Viele Unternehmen in Südwestfalen leiden unter der Konjunkturflaute und dem Fachkräftemangel. Dazu kommt die in Folge der A45-Sperrung bröckelnde Verkehrsinfrastruktur. „Das Problem lässt sich an keinem anderen Ort in Deutschland so intensiv darstellen wie in unserer Region“, sagt Christian Lepping, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Lüdenscheid.
Vor diesem Hintergrund richten der Arbeitgeberverband Lüdenscheid e.V., die Eisendraht- und Stahldraht Vereinigung e.V., die Handwerkskammer Südwestfalen, die Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis, der Märkische Kreis, der Märkische Arbeitgeberverband e.V. und die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen kurz vor dem dritten Jahrestag der A45-Sperrung am 2. Dezember einen dringenden Appell an die Politik in Berlin.
Das Ziel: Der Bund muss sich an der Sanierung der Straßen Südwestfalens beteiligen. Aber: „Der Bund kommt seiner Verantwortung nicht nach“, stellten Vertreter der regionalen Wirtschaft bei einem Pressegespräch am Freitag, 29. November, im Lüdenscheider Haus der Wirtschaft fest.
Bislang zögen sich die Vertreter des Bundesverkehrsministeriums auf die Rechtslage zurück: Danach ist der Bund im Prinzip nur für die Schäden verantwortlich, die auf den offiziellen Umleitungsstrecken entstehen. „Doch so einfach darf sich der Bund nicht aus der Verantwortung ziehen“, sagt die Gemeinschaft der Vertreterinnen und Vertreter der regionalen Wirtschaft und benennt dazu zehn Gründe, warum sich der Bund an der Sanierung der Straßen Südwestfalens beteiligen muss, die aufgrund des Ausweichverkehrs der Sperrung seit drei Jahren zunehmend kaputtgefahren werden.
Dr. Ralf Geruschkat, Geschäftsführer der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) verdeutlichte bei dem Treffen, worum es geht. „Von der Sperrung ist ja nicht nur die offizielle Umleitungsstrecke mit einer Länge von sechs Kilometern betroffen. Insgesamt wird ein Straßennetz von 245 Kilometern Länge in Schutt und Asche gefahren.“
Die regionale Wirtschaft, so die Wirtschaftsvertreter, brauche dringend eine intakte Verkehrsinfrastruktur. Bei der Finanzierung der anfallenden Sanierungsmaßnahmen müsse das Verursacherprinzip gelten, da die Autobahn in der Zuständigkeit des Bundes liege. Denn die gegenwärtige marode Lage der Straßen und Brücken lege die Wirtschaft und die Region lahm. Auch die Versorgung der Bevölkerung in Südwestfalen mit handwerklichen Produkten und Dienstleistungen sei seit der Sperrung der A45 erheblich beeinträchtigt.
Für die Industrie und das Handwerk sei es bereits vor der Sperrung der alten Rahmedetalbrücke ein zentrales Thema gewesen, Fachkräfte langfristig zu sichern. Eine verlässliche Verkehrsinfrastruktur seit entscheidend, damit die Region für Fachkräfte wieder attraktiv und erreichbar werde. Mit Blick auf die benötigten Sanierungsarbeiten gehe es nicht nur um die reine Schadensbehebung, sondern um zeitgemäße Rahmenbedingungen für die Industrie und das Handwerk. „Damit Südwestfalen auch zukünftig Wirtschaftsmotor bleibt und die hohe Lebensqualität der Region gesichert wird, muss auch der Bund seinen Teil dazu beitragen, dass die Brücken und Straßen in der Region schnellstmöglich saniert werden“, heißt es in der Stellungnahme der Wirtschaftsvertreter.
„Um den Standortnachteil durch die A45-Sperrung auszugleichen, brauchen wir Unterstützung“, betonte Landrat Marco Voge. „Allein kommen wir aus dieser Situation nicht heraus.“ Inzwischen seien zahllose Briefe nach Berlin geschickt worden. Die meisten blieben ohne Antwort. „Das macht mich sprachlos“, sagte der Landrat. Die Sperrung der A45 habe den Wirtschaftsstandort Südwestfalen unverschuldet in eine infrastrukturelle Krise versetzt, die bis heute andauere. Marco Voge fordert: „Der Bund muss sich über die Umleitungsstrecke hinaus an der Sanierung der Region beteiligen.“
Christian von der Crone, Vorstandsvorsitzender der Eisendraht- und Stahldraht Vereinigung e. V. sowie Vizepräsident des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung e. V., sagte am Freitag: „Sollte sich die Bundesregierung weiter vor der Verantwortung drücken, die durch die Sperrung der A45 stark in Mitleidenschaft gezogene Infrastruktur wieder in einen erträglichen Zustand zu versetzen, hätte das nicht nur fatale Auswirkungen für die Region, sondern darüber hinaus deutschlandweit für bedeutsame Wirtschaftszweige und Lieferketten.“
Die Sperrung habe einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden in der Region verursacht. Dr. Ralf Geruschkat bezifferte ihn nach rund 1000 Tagen Sperrung auf rund eine Milliarde Euro.
Hendrik Schmitt berichtet von einer Umfrage unter Handwerkern in der Region, wonach sich die zusätzlichen Warte- und Standzeiten im Stau rund um Lüdenscheid pro Woche auf einen ganzen Arbeitstag summiere. Dazu kommt: Es gebe kaum noch Nachwuchs, sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Die Berufsschulen befinden sich in Dortmund, nicht in der Region. Der Vorschlag, Fachklassen vor Ort zu bilden, um den Azubis die langen Fahrten zu ersparen, sei abgelehnt worden. Es habe „kein Stück Entgegenkommen“ gegeben. Er erneuerte die Forderung nach einer „Sonderwirtschaftszone Südwestfalen“ nach dem Vorbild des Rheinisch-Westfälischen Braunkohlereviers.
Die Wirtschaftsvertreter hoffen, dass die zehn guten Gründe, die dafür sprechen, die Wirtschaft in der Region zu stärken, dieses Mal in Berlin gehört werden. Am 2. Dezember, dem dritten Jahrestag der Brückensperrung, sollen die heimischen Bundestagsageordneten und diverse Ministerien ihren Hilferuf erhalten.
Mehr Informationen unter aktionsbuendnis-a45.de