Das Interesse des Unternehmens ksolar aus Brilon, im Bereich Edelkirchen/Krausebuche eine zehn Hektar große Freiflächensolarenergieanlage errichten zu wollen, hatte Politik und Verwaltung bereits am 7. Februar vor die Frage gestellt, in welchem Rahmen diesen Anträgen stattgegeben werden sollte. Um eine gemeinsame Position formulieren zu können, nach der dieser und weitere Anträge beschieden werden können, kamen am Dienstagabend, 12. März, die Mitglieder des Planungs- und Umweltausschusses gemeinsam mit denen des Arbeitskreises Energie zu einer Sondersitzung zusammen. Eingeladen in den Saal des Kulturbahnhofs waren zudem Referenten der AVU, des Forstamtes, der Halveraner Landwirtschaft und der Mark-E.
Auch wenn die konkrete Anfrage des Unternehmens nicht Gegenstand des Abends im Kulturbahnhof war, so war dieser Antrag doch ursächlich für das Zusammenkommen. Hilfestellung bei der Findung einer gemeinsamen Position sollten die Beiträge einiger Experten liefern.
AVU: Errichtung muss unbedenklich sein
Derk Buchsteiner von der AVU hielt sich kurz. Essenz seiner Ausführungen zum Standpunkt des Energiedienstleisters und Wasserversorgers war es, dass sich die AVU im Rahmen der obligatorischen Verfahrensbeteiligung einer Freiflächensolaranlage nicht sperrt. Eine Errichtung müsse unbedenklich und der Betrieb unschädlich sein. Anträge würden, so Buchsteiner, wohlwollend eingeschätzt. Im konkreten Fall Edelkirchen, so wusste es der Leiter der Trinkwassererzeugung zu berichten, sei bislang aber keine Antragstellung bei der AVU eingegangen.
Forstamt: PV und Waldfläche schließen sich aus
Joshua Wendscheck vom Regionalforstamt Wald und Holz NRW erläuterte, dass der Wald als solcher für die Errichtung einer Freiflächensolaranlage nicht in Frage käme. Es gebe nur sehr seltene Ausnahmefälle, wozu ein Umwandlungsverfahren nötig wäre. „PV und Waldfläche schließen sich aus“, so Wendscheck. Gewisse Abstände einer PV-Anlage zu Waldflächen müssten hingegen dringend eingehalten werden.
Berbecker: Verlust von Flächen könnte existenzbedrohend sein
Nachdem er bereits am 7. Februar den Standpunkt der Halveraner Ortslandwirte dargestellt hatte, kam der Vorsitzende des hiesigen Ortsverbandes, Christoph Berbecker, am Dienstagabend einmal mehr zu Wort. Der Landwirt aus Anschlag untermauerte die Skepsis gegenüber des Vorhabens an der L528 mit einem ausführlichen Vortrag. „Die Fläche in Edelkirchen ist vom Bodenwert eine, die wir nicht ganz so oft hier finden. Das ist guter Boden. Den aufzugeben, wäre falsch.“
Eigentümer solcher Flächen wollten, so Berbecker, eine möglichst hohe Pacht erzielen; „Aber welches Rad bringen wir da ins Rollen?“ Die Landwirtschaft könne im Vergleich zur Energieproduktion keine konkurrenzfähige Pacht erwirtschaften. Schon jetzt erfahre sie einen hohen Flächendruck durch externe Faktoren wie Industriegebiete, Wohnbebauung oder Ausgleichsflächen. Zudem würden neue EU-Vorgaben zusätzlichen Druck ausüben. Der Verlust von Flächen könne für Betriebe existenzbedrohend sein.
Er selbst stehe der Energiegewinnung durch Freiflächen-PV-Anlagen skeptisch gegenüber, ohne geeignetes Speicherkonzept. Mangelnder Netzausbau führe zu teuer erkauften aber ungenutzten Erzeugungskapazitäten, so Berbecker. Der Ortsverband fordere, ohnehin versiegelte Flächen für PV-Anlagen in Halver zu nutzen, bevor neue Böden versiegelt würden. Zudem ermögliche technologischer Fortschritt perspektivisch effizientere Technologien, die es abzuwarten gelte.
