Die Vorvermarktungsphase für Glasfaser-Anschlüsse im Innenstadtbereich sollte eigentlich nur bis Mitte November laufen: „Nach der positiven Resonanz auf der ersten Infoveranstaltung im Juli waren wir zuversichtlich, 35 Prozent der in Frage kommenden Haushalte als Vertragspartner gewinnen zu können“, sagt der für Breckerfeld zuständige GigaNetz-Projektleiter Christian Lanze im Gespräch mit LokalDirekt. 35 Prozent – also rund 1000 Haushalte – brauche es, damit sich der Ausbau für das eigenwirtschaftlich tätige Unternehmen aber überhaupt wirtschaftlich „rechne“.
Post vom Bürgermeister
Anfang Oktober hatte die Deutsche GigaNetz dann eine Quote von 20 Prozent erreicht, Mitte November wandte sich Bürgermeister André Dahlhaus in einem Brief an alle Haushalte, die in der ersten Ausbauphase (Innenstadtbereich und Epscheid) ans schnelle Netz angebunden werden könnten.
Weil bis zum Ende der Vorvermarktung Mitte November zwar viele weitere Gespräche geführt worden seien, das Gesamtziel von 35 Prozent aber noch nicht erreicht sei, habe die Stadt Breckerfeld gemeinsam mit ihrem „Kooperationspartner“ beschlossen, die Angebote aus der Vorvermarktung noch bis Weihnachten zu verlängern“.
GigaNetz einziger Anbieter im Innenstadtbereich
Wichtig erscheint es dem Bürgermeister, in seinem Schreiben mit „Gerüchten“ aufzuräumen: Zwar nehme die Deutsche Telekom derzeit im Bereich Waldbauer und im südlichen Stadtgebiet einen Ausbau vor: „Bei dieser im Rahmen eines Förderprogramms durchgeführten Maßnahme sind jedoch nur Haushalte berücksichtigt, die eine Anschlussleitung von 30 Mbit/s Downloadgeschwindigkeit vorweisen können. In einigen Fällen wird ein Glasfaseranschluss verlegt, aber nicht flächendeckend“, so Dahlhaus.
Darüber hinaus habe der Ennepe-Ruhr-Kreis in Verbindung mit der Stadt Breckerfeld einen weiteren Förderantrag gestellt, für den die Ausschreibung – mit der Suche nach einem konkreten Telekommunikationsanbieter – laufe. Dahlhaus betont: „Dieser Antrag bezieht sich jedoch nur auf Außenbereichslagen.“
Für den Innenstadtbereich – bestehend aus dem Ortskern, den Wohngebieten Wengeberg, Westerfeld, Heider Kopf und der nördlichen Epscheider Straße sowie Epscheid – stehe derzeit ausschließlich die Deutsche GigaNetz in einem Interessenbekundungsverfahren.
Breckerfeld ist für „Marktriesen“ uninteressant
Für Haushalte in den genannten Stadtbereichen heißt das konkret: Wer sich jetzt nicht für das Angebot der Deutschen GigaNetz entscheidet, für den stehe zumindest in absehbarer Zeit kein Glasfasernetz zur Verfügung: „Es wird vermutlich fünf, sechs, sieben Jahre dauern, bis ein anderes Telekommunikationsunternehmen als Interessent auftreten wird“, sagt Christian Lanze im Gespräch mit LokalDirekt am Donnerstag, 7. Dezember. Für die „Marktriesen“ sei ein Kundenpotenzial von zunächst einmal nur 1000 Haushalten einfach nicht attraktiv genug, um quasi in Vorleistung die straßenbauliche und technische Voraussetzung dafür zu tragen.
Ohne Innenstadt sind Außenbezirke unwirtschaftlich
„Zumal der weitere Netzausbau nach dem Innenstadtbereich mit der Erschließung der Außenbezirke exorbitant teuer wird“, sagt Lanze. Und erklärt damit, warum für die Deutsche GigaNetz die besagte 35-Prozent-Marke so wichtig ist: „Wir würden das zweite Vermarktungsgebiet, und hier sprechen wir über gut 1000 weitere potenzielle Haushalte, ja an das Innenstadtnetz anschließen.
