„Warum sind die Fenster hier so bunt?“, fragt ein Vorschulkind, das sich verwundert in der Trauerkapelle des Friedhofs Wippekühl umschaut. „Damit es hier natürlich schön aussieht“, antwortet ein Mädchen, das beeindruckt von den vielen Farben ist. Zum ersten Mal betreten die beiden und drei weitere Vorschulkinder des Kindergartens „Junges Gemüse“ die Trauerkapelle. Für einige von ihnen ist es der erste Besuch auf einem Friedhof, was ihr Interesse und ihre Neugier weckte. Genau das möchte das Projekt „Abschied nehmen“ der Caritas Iserlohn bei den Kindern fördern.
„In acht Einheiten lernen die Kinder, wie sie kindgerecht mit den Themen Tod, Sterben, Trauer und Abschied umgehen können“, erklärt Johanna Schwarte, Projektkoordinatorin des Mobilen Kinder- und Familien-Hospizdienstes der Caritas, die das Projekt seit zehn Jahren begleitet. Kinder gehen weniger bedrückt mit dem Thema um und haben oft eine andere Sichtweise. „Kinder begreifen Dinge schneller durch Berührung“, sagt die Expertin und verweist auf die bunten Fenster, die die Kinder vorsichtig ertasten, oder auf verschiedene Bastelaktionen, bei denen sie Tod und Trauer verarbeiten. Auch das Maskottchen „Tränchen“ darf einen Blick werfen.
Vorschulkinder zu Besuch am Friedhof
Beim Erkunden und Mustern des Friedhofes gehen die Kinder wichtigen Fragen nach: „Wie sterben Menschen?“ oder „Was bedeutet es eigentlich, Abschied zu nehmen?“. Einige Kinder machen es sich zur Aufgabe, das Grab ihrer verstorbenen Großeltern zu suchen. Vor Fragen scheuen sich die Kinder nicht. Im Gegenteil: Je mehr Fragen sie stellen, desto mehr „Aha!“-Erlebnisse haben sie. So fragt ein Junge mit ernster Miene: „Trauerfeier? Warum feiert man, dass eine Person gestorben ist?“ Nina Gregorz, die Leiterin der Kita, antwortet: „Wir feiern, dass die Person auf der Welt war. Damit wir sie nicht vergessen.“
Um auch möglichst viele Fragen zu beantworten, werden Friedhofsgärtner Burkhard Weber sowie Christiane Dix von der Gemeindeverwaltung dazu geholt. Weber, der nun seit 36 Jahren für den Friedhof Wippekühl verantwortlich ist, erklärt den Mädchen und Jungen die verschiedenen Grabarten: groß, klein, mit oder ohne Blumen, unter einem Baum oder ohne Grabstein. Auch dem Ehrenmal widmet er eine kleine Geschichtsstunde. Er stellt seinen Beruf und die vielen wichtigen Aufgaben vor, die er täglich erledigt. „Ich finde es wichtig, dass die Kinder die Berufe auf einem Friedhof kennenlernen. Das geht sonst unter“, erläutert Schwarte.
Von Kindern, für Kinder
Mit großer Neugier erkunden die Kinder das Grab der Sternenkinder. Seit 2020 gibt es ein separates Grab für Kinder, die vor, während oder nach der Geburt verstorben sind. Bisher liegen noch keine Sternenkinder auf dem Friedhof Wippekühl. „Für betroffene Eltern ist dieses Angebot sehr wichtig“, sagt Dix. Um das Grab zu gestalten, malen die Vorschulkinder verschiedene Motive wie Herzen und Regenbögen auf Scheiben, die nun über dem Grab hängen. Von Kindern, für Kinder. Mit großen Augen betrachten die Vorschulkinder die Urnennische, die in Regenbogenfarben verziert ist.
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„Kinder müssen noch nicht alles verstehen“, betont Schwarte zum Schluss. Dass sie sich dem Thema jedoch langsam annähern, sei ein wichtiger Schritt für die Zukunft.