigende Angebotsmieten erschweren Umzüge und Mobilität; sie führen dazu, dass Menschen weite Pendelwege zur Arbeit zurücklegen und/oder in Wohnungen bleiben, die nicht zu ihrer Lebenssituation passen.

Mit Leerstand ist hier der marktaktive Leerstand gemeint. Das bedeutet, dass diese Wohnungen innerhalb von drei Monaten bezugsfertig sind. Eine Leerstandsquote von etwa drei Prozent wird als Indikator eines „gesunden Wohnungsmarktes“ gesehen. Schon geringe Abweichungen nach unten erhöhen den Konkurrenzdruck bei der Wohnungssuche. Besonders für Menschen mit wenig Einkommen oder ohne festen Wohnsitz verschärft das die Situation erheblich. Die Zahlen sind den neuesten Zensusdaten von 2022 entnommen.

Die Angaben zum Sozialwohnungsbestand beziehen sich auf den Zeitraum von 2024 bis 2030. In vielen Fällen werden weniger Sozialwohnungen gebaut als aus der Bindung fallen, weswegen der Bestand weiter abnimmt.

Das Bündnis: Das NRW-Aktionsbündnis „Wir wollen wohnen!“ ist ein Zusammenschluss bestehend aus Deutscher Mieterbund NRW e.V., Deutscher Gewerkschaftsbund NRW, Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW e.V., Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW, Caritas in NRW, Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V., Sozialverband Deutschland NRW e.V., Sozialverband VdK NRW e.V. Es setzet sich ein für den Erhalt und den Ausbau des Mieterschutzes in NRW und für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum.