Einmal mehr ist es der Unternehmer Uwe Hell, der klare Worte fand: „Es fehlt mal wieder der Druck auf dem Kessel. Was ist uns denn geblieben nach all den Politiker-Besuchen an der Brücke?“ Der Unternehmer drängt darauf, dass es in Sachen Brückenneubau weitergeht. „Offensichtlich war die Vollsperrung nicht schlimm genug und die meisten haben vergessen, was das für uns bedeutet“, sagte Uwe Hell. Er verstehe die Passivität nicht: „Was passiert mit unserem Ort, wenn die Brücke weg ist? Noch eine Sperrung überstehen viele Unternehmen nicht und die kommen dann auch nicht wieder“, betonte der Unternehmer. Auch Bürgermeisterin Birgit Tupat nahm an dem Gespräch teil. „Wir können nichts machen. Wir fragen immer wieder nach. Alles hängt jetzt von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ab“, erklärte die Bürgermeisterin.
Am 27. August des vergangenen Jahres kam die freudige Nachricht: „Die Bezirksregierung Arnsberg hat das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der B236 im Märkischen Kreis zwischen Nachrodt-Wiblingwerde und Meinerzhagen, inklusive einer Verlegung der Lennebrücke, mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 23. August 2024 abgeschlossen.“ Sechs Tage später, am 2. September 2024, besuchten der CDU-Landesfraktionsvorsitzende Thorsten Schick und Matthias Goeken, Vorsitzender des NRW-Verkehrsausschusses, die Brücke und suchten den Dialog mit den Bürgern. Die Euphorie war groß. „Vor allem ist die Sorge behoben, dass es sich um ein ganz langes Verfahren handeln wird“, betonte Schick damals und verwies damit auf den Planfeststellungsbeschluss und erklärte: „Klagen haben jetzt keine aufschiebende Wirkung mehr.“ Auch habe Nachrodt-Wiblingwerde damit einen immensen Vorteil gegenüber anderen Bauprojekten. „Sie haben die rechtlichen Grundlagen dafür. Diese fehlen anderen“, erklärte Goeken damals. Schon 2025 könnten die ersten Bagger anrollen. Doch alle Beteiligten wurden einmal mehr eines Besseren belehrt. Im Oktober 2024 kam die Klage. „Es hat eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss gegeben. Die Klage wurde fristgerecht beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster eingereicht. Eine Klage gegen den Beschluss hat keine aufschiebende Wirkung. Es wurde jedoch zusätzlich zur Klage ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (umgangssprachlich als „Eilantrag“ bekannt) gestellt, was eine Aussetzung des Vollzugs der Baumaßnahme bis zur Entscheidung des OVG zum vorher genannten Antrag zur Folge hat“, hieß es in einer Mitteilung der Bezirksregierung. Die Folge: Die Brücke ist nicht mehr im Bauplan für 2025 zu finden. Die rechtlichen Grundlagen sind Straßen.NRW zu unsicher. Und der Eilantrag? Über den wurde noch nicht entschieden. Obwohl es in den Terminen rund um die Brücke immer hieß: „Acht Wochen, maximal.“

LokalDirekt hat beim Oberverwaltungsgericht in Münster nach dem Stand der Dinge gefragt. „Eine gerichtliche Entscheidung über den Eilantrag (11 B 972/24.AK) liegt nicht vor. Wer sie ,bis spätestens Ende März‘ in Aussicht gestellt haben soll, entzieht sich meiner Kenntnis. Insoweit bestehen jedenfalls keine festen gesetzlichen zeitlichen Vorgaben für das Gericht“, erklärte Dr. Johann Lier, Richter am Oberverwaltungsgericht Münster und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Dass es sich um eine Infrastrukturmaßnahme mit hoher Dringlichkeit handele, sei dem 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts bewusst. „Daher ist beabsichtigt, das hier am 10. Oktober 2024 eingegangene Hauptsacheverfahren schon im 2. oder 3. Quartal dieses Jahres mündlich zu verhandeln. In der Vergangenheit wurde in vergleichbaren Konstellationen über den Eilantrag nicht vorab streitig entschieden“, erklärte Dr. Johann Lier.
