Die Weltmeisterschaft im Sportschießen mit den Disziplinen Gewehr und Pistole gehört zu den bedeutendsten internationalen Wettkämpfen dieser technisch und mental anspruchsvollen Sportart. Vom 6. bis 18. November fand das Großereignis in Kairo statt. Mit dabei war Dr. Stefan Nolte, Chefarzt der Konservativen Orthopädie im Deutschen Wirbelsäulen- und Skoliosezentrum der Sportklinik Hellersen. Als Mannschaftsarzt des Deutschen Schützenbundes betreute er das deutsche Team während der gesamten Wettkampftage.

 

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Als erfahrener Mannschaftsarzt des Deutschen Schützenbundes betreute er das Team während der gesamten Wettkampftage medizinisch und orthopädisch. Im Interview berichtet Dr. Stefan Nolte über seine persönlichen Eindrücke aus Kairo, über die sportlichen Höhepunkte und über die besonderen Anforderungen, die der Schießsport an Körper und Psyche stellt.

Herr Dr. Nolte, Sie waren als Mannschaftsarzt in Kairo vor Ort. Wie haben Sie die Atmosphäre der Weltmeisterschaft erlebt?

Dr. Stefan Nolte: Eine Weltmeisterschaft ist natürlich immer etwas Besonderes. Da kommen die Besten der Besten zusammen, und das spürt man sofort. Die Atmosphäre war international, intensiv und in jeder Hinsicht professionell. Man merkt an jeder Ecke, wie enorm wichtig dieser Wettkampf für die Athleten ist. Dieses Gefühl, Teil eines großen, weltweiten Sportereignisses zu sein, war die ganze Zeit spürbar.

Wie unterscheidet sich eine WM von Olympischen Spielen?

Dr. Stefan Nolte: Der Unterschied ist deutlich spürbar. Bei den Olympischen Spielen ist die mediale Präsenz riesig, überall stehen Kameras und Fernsehteams. Bei der Weltmeisterschaft wird zwar auch professionell übertragen, aber vor allem über die Streamingkanäle der ISSF (Internationale Schießsport Föderation). Die Finals sind sehr hochwertig inszeniert und finden in einer großen Finalhalle statt, aber die weltweite Aufmerksamkeit reicht nicht an Olympia heran.

Deutschland hat in Kairo große Erfolge gefeiert, darunter die Goldmedaille von Maximilian Dallinger im Luftgewehr. Wie haben Sie diesen Moment erlebt?

Dr. Stefan Nolte: Die Goldmedaille von Maximilian Dallinger war ein absolutes Highlight. Er hatte in letzter Zeit gute Ergebnisse gezeigt, aber es gab andere Favoriten, die im Vorfeld auch stark eingeschätzt wurden. Dass er sich im Finale durchsetzt und die Goldmedaille holt, war fantastisch. Wir haben uns alle riesig gefreut, denn es war ein sehr schöner Moment für ihn und für die gesamte Mannschaft. Auch das Mannschaftsgold der Schnellfeuerpistolen-Schützen war ein starkes Ergebnis.

Welche körperlichen und mentalen Belastungen erleben Sportschützinnen und Sportschützen während einer solchen Weltmeisterschaft?

Dr. Stefan Nolte: Die körperlichen Anforderungen sind zwar hoch, aber die Athleten sind sehr gut darauf vorbereitet. Sie trainieren regelmäßig unter Wettkampfbedingungen und können die Belastung über mehrere Stunden gut durchhalten. Der entscheidende Unterschied liegt im mentalen Bereich. Im Finale steigt mit jedem Schuss die Nervosität, denn nach und nach scheiden Athleten aus.

Wer dort die Nerven behält und seine Bewegungen präzise kontrolliert, hat die besten Chancen. Das ist eine enorme mentale Herausforderung.

Mit welchen orthopädischen Beschwerden der Athleten hatten Sie während der WM besonders zu tun?

Dr. Stefan Nolte: Typisch sind Überlastungserscheinungen wie Sehnenansatzreizungen, muskuläre Verspannungen oder Beschwerden der Haltehand. Der Physiotherapeut spielt dabei eine große Rolle, denn eine entspannte Muskulatur ist wichtig für die Stabilität und Präzision. Schwerere Gelenk- oder Wirbelsäulenprobleme hatten wir glücklicherweise kaum. Letztendlich wirkte sich auch das warme Klima in Kairo positiv auf die Muskulatur aus, weil sich diese bei Wärme besser entspannen kann.

Gab es akute medizinische Behandlungen, die Sie vor Ort durchführen mussten?

Dr. Stefan Nolte: Ja, einige. Vor allem Sehnenansatzprobleme mussten akut versorgt werden, teilweise auch durch Infiltrationen. Zusätzlich spielt bei internationalen Wettkämpfen die reisemedizinische Vorsorge eine wichtige Rolle. Wir achten beispielsweise auf ausreichende Trinkhygiene, einen aktuellen Impfstatus und darauf, potenzielle Risiken zu vermeiden. Die Region ist ein Tollwutgebiet, deshalb war es wichtig, die Athleten darauf hinzuweisen, den Kontakt zu streunenden Hunden zu vermeiden.

Wie wichtig ist die konservative Orthopädie für Sportschützen?

Dr. Stefan Nolte: Sie ist sehr wichtig, weil Sportschießen eine Präzisionssportart ist, die über viele Jahre hinweg einseitige Belastungen erzeugen kann. Ausgleichstraining und Athletikübungen sind daher zentral. Sportschützen im Leistungssport sehr gut ausgebildete Athleten, die regelmäßig Fitness- und Stabilitätstests absolvieren. Das Niveau ist deutlich höher als früher, und die gezielte orthopädische Betreuung trägt wesentlich zur Leistungsfähigkeit bei.

Was hat Sie persönlich an Ihrem Einsatz in Kairo besonders beeindruckt?

Dr. Stefan Nolte: Am eindrucksvollsten waren die gigantischen Sportstätten. Kairo hat eine riesige Sportstadt gebaut, die mit ihren Arenen, Hallen und Stadien eine enorme Dimension hat. Viele dieser Anlagen sind vollständig ausgestattet, aber kaum genutzt und teilweise verstaubt, was einen ungewöhnlichen Eindruck hinterlässt. Die Schießanlage selbst war riesig und sehr modern. Diese Mischung aus Größe, Ambition und ungenutztem Raum war einer der prägendsten Eindrücke meiner Zeit in Ägypten.