Der Ausschuss für Bevölkerungsschutz des Landkreistags NRW hat sich in seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch, 26. November, intensiv mit der Ankündigung der Krankenkassen befasst, die geltenden Gebührensatzungen für Rettungsdiensteinsätze künftig nicht mehr anzuerkennen.

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Mitglieder des Ausschusses sind Vertreter aller 31 Kreise in Nordrhein-Westfalen. Die Entscheidung der Krankenkassen, die Gebührensatzungen der Kreise zu ignorieren, Einsätze im Rettungsdienst zukünftig nur noch mit von ihnen einseitig definierten Festbeträgen abzurechnen und so am Ende Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger zu verlagern, war das zentrale Thema des Treffens in Detmold.

Krankenkassen verweigern Einvernehmen

Nach Angaben der Kreisverwaltung des Ennepe-Ruhr-Kreises waren sich die Ausschussmitglieder darüber einig, dass die Entscheidung der Krankenkassen die seit Jahrzehnten bewährte Abrechnungspraxis im Rettungsdienst gefährde: „Die Krankenkassen stellen derzeit nrw-weit das Einvernehmen mit den Gebührensatzungen der Kreise und kreisfreien Städte nicht her“, so Martin Weber, Leiter des Abteilung Bevölkerungsschutz der Kreisverwaltung, nach der Sitzung. Die Folge sei, dass Kosten künftig auf Bürgerinnen und Bürger verlagert werden könnten.

Ausschussvorsitzender Dr. Martin Sommer, Landrad des Kreises Steinfurt, sprach von einem deutlichen Vertrauensverlust: „Dieses Verfahren ist eine Zumutung für die Bevölkerung und belastet das Gesundheitssystem unnötig.“ Es sei ein „überflüssiger bürokratischer Mehraufwand für Patienten, Verwaltung und Krankenkassen“ und sorge für „massive Verunsicherung in der Bevölkerung“.

Gutachten warnt vor Finanzierungslücke

In der Ausschusssitzung stieß ein vom Ennepe-Ruhr-Kreis in Auftrag gegebenes Gutachten auf großes Interesse. Dieses war zu dem Ergebnis gekommen, dass die von den Festbeträgen der Krankenkassen hervorgerufene Unterfinanzierung des Rettungsdienstes nicht über den Kreishaushalt ausgeglichenen werden dürfe.

Denn damit notwendigen Versand von Gebührenbescheiden an Bürgerinnen und Bürger hatte Landrat Jan-Christoph Schaberick in der vergangenen Woche als „ein absolutes Unding“ bezeichnet und konkrete Zahlen genannt: Von den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern müssten demnach 452 Euro für einen Rettungswageneinsatz und 300 Euro für einen Notarzteinsatz gezahlt werden. Die Beträge könnten „Menschen definitiv ins Grübeln bringen, ob sie die 112 wählen sollen, wählen können oder nicht“, hatte Schaberick angemerkt und die Entscheidung der Krankenkassen als „gesundheitsgefährdend“ bezeichnet.

Forderungen an Kassen, Land und Bund

Um doch noch zu verhindern, dass Menschen den Rettungsdienst wegen möglicher Kosten nicht zu Hilfe rufen, fordert der Ausschuss die Krankenkassen auf, weiterhin auf Grundlage der bestehenden Gebührensatzungen abzurechnen und die Einsätze vollständig zu übernehmen. Gleichzeitig wurde an die Adresse der Krankenkassen die Erwartung adressiert, gemeinsam mit den Kreisen nach sachgerechten Lösungen zu suchen.

Auch vom Land NRW erwarten die Ausschussmitglieder mehr Unterstützung: Das Land müsse dringend auf die Kassen einwirken, um ein tragfähiges Ergebnis zu erzielen. Das Ziel müsse lauten, Notfalleinsätze für die Bevölkerung wie bisher kostenfrei zu gestalten. Gefordert sei zudem der Bund. Mit einer Änderung des Sozialgesetzbuches könnte dieser den Krankenkassen die Grundlage für ihre Argumentation entziehen.

Darüber hinaus sehen die Ausschussmitglieder auch den Bund in der Pflicht: Eine Änderung des Sozialgesetzbuchs beispielsweise könne den Krankenkassen die rechtliche Grundlage für ihr Vorgehen entziehen.

Thema im Kreistag und weitere Informationen

Die Rettungsdienstgebühren werden auch in der kommenden Sitzung des Kreistags am Montag, 8. Dezember, behandelt. Den Sachstand hat die Kreisverwaltung in einer Vorlage aufbereitet. Weiterführende Informationen und Hintergründe über die Auseinandersetzung mit den Krankenkassen und mögliche Folgen finden Bürgerinnen und Bürger auf einer FAQ Seite auf der Internetseite der Kreisverwaltung unter www.enkreis.de/gebuehren_rettungsdienst.

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