Torben Hamme (CDU) sieht im Koalitionsvertrag „eine solide Vereinbarung“, um Deutschland voranzubringen. Gleichzeitig kritisiert er, dass die Koalitionspartnerin SPD in vielen Punkten bremse.
Stefan Langenbach (SPD) bewertet die Vereinbarung als „gemischten Verhandlungserfolg“. Als Erfolge aus Sicht der SPD wertet er u. a. die Beibehaltung des Rentenniveaus von 48 Prozent, die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen durch eine Reform der Einkommensteuer und die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro bis 2026.
Katharina Rittinghaus (Bündnis ’90/Die Grünen) sieht die Finanzierung der Versprechungen im Koalitionsvertrag als fraglich an. Überhaupt bleibe vieles unkonkret. Vor allem beim Klimaschutz fehle es dem Vertrag und damit der zukünftigen Regierung an Ambitionen.
Die Stellungnahmen im Wortlaut:
Torben Hamme (Vorsitzender CDU-Stadtverband Plettenberg)
„Der Koalitionsvertrag von Union und SPD ist das Ergebnis von vier Wochen intensiver und
sicherlich auch harter Verhandlungen. Grundsätzlich finde ich, bietet der Koalitionsvertrag eine
solide Vereinbarung, um Deutschland in diesen turbulenten und schwierigen Zeiten mit den
notwendigen Veränderungen voranzubringen. Natürlich finde ich es aber auch bedauernswert,
dass die SPD weiterhin in vielen Punkten den Ernst der aktuellen Lage offensichtlich nicht ganz
erkannt hat und nach wie vor unser Land in vielen Punkten bremst. Aber nichtsdestotrotz
bekommt Deutschland einen Politikwechsel, auch wenn dieser nicht so deutlich ausfällt wie
erhofft.

Insgesamt betrachtet konzentriert sich die Koalition auf Dinge, die vernünftig sind, und nimmt
wesentliche Weichenstellungen vor, um unser Land aus der Krise zu führen. Gerade im Hinblick
auf die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft sowie den Bürokratieabbau sind viele gute Ergebnisse erzielt worden. Wichtig ist, dass diese schnell und konsequent in die
Umsetzung kommen. Ein wichtiges Anliegen der CDU war und ist auch die (Innere) Sicherheit
und dafür zu sorgen, dass sich jeder im Alltag ohne Angst frei bewegen kann. Und dafür wurden
wichtige Grundlagen geschaffen, sei es im Kampf gegen organisierte Kriminalität oder in dem
Ausbau unserer Verteidigungsfähigkeit. Bei der Migration sind viele wichtige Schritte
vorgesehen, die uns einer Begrenzung und Steuerung der Flüchtlingszahlen deutlich
näherbringen werden.
Es gibt in der Bevölkerung und bei unseren Unternehmen eine hohe Erwartungshaltung, dass
zeitnahe Entlastungen kommen und der Koalitionsvertrag ist eine gute Arbeitsgrundlage für eine
geerdete, seriös und pragmatisch handelnde Regierungskoalition in Zeiten globaler
Verwerfungen. Darauf kommt es am Ende an – und daran wird die Koalition auch gemessen
werden.“
Stefan Langenbach (Vorsitzender SPD-Fraktion im Rat der Stadt Plettenberg)
„Der Koalitionsvertrag 2025 zwischen CDU/CSU und SPD mit dem Titel ‚Verantwortung für Deutschland‘ stellt aus Sicht der SPD einen gemischten Verhandlungserfolg dar. Zwar konnten zentrale sozialdemokratische Anliegen eingebracht werden, jedoch mussten auch erhebliche Kompromisse eingegangen werden – insbesondere in Bereichen wie Migration und Steuerpolitik.
Die SPD konnte eine langfristige Investitionsstrategie durchsetzen: 500 Milliarden Euro sollen über zwölf Jahre in Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und Städtebau fließen. Dies entsprecht dem sozialdemokratischen Ziel, den Staat als aktiven Gestalter zu positionieren.

