Ein lautes Brummen am frühen Morgen über zu mähenden Wiesenflächen verrät sie. Die „Kitzretter“ aus Hagen sind unterwegs. Mit einer Drohne überfliegen sie im Auftrag der Landwirte die Flächen, die in den nächsten Stunden abgemäht werden sollen. Dabei finden sie per Wärmebildkamera im hohen Gras versteckte Jungtiere und können sie somit vor schweren Verletzungen oder gar dem Tod retten. „Wir fangen früh um fünf Uhr an. Dann ist es noch relativ kalt und die Wärmebildkamera zeigt uns deutlich, ob wir im Überflug ein Kitz auf der Wiese finden.“
Am Dienstagmorgen, 4. Juni, waren die ehrenamtlichen Helfer auf dem Feld um den Schwenker Fußballplatz auf der Suche nach zu rettendem Leben. Und sie sind fündig geworden. „Wir haben hier rund 12 Hektar Wiese abgesucht und tatsächlich zehn Kitze gefunden“, freuen sie sich. Sobald ein Jungtier von der Drohne geortet wird, pirscht sich ein Teammitglied auf die Stelle zu. Angeleitet wird es dabei per Funk von den Teammitgliedern, die auf dem Bildschirm der Drohne auf wenige Zentimeter genau sehen können, wo das Tier liegt.

„Dann fassen wir es mit Einweghandschuhen und viel, viel Gras an, damit es auf keinen Fall unseren Geruch annimmt“, erläutert Stefan Vogt die weitere Vorgehensweise. „Anschließend setzen wir das Kitz in eine Plastikbox und bringen es zum Wiesenrand oder in eine Fläche, die der Landwirt nicht abmäht. Dort setzen wir es wieder in ein gutes Versteck. Es ist kein Problem, wenn die Aussetzstelle 200 Meter von der Fundstelle entfernt ist“, erklärt der Kitzretter. „Die Mutter bellt nach ihrem Kind und das meldet sich mit einem hohen Fiepen. So finden die beiden auf jeden Fall wieder zusammen.“
Ihre instinktive Taktik, sich durch völlige Regungslosigkeit vor Füchsen und anderen Feinden zu schützen, hilft den Kitzen gegen einen Trecker mit Mähwerk nicht. Wenn die Maschine näher kommt, würde das Kitz einfach liegen bleiben und der Landwirt hat von seiner Sitzposition aus gar keine Chance, das Jungtier zu entdecken. Dabei bestellen die Landwirte die Kitzretter nicht in erster Linie um den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden, sondern weil ihnen das Wohl der Tiere am Herzen liegt.
Schon früher haben sie versucht, die Tiere zu retten, indem sie die Wiesen vor dem Mähen zu Fuß abgesucht haben oder am Tag vor der Mahd Säcke oder sogar Radios in die Wiesen gestellt haben, um die Tiere zu verscheuchen. Das bedeutet aber erheblich mehr Zeitaufwand und hat auch nicht so gut funktioniert, wie die Methode mit den Drohen.
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Dennoch haben auch die Landwirte selber noch Möglichkeiten, die Verletzungsgefahr der Tiere zu reduzieren. So piepen die Trecker während der Mahd unentwegt, um die älteren Kitze, die nicht mehr unbedingt am Ablageort verbleiben, über die Geräusche zu verjagen. „Das funktioniert aber nur, wenn man auch entsprechend langsam fährt“, sagen erfahrene Landwirte. Weglaufen können Kitze aber erst ab der dritten Lebenswoche. Dann hat auch kein Rettungsteam mehr eine Chance, sie in Sicherheit zu bringen.
Am Dienstag konnte das Rettungsteam so erfolgreich sein, weil schon viele andere Wiesen in der Umgebung gemäht waren. Die Ricken, die Versteckplätze für ihre Kitze suchten, hatten daher nicht mehr viel Auswahl für die Ablage ihres Nachwuchses. Noch bis Mitte Juli ist Saison für die Kitzretter, deren Arbeit und Ausrüstung über Spenden finanziert werden. Dann sind alle Jungtiere alt genug, sich selber in Sicherheit zu bringen.
Kitzretter e.V.
- Spendenkonto: IBAN DE30 4505 0001 1000 2733 23, Sparkasse an Volme und Ruhr
- Alle Infos unter der Website: kitzretter-ev.de
- Die Kitzretter aus Hagen suchen vor allem die Wiesen rund um Breckerfeld ab