Hagen/Märkischer Kreis. In der rund 90-minütigen, digitalen Pressekonferenz beleuchteten die ENERVIE-Vorstände Erik Höhne und Volker Neumann ein breites Themenfeld, darunter unter anderem die Geschäftszahlen aus dem Jahr 2024, ihr kulturelles und sportliches Engagement im Ehrenamt, politische Entwicklungen, Projekte der Zukunft sowie den Energiewandel.
Nach der Begrüßung durch Alexander ten Hompel, Leiter Marketing/Kommunikation der ENERVIE-Gruppe, attestierte Vorstandssprecher Höhne, „es war ein herausforderndes Jahr 2024“, obwohl sich das Gefühl eingestellt hätte, „dass die Krisen vorbei sind“. Trotz eines niedrigeren Umsatzes, der witterungs- und konjunkturell bedingt war, sprach Höhne von einem „ausgesprochen guten Geschäftsjahr.“ Der Gewinn vor Steuern in Höhe von 64,4 Millionen Euro läge zwar unter dem Rekordergebnis aus dem Jahr 2023, aber beinhalte auch keine Sondereffekte wie im Jahr zuvor. „Die Kraftwerke waren Treiber des guten Ergebnisses“, stellte Höhne die Wichtigkeit der eigenen Werke heraus. Auch in diesem Jahr wolle die ENERVIE eine Dividendenzahlung in Höhe von 17 Millionen Euro vornehmen. Damit liegt sie auch weiterhin bei einem konstant hohem Wert. „Die regionale Wertschöpfung ist für uns ein wichtiges Gut“, erklärt er den Hintergrund der Ausschüttungen an die Träger und ergänzt die Summe von 230 Millionen Euro, die durch die Wertschöpfung in der Region auszumachen ist.
Dass der Energieverbrauch zum Vorjahr um 1,4 Prozent einbrach, erklärt Höhne mit den regionalen Besonderheiten. „Wir sind die drittgrößte Wirtschaftsregion in Deutschland. Viele Kunden sind Hidden Champions“, skizzierte er die Anhängigkeit von der weltwirtschaftlichen Lage. „Was uns beschäftigt, ist die hohe Volatilität bei den Strompreisen“, erklärt Höhne, dass besonders im Jahr 2024 der Vertrieb vor einer großen Herausforderung stand, weil kurzfristige Kontrakte von weiteren Anbietern deutlich günstiger waren und dementsprechend attraktiver für die Kunden. Auch, dass das Bundesverfassungsgericht im November 2023 entschieden hatte, dass die Ampelkoalition 60 Milliarden Euro aus ungenutzten Corona-Krediten nicht für den Klimaschutz verwenden darf, beeinflusste die Geschäfte des Energieversorgers deutlich.
Dass die erneuerbaren Energien mittlerweile im Jahr 2024 58 Prozent der Brutto-Stromerzeugung ausmachten, freute den Vorstand, wobei auch kritisch angemerkt wurde, dass diese Entwicklung Auswirkungen auf die Energiepreise und die Netzstabilität haben würden.
„Wir stärken massiv das Ehrenamt“
„Wir sind aus der Region, wir kommen aus der Region, wir versorgen die Region“, leitete Vorstandsmitglied Volker Neumann ein. „Wir wollen positive Energie in die Region zurückgeben“, beschrieb Neumann die vielfältige Unterstützung kulturellen und sportlichen Engagements der Region. „Weil gerade die Kunst Brücken baut“, argumentierte Neumann die Förderung des Ida-Gerhardi-Förderpreises in Lüdenscheid. Auch das Bautz-Festival, das mittlerweile ein anerkanntes Kulturangebot sei, sowie den Lüdenscheider AOK-Firmenlauf unterstütze der Versorger gerne. „Wir stärken massiv das Ehrenamt“, fasste er zusammen.