Den Vorschlag, PV-Anlagen auf Stauseen in Erwägung zu ziehen, schmetterte Derk Buchsteiner von der AVU ab. Wasserstände würden sich durch Zu- und Ablauf verändern, hinzu käme die Möglichkeit einer Vereisung im Winter.
Hausaufgabe: Geeignete Flächen ausloten
Ralf Jürgensmeyer (SPD) wollte wissen, ob Landwirte selbst in Erwägung ziehen würden, eigene Flächen gewinnbringend an Investoren zu verpachten. Darauf Berbecker: „Ich selbst würde niemals auf die Idee kommen, so eine Fläche wie Edelkirchen mit PV-Anlagen zu besetzen.“ Es gebe bestimmt Randflächen, die da in Frage kämen. Ein Ausloten eben dieser Flächen gab Bürgermeister Michael Brosch am Ende der Sitzung Christoph Berbecker als „Hausaufgabe“ mit auf den Weg. Gemeinsam mit anderen Landwirten möge er konkrete Flächen benennen, die aus ihrer Sicht für die Errichtung von Freiflächen-PV nutzbar wären. Brosch: „Solche Impulse würden uns bei der Entscheidungsfindung helfen.“
Unter die sieben erschienenen Bürger mischte sich auch der Eigentümer der Flächen an der L528. Hartmut Römer aus Edelkirchen ergriff am Ende der Sitzung das Wort und formulierte eine Bitte an Verwaltung und Politik. „Ich möchte frei entscheiden können, was ich mit meiner Fläche mache.“ Er selbst habe Landwirtschaft „von der Pike auf“ gelernt, trotzdem stehe er zu seiner Entscheidung, den Acker und die angrenzende Wiese für Freiflächensolaranlagen zur Verfügung zu stellen. „So toll, wie Herr Berbecker den Boden dort oben einschätzt, ist das da nicht. Wir sind dort mit reichlich Steinen gesegnet“, so Römer.
Freiflächensolarenergieanlage – das sagt Mark-E
Stefan Meurer von der Mark-E stellte den Kriterienkatalog für die Errichtung einer Freiflächen-PV-Anlage in der Sondersitzung vor, betonte jedoch auch, dass der Landesentwicklungsplan (LEP) derzeit überarbeitet würde und dies Änderungen nach sich ziehen könnte.
Die Raumbedeutsamkeit richtet sich nach der Anlagengröße. Anlagen unter zwei Hektar sind in der Regel nicht raumbedeutsam, zwischen zwei und zehn Hektar ist eine Prüfung des Einzelfalls erforderlich, mehr als zehn Hektar sind raumbedeutsam. Beurteilt werden die Lage, das Maß der Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, die Vorbelastung der Landschaft, die Vereinbarkeit mit der Standortumgebung oder die Summeneffekte von angrenzenden Anlagen.
Für raumbedeutende Freiflächen-Solarenergieanlagen sollten vorzugsweise geeignete Brachflächen, Halden und Deponien, Flächen in landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten, künstliche Oberflächengewässer oder mit der Vorrangfläche vereinbare Windenergiebereiche genutzt werden.
Zudem sollten Flächen bis zu einer Entfernung von 500 Metern von Bundes- oder Landesstraßen oder überregionalen Schienenwegen genutzt werden. Belange landwirtschaftlicher Betriebe sollten, so erklärte Stefan Meurer, berücksichtigt werden.
Freiflächensolarenergieanlage – das sagt das Gesetz
Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms
aus erneuerbaren Energien stammen. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Gesetz für den
Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2023) vor, dass die Kapazität von Solaranlagen von derzeit ca. 70 GWp auf 215 GWp erhöht werden soll. Mindestens
die Hälfte der Kapazitäten soll dabei durch Freiflächensolarenergieanlagen beigesteuert werden.