Die SPD konnte die Beibehaltung des Rentenniveaus von 48 Prozent sichern und eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen durch eine Reform der Einkommensteuer vereinbaren. Sie konnte durchsetzen, dass der Mindestlohn bis 2026 auf 15 Euro steigen soll. Trotz konservativer Vertragspartner konnte die SPD das Bürgergeld als zentrales Element der sozialen Absicherung erhalten. Moderate Verbesserungen bei der Grundsicherung, Wohnungsbau-Turbo, Verlängerung der Mietpreisbremse, mehr Geld für sozialen Wohnungsbau, höheres Elterngeld, höhere Mütterrente, Fortführung des Deutschlandtickets – alles Verhandlungserfolge der SPD.
Die Übernahme der Schlüsselressorts Arbeit und Soziales, Umwelt und Klimaschutz, Justiz, Verteidigung, Entwicklungshilfe und Bauen wird uns die Möglichkeit bieten, unsere sozialpolitischen und ökologischen Ziele umzusetzen. Die Übernahme des Finanzministeriums ist gerade in diesen Zeiten besonders verantwortungsvoll und bietet obendrein ein übergeordnetes Vetorecht gegenüber allen anderen Ministerien. Dass dieser Ressortzuschnitt ein eindeutiger Verhandlungserfolg für die SPD ist, lässt sich nicht von der Hand weisen.
Entscheidend ist aber auf dem Platz. Die neue Regierung, sofern die SPD-Mitglieder dem Vertrag zustimmen, wird schnellstmöglich mit der Umsetzung der beschlossenen Projekte starten – Deutschland hat nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Wir müssen die Reformen zügig angehen und dann auch europäisch wieder an Bedeutung und Entscheidungsgewalt gewinnen! Wir sind uns der Verantwortung bewusst und bereit anzupacken.“
Katharina Rittinghaus (Sprecherin Bündnis ’90/Die Grünen im Rat der Stadt Plettenberg)
„Insgesamt stecken viele Versprechungen im Koalitionsvertrag, aber wie sie finanziert werden und ob sie tatsächlich umgesetzt werden können, ist fraglich. Teuer und wenig fortschrittlich erscheinen vor allem die Wahlgeschenke an die jeweilige Wählerschaft.

Die angekündigte Strompreisreduzierung ist auf den ersten Blick positiv für Bürger*innen und Industriekunden. Doch wie diese finanziert werden soll, bleibt offen. Gleichzeitig ist der notwendige Netzausbau noch lange nicht abgeschlossen – und dieser wird über den Strompreis finanziert.
Die versprochene Entbürokratisierung und Planungsbeschleunigung für die Wirtschaft klingen gut, es bleibt jedoch vieles unkonkret. Die Unternehmen brauchen aber klare und verlässliche Rahmenbedingungen.
Beim Klimaschutz fehlt es dem Koalitionsvertrag an Ambitionen. Das Gebäudeenergiegesetz soll ‚technologieoffen‘ überarbeitet werden, dabei ist es das längst. Die Ankündigung wirkt wie eine Verschleierung realer Rückschritte. Positiv hervorzuheben ist allerdings die Förderung von E-Autos und der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Doch gleichzeitig sollen neue Gaskraftwerke gebaut werden, dies ist energiepolitisch rückwärtsgewandt. Gas ist teuer, klimaschädlich und macht uns erneut abhängig von Drittstaaten. Immerhin: Die Abkehr von der Atomkraft wird nicht infrage gestellt.
Sozialpolitisch fällt auf, dass sich die Union mit ihrer Ablehnung einer stärkeren Besteuerung von Vermögenden durchgesetzt hat – trotz der wachsenden Ungleichheit im Land. Diese Schieflage birgt gesellschaftlichen Sprengstoff und ist ungerecht.
Das Bürgergeld soll bei ‚Arbeitsverweigerung‘ vollständig gestrichen werden – ein Vorschlag, der bereits durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde.
Ebenfalls problematisch ist das Vorhaben, dauerhaft Grenzkontrollen durchzuführen. Das widerspricht nicht nur dem Schengen-Abkommen, sondern sendet auch ein bedenkliches Signal an Europa. Die geplante Abweisung von Asylsuchenden an den Grenzen wirft zudem die Frage auf, wer konkret für deren Aufnahme zuständig sein soll, dies haben Nachbarstaaten schon abgelehnt.“