Der Mittelstand in Deutschland stehe massiv unter Druck. „Die deutsche Wirtschaft findet derzeit nicht aus ihrem Tal heraus“, stellt Kai Hagen fest. Dieser Rückgang zeige sich auch in einer gesunkenen Kreditnachfrage der Unternehmen, die traditionell als verlässlicher Indikator für die konjunkturelle Dynamik gelte. Trotz einer robusten durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 37 Prozent fehle es den Unternehmen an Motivation und Impulsen für Investitionen. „Insbesondere im vierten Quartal, das aufgrund des davor liegenden Redaktionsschlusses dieser Veröffentlichung nicht mehr behandelt wird, ist es nach unseren Beobachtungen nochmals zu einem deutlichen Abrutschen gekommen. Dies wurde auch durch die politische Misere in unserem Land ausgelöst. Insbesondere die Zuversicht in eine künftige Erholung der Wirtschaft ist nicht in dem Maße gegeben wie in früheren Krisen.“
Enttäuschte Konjunkturhoffnungen
Die Unternehmen im Geschäftsgebiet der Vereinigten Sparkasse im Märkischen Kreis sind besonders vom „dogmatischen Verbot“ (Kai Hagen) des Verbrennermotors betroffen. „Wir finden regenerative Energie gut, aber wir finden auch den Mittelstand gut“, betont Mike Kernig. Hartmut Tetling ist nah dran an den Firmen und betont: „Wir haben gute Unternehmen mit guter Eigenkapitallage. Aber Ausweitungen werden hier zurzeit nicht durchgeführt.“ Er prophezeit: „2025 wird eine Hängepartie bleiben.“
Die Diagnose Mittelstand basiert auf einer von der Sparkassen-Finanzgruppe jährlich durchgeführten Experten-Umfrage. Ein zentraler Bestandteil der Ausarbeitung ist der Deka-S-Finanzklimaindex, der die Einschätzungen von Sparkassenvorständen zum wirtschaftlichen Umfeld und zu den monetären Bedingungen in Deutschland abbildet. Nach drei aufeinanderfolgenden Quartalen mit Anstiegen sank der Index im dritten Quartal 2024 von 105,7 auf 102,4 Punkte. Besonders betroffen waren die konjunkturellen Einschätzungen, die sowohl bei der aktuellen Lage (Rückgang von 100,5 auf 83,5 Punkte) als auch bei den Erwartungen für die kommenden sechs Monate (von 95,8 auf 84,6 Punkte) deutlich abrutschten.
Standortbedingungen in der Kritik
Die Ergebnisse der Umfragen deuten darauf hin, dass die bisherigen Ankündigungen der Wirtschaftspolitik zur Verbesserung der Standortbedingungen keinen positiven Effekt erzielt haben. Das Vertrauen in die Umsetzung und Wirksamkeit der Maßnahmen sei gering. Die Unsicherheit über wirtschaftliche Rahmenbedingungen sei in den vergangenen Jahren gewachsen, was die Investitionsbereitschaft weiter hemme.
Bereits im ersten Quartal 2024 hatten 62 Prozent der befragten Sparkassenvorstände eine fehlende oder nur geringe Investitionsneigung für das laufende Jahr prognostiziert. Eine deutliche Belebung erwartete damals niemand. Die Gründe hierfür sehen viele Sparkassenmanager in hausgemachten Problemen – ein Signal an die Politik, die Verlässlichkeit und Attraktivität des Wirtschaftsstandorts zu stärken. Hierzu gehörten auch stabile Rahmenbedingungen.
Die Diagnose Mittelstand 2024 zeige deutlich: Der deutsche Mittelstand steht zwar weiterhin auf einer stabilen finanziellen Basis, doch ohne entschlossene wirtschaftspolitische Reformen droht eine anhaltende Stagnation. Die Sparkassen fordern ein umfassendes und mutiges Reformprogramm, um verloren gegangenes Vertrauen bei Unternehmen und Konsumenten zurückzugewinnen. „Ein Aufstieg ist derzeit nicht in Sicht, doch ein beherztes Reformpaket könnte das Ruder herumreißen“, betont Kai Hagen. Einzelne, kleine Reformschritte reichten nicht aus, um den deutschen Mittelstand und die Gesamtwirtschaft nachhaltig zu stärken. „Die Politik ist gefragt und muss handeln. Dringend!“
Unternehmensnachfolge im Fokus
Etwa ein Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen plane innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre eine Unternehmensübergabe. Als Rückgrat der deutschen Industrie sei die Sicherung der Unternehmenszukunft essenziell, nicht nur für die Betriebe selbst, sondern auch für die Wirtschaft insgesamt.
Neben der aktuellen Konjunkturlage würden zudem Bürokratie und der Mangel an Fachkräften unternehmerisches Handeln nachhaltig erschweren. Diese Probleme würden durch hohe Rohstoff-, Energie- und Lebensmittelpreise sowie zusätzliche Risiken wie Cyberangriffe und die CO2-Steuer verstärkt. Besonders alarmierend sei der Rückgang des Interesses am Unternehmertum, wodurch sich die Nachfolgeregelung in vielen Betrieben als schwierig gestaltet. Obwohl 90 Prozent der deutschen Unternehmen Familienbetriebe sind, beabsichtigten nur 36 Prozent aller Inhaber eine Übergabe innerhalb der Familie. Häufiger sei der Plan, das Unternehmen an einen externen Käufer abzugeben.
„Wir bringen unsere Expertise und unser Netzwerk ein, um sowohl Käufer als auch Verkäufer in der komplexen Phase des Übergangs zu begleiten“, erklärt Kai Hagen. Es bestehe viel Beratungsbedarf rund um die passende Finanzierung, aber auch bei der strategischen Planung und bei rechtlichen Rahmenbedingungen.