„Wir kämpfen um […] qualifizierte Mitarbeiter“
Dass auch die ENERVIE aktiv nach Mitarbeitern sucht, machte Neumann deutlich. Die Zahl von rund 1.100 Angestellten im Gesamtkonzern werde wohl zukünftig weiter wachsen. „Wir stehen vor der Herausforderung, […] den Personalstamm aufbauen zu müssen“, beschreibt Neumann den Umgang mit der Energiewende. Positiv hob er die Auszeichnung des familienfreundlichen Unternehmens hervor und erklärt, dass sie auf den sozialen Meiden aktiv seien, um „attraktiv als Arbeitgeber dort präsent zu sein.“
Investitionen und Unterhaltungen in dreifacher Millionenhöhe
Die im Jahr 2024 verausgabte Summe von insgesamt 55 Millionen für neue Investitionen und Unterhaltungen soll im Jahr 2025 auf ein Rekordhoch von 100 Millionen anwachsen. „Wir haben eine niedrige Finanzierungsquote“, stellte der Vorstand die gute finanzielle Lage dar. Dass die Summen notwendig sind, werde beim Blick auf die anstehenden Projekte und beim Ausblick auf die kommenden Jahre deutlich. Bis Dezember 2027 möchte der Konzern für den Standort Werdohl eine Grundstücksentwicklung auf den Weg gebracht wissen, in Herdecke soll ebenfalls eine „nachhaltige und klimafreundliche Nachnutzung“ erarbeitet werden.
„Wir fördern die Mobilitätswende“
Nicht nur zahlreiche PV-Anlagen konnten im vergangenen Jahr aufgrund einer groß angelegten Werbekampagne installiert werden, sondern auch neue Ladepunkte für e-Autos. Insgesamt konnten so 5.000 Neuanschlüsse von Einspeiseanlagen realisiert werden. Auch die Anzahl an nicht-öffentlichen Ladepunkten konnte nach eigenen Angaben um 36 Prozent und um 16 Prozent bei den öffentlichen verbessert werden. Ebenso die Unterstützung von Kommunen und Unternehmen bei der Umsetzung eines Energiemanagementtools und bei der Erstellung bei Konzepten für den Hochwasserschutz stellt die Gruppe als Erfolg dar.
Eins von zehn Unternehmen in Deutschland
Mit besonderem Stolz scheint den Versorger zu erfüllen, dass bereits die Realisierung eines Pilotprojektes zur Umsetzung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen erfolgreich verlief und der Konzern damit zu den deutschlandweit zehn Unternehmen gehört, die sich dem angenommen haben. Hierbei geht es um die Steuerung des Energieverbrauchs der Nutzer durch den Versorger. Je flexibler ein Kunde dem Versorger gestattet zum Beispiel sein e-Auto zu laden, desto mehr Rückvergütung erhält dieser am Ende eines Jahres. Die ENERVIE bietet hierfür den neuen Tarif „Flex Charge“ an und geht so bereits innovative Wege.
Starke Kundenbindung, Kundenwachstum und Zukunftsprojekte
Für Erik Höhne ist klar, dass der Fokus auf einer starken Kundenbindung sowie dem Kundenwachstum liegt. So solle beispielsweise das Kundenforum in Hagen neugestaltet werden. Auch das Gas-und-Dampf-Kraftwerk in Herdecke soll technisch modifiziert werden, um Anforderungsspitzen besser auffangen zu können. Ebenso soll die Klärschlammverbrennungsanlag in Werdohl-Everlingsen in Zusammenarbeit mit dem Ruhrverband langfristig weitergeführt werden. Auch bei den erneuerbaren Energien soll es vorangehen. So könnten zeitnah fünf Windkraftanlagen nach „schwierigen Genehmigungsverfahren“ gebaut werden und eine Prüfung von Beteiligungen an bereits bestehenden Windparks soll das Portfolio möglicherweise ergänzen.
Net-Zero-Niveau im Jahr 2040
Die ENERVIE verfolgt klar das Ziel des Net-Zero-Niveaus bis zum Jahr 2040 und erwartet auch weiterhin „gute Ergebnisse oberhalb von 60 Millionen Euro“, wie Höhne unterstrich. Die positive Entwicklung der Mark-E Effizienz GmbH, die beispielweise Projekte wie Photovoltaik realisiert, werde auch weiterhin für Stabilität sorgen, doch „die Finanzierung der Investitionen wird der zentrale Punkt werden“, schloss Vorstandssprecher Höhne mit dem Blick auf die kommenden Jahrzehnte.