„Niemand weiß genau, wo sie hergekommen sind“, sagt Bürgermeister André Dahlhaus im Pressegespräch am Dienstag, 26. März, gegenüber LokalDirekt. Es werde angenommen, dass die ersten Mufflons auf Breckerfelder Boden vermutlich aus einer privaten Haltung „ausgebüchst“ sind und den Stamm für die heute hier lebende Großherde bildeten. „Und dann hat sich die Sache wohl verselbständigt.“
Wie viele Mufflons es im Umkreis aktuell seien, darüber könne lediglich spekuliert werden: „Aber allein im Tal der Ennepe gibt es einen deutlichen Mufflonbestand.“ Im Bereich Eicken/Brenscheid beispielsweise sei eine Herde in einer Größenordnung von geschätzt 80 bis 100 Tieren gesichtet worden.
Rudelbildung erschwert die Jagd
Mufflons sind kleine, etwa 65 bis 90 Zentimeter hohe Wildschafe, die sich gern in lichten Mischwäldern aufhalten und einen ausgeprägten Herdentrieb haben: „Ein Mufflon kommt selten allein“, weiß Gabi Allefeld, die in der Breckerfelder Stadtverwaltung – unter anderem – für Jagdangelegenheiten zuständig ist. „Anzutreffen sind sie immer in einem größeren Herdenverbund, was die Jagd erschwert. Bei Gefahr rotten sich die Tiere zusammen, bleiben aber nicht regungslos stehen, sondern drehen sich spiralförmig um das Leittier herum.“
Wie Dahlhaus, Allefeld und Konrad Habel als Vorsitzender der Breckerfelder Jagdgenossenschaft betonen, liege es Stadt und Jägerschaft fern, das Muffelwild gänzlich abzuschießen: „Auch wenn vor einigen Jahren im Gespräch war, den Bestand im Ennepe-Ruhr-Kreis auf Null zu setzen, so wird seitens der für Breckerfeld zuständigen Unteren Jagdbehörde nun ein ‚gewisser Bestand‘ akzeptiert“, so Dahlhaus. Nichtsdestotrotz sei eine jagdliche Regulierung notwendig: „Es ist wichtig, dass wir jetzt die Weichen stellen, sonst haben wir künftig wirklich ein Problem, die heimischen Wälder hochzuziehen.“
Mufflons gefährden Waldaufbau
Denn die Wildschafe haben – genau wie heimisches Rotwild – eine Vorliebe für die jungen Triebe von Laub- und Nadelgehölzen. „Unsere Wälder sind durch den Borkenkäfer so stark geschädigt, dass sie nicht gesunden können, wenn das Wild die Neuanpflanzungen mehr oder weniger zerstört“, so Dahlhaus. „Wir haben größere Flächen kleiner Fichten mit Wildverbiss an den Terminaltrieben gesehen,“ ergänzt Allefeld. Wenn aber diese Haupttriebe, die die Wuchsrichtung der Bäume bestimmen, abgefressen würden, wachsen diese nicht (mehr) in die Höhe.
Doch auch an ausgewachsenen Bäumen können Muffel erhebliche Schäden anrichten, indem sie die Rinde nagenderweise „abschälen“.
„Mufflon-Klausel“ in Jagdpachtverträgen
Um dieser Problematik entgegenzuwirken, die Wildschäden zu begrenzen und gleichzeitig eine gesunde Population zu erhalten, ist die Jagd auf Mufflons durch das Jagdrecht nach dem Bundesjagdgesetz geregelt. Basierend auf diesem hat auch die Untere Jagdbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises mit einer „Abschussquote“ festgelegt, wie viele Mufflons in den Revieren zur Jagdzeit zwischen 1. August und 30. Januar erlegt werden dürfen – oder sollten.
Somit sei es keine städtische Entscheidung oder eine der örtlichen Jagdgenossenschaft, der ausnahmslos alle Eigentümer von land- oder forstwirtschaftlichen Flächen angehören. Es handle sich vielmehr um eine behördliche Anweisung, das „Mufflon-Problem“ in vier der insgesamt neun Breckerfelder Reviere aktiv anzugehen. „In den Ende Februar neu geschlossenen Jagdpachtverträgen ist deshalb auch eine ‚Mufflon-Klausel‘ verankert“, erklärt André Dahlhaus.
NABU spricht sich für Abschuss aus
Laut NABU Nordrhein-Westfalen wird die Population der Mufflons deutschlandweit auf zirka 8000 Tiere geschätzt. Da sie im Anhang III der Berner Konvention von 1979 aufgeführt und somit eine geschützte Art sind, dürfen sie nur in einem Umfang bejagt werden, der ihren Bestand nicht gefährdet.
Dennoch fordert der NABU aus Natur- und Tierschutzgründen diese nichtheimische Art komplett abzuschießen: „Weil Mufflons ursprünglich optimal an ein Leben auf felsigen Inseln angepasst sind und infolge der hier vorherrschenden weichen Böden Hufleiden entwickeln.“ Ihre Hufe würden oft extrem lang wachsen und den Tieren dadurch erhebliche Schmerzen bereiten.
Wolf würde das „Mufflon-Problem“ schnell lösen
Ob nun aus Tierschutzgründen oder weil sie den „Nachwuchs“ der heimischen Wälder gefährden: Die biologisch als „Ovis gmelini musimon“ bezeichneten Mufflons sollen sich hierzulande also bestenfalls nicht weiter ausbreiten.
Auf „natürlichem Wege“ ließe sich der Bestand wohl am schnellsten dadurch reduzieren, wenn in der Region ein Wolf Revier bezieht. Denn das Fluchtverhalten der „importierten“ Wildschafe ist ihrem ursprünglichen Lebensraum angepasst, wo sie sich bei Gefahr in unzugängliche Felswände oder auf höher gelegene Felsvorsprünge zurückziehen können. Im hierzulande eher flachen Gelände wären sie leichte Beute für Verfolger: „Ein Wolf hätte da ein ganz leichtes Spiel“, sagt André Dahlhaus. Allerdings, betonte er, sei es es den Landwirten, Forstbetrieben und Nutztierhaltern ganz sicher nicht zu wünschen, wenn für sie neben all den aktuellen Schwierigkeiten und dem „Mufflon-Problem“ auch noch ein „Wolf-Problem“ hinzukäme.