Immer wieder ist zu hören, dass ein langatmiges Verfahren den Klägern in die Karten spiele. Da ein Planfeststellungsbeschluss nicht ewig gültig sei. Der Richter erklärte jedoch: „Da kann ich auf die gesetzliche Regelung in § 17c Nr. 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) verweisen. Danach tritt ein – wie hier – nach § 17 FStrG erteilter Planfeststellungsbeschluss außer Kraft, wenn mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen wird, wobei diese Frist um weitere fünf Jahre verlängert werden kann. Die Frist beginnt im vorliegenden Fall damit erst, wenn über die gegen den von Ihnen angesprochenen Planfeststellungsbeschluss erhobene Klage (Az. 11 D 206/24.AK) rechtskräftig entschieden worden ist.“
Thorsten Schick: „Das Ziel muss ein zügiger Bau der Brücke sein“
LokalDirekt hat auch bei Thorsten Schick kritisch nachgefragt, ob es stimmt, dass die Landespolitik die Brücke im kleinen Nachrodt-Wiblingwerde, die das Nadelöhr für das gesamte Lennetal ist, vergessen hat. Nur wenige Minuten später meldete sich der CDU-Fraktionsvorsitzende telefonisch: „Das ist natürlich nicht so. Ich habe noch heute einen Telefontermin mit Steffen Scholz (Leiter der Regionalniederlassung Südwestfalen von Straßen.NRW, Anm.d.Red.).“ Grundsätzlich habe eine Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung. Dies sei beim Termin im September auch so kommuniziert worden. Leider sei es in diesem Fall aber so, dass ein ergänzender Eilantrag mit dem Ziel einer aufschiebenden Wirkung beim OVG in Münster gestellt worden ist. „Dieser ergänzende Antrag einer Person bremst nun das Verfahren. Der Politik sind im Rahmen dieses Rechtsstreits leider die Hände gebunden“, betonte Schick.
Um nicht zusätzlich Zeit zu verlieren, habe Straßen.NRW bereits eine Klageerwiderung verfasst. Im Normalfall passiere das erst nach Aufforderung durch das Gericht. Diese Aufforderung sei bislang nicht erfolgt. Trotzdem habe Straßen.NRW bereits die Erwiderung verfasst. Das gelte auch für einen weiteren Punkt: Die Pläne würden fortgeschrieben und alle Auflagen aus dem Planfeststellungsbeschluss eingearbeitet, damit auch dort kein weiterer Zeitverzug entstehe.
„Das Ziel muss außerdem ein zügiger Bau der Brücke sein. Ein Bauzeitraum von fünf Jahren für den Brückenbau halte ich für zu lang. Ich bin sicher, dass Straßen.NRW die Maßnahme schneller durchführen kann“, betonte der heimische CDU-Abgeordnete und ergänzte: „Damit in der Zwischenzeit kein weiterer Verfall der Brücke droht, wird in diesem Jahr eine Betoninstandsetzung an der Brücke durchgeführt.“ All das passiere auch, weil die Politik das Thema Lennebrücke fortlaufend anspreche und für eine schnelle Lösung kämpfe.
Betonarbeiten an Lennebrücke
Straßen.NRW bestätigte die geplante Maßnahme. „Ja, wir werden im Sommer noch einmal eine Maßnahme dort haben“, erklärte Andreas Berg, Pressesprecher des Landesbetriebs. Geplant sind Betonarbeiten. Fugen sollen dann noch einmal verfüllt werden. Für die Arbeiten sei keine Sperrung erforderlich. Gearbeitet werde von einem Ponton aus. „Wir werden uns das Ponton teilen. Denn im Zuge der Arbeiten wird auch noch an den Versorgungsleitungen gearbeitet, die an der Brücke sind“, erklärte Andreas Berg. Einen genauen Zeitpunkt gebe es dafür noch nicht. Allerdings sind konstant höhere Temperaturen und ein niedriger Lennepegel für die Arbeiten erforderlich.