Diese liegen aber nicht nur weit von der Ortsmitte entfernt, sondern auch weiter auseinander.“ Die Kosten für die bauliche Erschließung seien dadurch so hoch, dass es für GigaNetz – „ohne die 35 Prozent“ – wirtschaftlich nicht tragbar sei: „Deswegen benötigen wir zuerst 1000 Vertragskunden aus dem ersten Vermarktungsgebiet.“
„Es sind nur zwei Vertragsjahre“
Christian Lanze sagt, nach dem Bürgermeister-Brief habe es nochmals einen Schwung neuer Interessenten und Vertragsabschlüsse gegeben: „Trotzdem haben aktuell erst etwas über 25 Prozent der in Frage kommenden Haushalte einen 2-Jahres-Vertrag mit der Deutschen GigaNetz abgeschlossen.“ Und macht nochmal deutlich: „Die Kunden binden sich nur für zwei Jahre an uns, danach können sie zu jedem anderen beliebigen Anbieter beziehungsweise zurück auf ihre alte Kupferdrahtleitung wechseln, wenn sie feststellen, dass sie kein Glasfasernetz benötigen.“ Aber immerhin hätten sie dann „den Hausanschluss für die Zukunft gelegt“.
Für die Zukunft rüsten
Die Stadt Breckerfeld jedenfalls hat für ihre kommunalen Liegenschaften (wie beispielsweise Rathaus, Feuerwehr, Museum, Grundschule, Kitas und Bauhof) einen Vertrag für Glasfaser-Internet abgeschlossen und betont, dass sie vollkommen hinter dem Ausbau-Projekt der Deutschen GigaNetz steht: „Eine zuverlässige und ruckelfreie Internetanbindung ohne Aussetzer oder Leistungsschwankungen ist ganz wichtig – ob im Arbeitsalltag, im Homeoffice, in den Schulen und Bildungsstätten oder beim Streaming allgemein“, so Bürgermeister Dahlhaus.
Das sei heute so, werde in den nächsten fünf bis zehn Jahren aber noch deutlich an Bedeutung hinzugewinnen, da zunehmend mehr digital ablaufe und immer mehr größere Datenmengen bewegt werden müssten.
Unklarheiten im Gespräch ausräumen
So argumentiert auch die Deutsche GigaNetz: „In Gesprächen hören wir oft, die aktuelle Leitung reiche vollkommen aus“, sagt Christian Lanze. „Aber tut sie das auch noch in drei, vier, fünf Jahren?“ Und wenn „das Netz“ irgendwann nicht mehr reichen sollte, werde es auch nicht ad hoc ein schnelleres geben „weil es in den von uns jetzt angebotenen Bereichen in Breckerfeld dann wahrscheinlich immer noch kein Glasfasernetz gibt.“
Auf jeden Fall noch bis Weihnachten werde das GigaNetz-Team in Breckerfeld für persönliche Beratungen zur Verfügung stehen. Der Info-Container auf dem Marktplatz ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. „Gern vereinbaren wir mit allen Interessenten auch einen individuellen Beratungstermin vor Ort beim Kunden“, so Lanze. Dieser lasse sich auch ganz bequem online über den Buchungsbutton auf der GigaNetz-Webseite vereinbaren. Auf der Webseite sind auch alle Informationen zum geplanten Ausbau und die unterschiedlichen Tarifoptionen zu finden.
Optimistisch, aber etwas ratlos
Der Projektleiter ist optimistisch, das Quotenziel von 35 Prozent noch bis Jahresfrist erreichen zu können. Obwohl er die aktuelle Zurückhaltung nach dem anfänglichen „Hype“ nicht verstehen könne, da sich Kunden, die jetzt einen Vertrag abschließen, generell doch erstmal nur für zwei Jahre an die GigaNetz binden – aber zum jetzigen Zeitpunkt immerhin die teuren Anschlussgebühren von ungefähr 1900 Euro sparen würden.
„Man könnte fast meinen, die Breckerfelder wollen gar kein Glasfasernetz“, wundert sich Christian Lanze. „Wenn wir irgendetwas tun können, wenn weitere Informationen benötigt werden: Wir sind für jeden Input dankbar und stehen zum Austausch zur Verfügung.“
Ungewisse Zukunft
Auch wenn der Projektleiter es im Gespräch mit LokalDirekt nicht explizit gesagt hat, steht fest: Die Deutsche GigaNetz wird voraussichtlich nur noch bis Jahresende, garantiert aber nicht bis zum „Sankt Nimmerleinstag“ in Breckerfeld für ihren Glasfaserausbau werben. Und fest steht auch: Ohne 1000 Vertragskunden aus dem Vermarktungsgebiet Innenstadtbereich / Epscheid wird die GigaNetz nicht als Anbieter in den Außenbereichen zur Verfügung stehen.
Ein anderes Telekommunikationsunternehmen, das Breckerfelds Ortsmitte und danach weitere Außenbezirke als wirtschaftlich attraktiv genug ansieht, um die Hansestadt ans „Netz der Zukunft“ anzuschließen, ist – zumindest in naher Zukunft – nicht in Sicht.