„Kosmos des Lebens“ und „Halle an der Saale“ – das sind fotografische Zeitreisen, die die Stadt Lüdenscheid bis zum 26. Oktober in der städtischen Galerie möglich macht.

Die Fotografien von Henk Kosche zeigen uns eine Stadt, Halle an der Saale, kurz vor dem Mauerfall. Es ist der Blick auf den konkreten Lebensraum einer Stadtgesellschaft, der in kürzester Zeit, jenseits kontinuierlicher zeitdynamischer Prozesse, einschneidende Veränderungen erfuhr:

„Halle an der Saale, mein Studienort ein paar Jahre vor dem noch undenkbaren Mauerfall, hatte einen ganz besonderen Charme. Die Beschaffenheit der Gebäude und die Verfassung der Menschen in dieser Stadt hatten von außen betrachtet etwas gemeinsam, und ich versuchte, diesen Eindruck auf Film festzuhalten.

Was in den folgenden Jahren mit der Stadt, dem Land und den Menschen geschehen würde, war zum Zeitpunkt der Aufnahmen völlig unvorhersehbar. Auf den Fotos kann man ein letztes Mal die Atmosphäre jener Jahre erleben, bevor der Marlboro-Mann und die geschwungene Typografie eines Softdrink-Produzenten die Herrschaft über das Stadtbild übernahmen.“

Henk Kosche (*1966) studierte an der Burg Giebichenstein, Kunsthochschule Halle. Als Diplom-Designer arbeitete er für verschiedene Bereiche der Siemens-Designabteilung in München. 1993 wechselte er zum Unternehmen ERCO und ist dort seit 2004 Leiter der Gruppe Design.

Halle an der Saale war auch für Westbesucher eine so faszinierende wie abstoßende Stadt, die - etwas grob betrachtet - aus der Altstadt und dem riesigen Siedlungsgebiet Halle-Neustadt bestand. Halle war (und ist) Bestandteil des mitteldeutschen Chemiedreiecks und übersetzte sich für Westler nach Einkürzung des Wortes "Dreiecks" schlicht mit Dreck. Die Luft war schwer erträglich bis toxisch, griff selbst Metall an. In Halle Altstadt war der Verfall unübersehbar und er wirkte als Mix aus chemischer Zersetzung und bautechnischer Endzeit noch bedrohlicher als sonst im Lande. Gleichwohl war das für Bürger der Region Heimat; Henk Kosche dokumentierte diese Ambivalenz in beeindruckender Weise. Er porträtierte ein Land, das es nicht mehr gibt, eine Stadt, die man heute völlig anders vorfindet.

Die Dortmunderin Anneliese Kretschmer (1903-1987) gehört zu den bedeutenden deutschen Fotografinnen des 20. Jahrhunderts. Ausgehende von den charakteristischen künstlerischen Entwicklungen der Weimarer Republik - der Neuen Sachlichkeit und des Bauhaus - erarbeitete sich Kretschmer mit ihrem bildnerischen Werk eine eigenständige Position.

Die Porträtfotografie bildete schon früh den Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit. Die Porträts sollten möglichst natürlich wirken, so verzichtete Kretschmer auf Requisiten und auf jede Form der Inszenierung. Ihr eigenwilliges ästhetisches Konzept, das ungewöhnliche Bildausschnitte und Details in Nahsicht bevorzugt, wird von einer besonderen Sensibilität für den ‚sprechenden Augenblick‘ bestimmt.

Die Wanderausstellung des LWL-Museumsamtes für Westfalen würdigt die Arbeit dieser Fotografin und zeichnet ihre künstlerische Entwicklung in vier Kapiteln nach.

Die Dortmunder Fotografin Anneliese Kretschmer.
Foto: Stadt Lüdenscheid

Der Eintritt zur Ausstellung in der Galerie an der Sauerfelder Straße ist frei. Beide Schauen sind in der Galerie an der Sauerfelder Straße 14 bis zum 26. Oktober geöffnet. Öffnungszeiten sind von Mittwoch bis Sonntag jeweils von 11.00 bis 18.00 Uhr.