Theorie und Praxis liegen oftmals Welten auseinander. Erfolgt die Praxis dann auch noch mehr oder weniger in der Öffentlichkeit, will sich niemand eine Blöße geben. So geht es auch den Schülern der Gesamtschule Kierspe (GSKI), die zum Teil am kommenden Sonntag das erste Mal vor einer Wahlkabine stehen.
„Es ist das eine, den Ablauf einer solchen Wahl theoretisch im Unterricht zu besprechen, oder den Vorgang tatsächlich selber durchzuführen“, weiß Alican Sevim, Lehrer an der GSKI. Daher nimmt die Schule schon seit Jahren am Projekt „Junior-Wahl“ teil.
Für die wahlberechtigten Schüler ab der Jahrgangsstufe 8 ist die Teilnahme an der simulierten Wahl verpflichtend. „Ob sie auf dem Wahlzettel tatsächlich ihr Kreuz machen, können und wollen wir natürlich nicht vorschreiben, aber alle sollen den Ablauf in einem Wahllokal schon einmal durchgespielt haben“, begründet Alican Sevim die Teilnahme an der Junior-Wahl.
Die Schüler erhalten eine Wahlbenachrichtigung und die gleichen Stimmzettel, die auch am Sonntag im echten Wahllokal ausgeteilt werden. So kann die Simulation der Wahl unter reellen Bedingungen durchgeführt werden und auch schon mal gelernt werden, dass man immer nur einzeln in die Wahlkabine gehen darf.
„An der Junior-Wahl nehmen 1000 Schulen teil“, erklärt Alican Sevim das Prozedere. Diese Stimmen werden alle ausgezählt und die teilnehmenden Schulen erhalten im Anschluss auch das Ergebnis dieser Wahl.“ Dieses Resultat ist besonders für die Politik wichtig, denn sie spiegelt das Wahlverhalten der jungen Generation wieder. Allein an der GSKI werden 800 bis 900 Schüler an der Junior-Wahl teilnehmen.
Leonard Schurt war zwar überrascht, über die große Auswahl der zu wählenden Parteien, er hatte sich aber im Vorfeld schon überlegt, wer sein Wunschkandidat ist und das entsprechende Kreuzchen gesetzt. Julia Schimpf hingegen hat sich die lange Liste komplett durchgelesen und danach entschieden, welche Partei ihre Stimme bekommen sollte. Bruno Cotungno und Florian Betten sind noch anders an die Auswahl ihres Favoriten gegangen. „Wir haben im Unterricht über den Wahl-O-Mat geprüft, welche Partei wohl am besten zu uns passt“, erzählen sie.
Ob die Zehntklässler allerdings auch an der Europa-Wahl am Sonntag teilnehmen werden, wissen sie noch nicht. Nur Florian Betten hat nicht lange gezögert, und seinen Favoriten schon per Briefwahl gewählt.